Süßer Tod
FBI-Agenten an, die sie mit dem
Gesicht an die Wand gestellt hatten und sie jetzt abklopften. »Sind Sie wahnsinnig? Der Präsident will gleich anrufen. Der Senat …«
Der Mann, dem Raley den Spitznamen Butch verpasst hatte, drehte sie wieder von der Wand weg. »Der Präsident wird bestimmt nicht anrufen, um Ihnen zu gratulieren, Richterin. Mein Boss hat ihn vor ein paar Stunden angerufen. Der Direktor riet ihm, Ihre Nominierung zurückzuziehen, und erklärte ihm, er würde eine ausführliche Erklärung der kriminellen Aktivitäten, die wir bei Ihnen vermuten, nachliefern. Der Präsident hat seinen Rat befolgt.«
Mit weit aufgerissenen, wilden Augen sah sie erst ihn, dann Raley und Britt und schließlich wieder den Agenten an. »Aber meine Ernennung wurde schon bestätigt. Meine Assistentin hat eben angerufen und gesagt …«
»Der Anruf war fingiert, damit Sie uns nicht kommen hören«, erklärte ihr der FBI-Agent. »Es gab heute keine Abstimmung über Sie. Die wird es auch nicht mehr geben. Nie mehr.« Er begann, ihr ihre Rechte zu verlesen.
Raley hielt immer noch Britt fest und strich ihr dabei zärtlich über die Oberarme. »Hat dich dieser Typ damals so begrapscht?« , fragte er leise. Sie folgte seinem stahlharten Blick auf den Mann, der ihr als Mr Smith vorgestellt worden war.
»Ja.«
Behutsam schob Raley sie beiseite und ging auf den Mann zu. »Raley?«, fragte sie unsicher.
Zwischen den beiden Einsatzbeamten fühlte sich Smith offenbar vor jedem Racheakt gefeit. Er sah Raley näher kommen, reagierte aber nur mit einem beleidigenden Grinsen.
Nicht im Traum rechnete er damit, dass Raley seinen Fuß hochreißen und ihm zwischen die Beine treten könnte, und das so fest, dass er ein paar Zentimeter vom Boden abhob. Erst mit ein, zwei Sekunden Verzögerung meldete sich der Schmerz in seinem Hirn. Dann sackte sein Körper zusammen, er sank jämmerlich
kreischend in die Knie und kippte mit dem Gesicht voran auf den Boden.
»Das reicht, Gannon!«, bellte Sundance. »Zurück!«
Aber Britt glaubte nicht, dass Raley ihn hörte oder hören wollte, denn statt zurückzuweichen, stürzte er sich auf Candy, die sich in dem Durcheinander aus dem Griff des FBI-Agenten befreit hatte. Sie warf sich gegen das Fenster, das Britt gerade noch als einzigen Fluchtweg erkannt hatte, und krachte durch das zerberstende Glas.
Raley flog einen Sekundenbruchteil später hinterher.
Britt starrte entsetzt auf den leeren Rahmen.
R aley sprang durch das Fenster und landete auf dem Vorsprung drei Meter darunter.
Er kannte das alte Gebäude, weil er mit seinen Feuerwehrkollegen darin geübt hatte. In diesem Block der Broad Street, einem der ältesten in der Stadt, standen die Häuser so eng zusammen, dass sich dazwischen ein Labyrinth von Ziegelmauern und Flickwerk aus Dachflächen gebildet hatte. Er wusste, dass nur ein zehn Zentimeter breiter Spalt dieses Haus vom nächsten trennte und dass er durch einen Sprung aus dem Fenster im sechsten Stock auf dem Dach des Nachbargebäudes landen würde.
Die Dachpappe war alt und schwammig und federte seinen Aufprall ab, aber sie bot auch wenig Halt, sodass er nur mühsam wieder auf die Füße kam. Candy stand schon am Dachrand, als er ihren Namen rief.
»Tu’s nicht. Lass uns darüber reden.«
Sie drehte sich zu ihm um und blieb mit dem Rücken zur Dachkante stehen, hinter der es knapp zwanzig Meter abwärts ging. »Da gibt es nichts zu bereden.«
»Doch, alles.«
Der FBI-Beamte war so höflich gewesen, ihr die Hände vor dem Körper und nicht auf dem Rücken zu fesseln. Raley sah, dass die spitzen Glaskanten ihre Handrücken blutig gerissen hatten. In Candys Haaren steckten Scherben. Bei der Landung auf dem Dach hatte sie sich die Strümpfe zerrissen und die Knie aufgeschrammt. Doch falls sie sich dieser Verletzungen überhaupt bewusst war, ließ sie sich das nicht anmerken.
»Es gibt nichts mehr zu bereden, Raley. Du weißt schon alles.
Und was du nicht weißt, weiß deine Freundin.« Sie zögerte und sagte dann: »Irgendwie freut mich das, weißt du? Für dich. Für sie. Nach allem, was wir dir angetan haben, hast du sie verdient.«
»Warum hast du mir das angetan, Candy? Wie konntest du mir das antun?«
»Weil du, Raley, mit deinen Fragen nach diesem verfluchten Feuer einfach keine Ruhe geben konntest. Und diesem Skinhead. Wir wollten dich nicht umbringen, aber wir mussten irgendetwas unternehmen. Du wolltest einfach nicht aufgeben.«
»Du hast aber auch nicht
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