Süßer Tod
empfunden hatte, als sie sein Leben zertrümmert hatte. Von blindem Ehrgeiz getrieben hatte sie ihm seine Zukunft gestohlen und ihn jeder Hoffnung beraubt.
Er hielt ihren Blick und sah ihr tief in die Augen, während er spürte, wie ihre Hand aus seinem Griff rutschte und rutschte und rutschte.
Special Agent Miller vom FBI sagte: »Ich glaube, das wäre alles.« Schweigend sah er auf seinen Partner, Special Agent Steiner, der knapp nickte.
Miller, auch bekannt als »Butch«, schaltete den Camcorder aus. »Danke, Mr Gannon. Und danke, dass Sie bereit waren, das noch heute Abend zu erledigen. Es hätte auch bis morgen warten können.«
»Ich wollte es hinter mich bringen«, sagte Raley.
»Gentlemen?« Miller wandte sich an die Detectives Clark und Javier, die eingeladen worden waren, Raleys Befragung beizuwohnen. Die beiden hatten während des gesamten Gesprächs keine zehn Worte gesagt.
Clark fragte: »Wann bekommen wir eine Kopie des Videos?«
»Gleich morgen früh«, antwortete Miller.
Javier stand auf und ging wortlos zur Tür. Clark nickte ihnen der Reihe nach zu und folgte seinem Partner nach draußen.
»Arschlöcher«, brummte Raley.
»Sie können es nicht leiden, wenn wir uns in ihre Arbeit einmischen.« Miller schien den barschen Abschied der Detectives gar nicht registriert zu haben.
Raley fragte sich, was die beiden FBI-Agenten wohl von den Spitznamen halten würden, die er ihnen verpasst hatte. Eigentümlicherweise passten sie – wenigstens zu dem Bild, das von dem Gangsterpaar im Kinofilm gemalt wurde. Miller war der Lockere. Steiner ernster. Seinen scharfen Augen schien nichts zu entgehen. Dem Äußeren nach hätte man ihn leicht für einen Profikiller halten können.
Steiner hatte Raley während der letzten Minuten nicht aus den Augen gelassen. Jetzt sagte er: »Sie sehen hundeelend aus.«
Raley wusste, dass das stimmte. Sie saßen eingepfercht in einem winzigen Raum in der FBI-Niederlassung in der Meeting Street, nur wenige Blocks von dem Haus entfernt, in dem sich am Nachmittag die dramatischen Ereignisse abgespielt hatten.
Vor Beginn der ausführlichen Befragung hatte Raley im Fenster einen kurzen Blick auf sein Spiegelbild werfen können. Seine Haut sah wächsern aus. Der linke Arm lag eingegipst in einer Schlinge, die Handflächen hatte er sich bei der Landung auf dem
Dach aufgeschürft, und an den Armen sowie im Gesicht hatte er sich bei seinem Sprung durchs Fenster mehrere Schnittwunden eingehandelt. George McGowan hatte ihm ein blaues Auge gehauen, das inzwischen schmerzhaft angeschwollen war.
Er ähnelte kaum noch dem Mann, der er vor einer Woche gewesen war, aber nicht alle Veränderungen waren auf die Torturen des heutigen Tages zurückzuführen. Sie gingen auch weit über den gestutzten Bart und den Haarschnitt hinaus. Die wahren Veränderungen hatten sich in seinem Inneren vollzogen. Sie hatten etwas damit zu tun, dass er endgültig über das hinweggekommen war, was vor fünf Jahren passiert war. Sie hatten eine Menge mit Britt zu tun, die dicht neben ihm saß und seine zunehmende Schwäche registrierte, so wie sie einfach alles registrierte.
»Hältst du noch durch?«, fragte sie jetzt unübersehbar besorgt.
»Bestimmt.« Er drückte ihre Hand, die er die ganze Befragung hindurch gehalten hatte. Fast drei Stunden hatte er in den Camcorder gesprochen und dabei den FBI-Agenten sowie den beiden Detectives aus dem Charleston Police Department die ganze Geschichte geschildert.
In Georges Arbeitszimmer hatte er ein paar Sekunden gebraucht, um zu begreifen, dass die beiden Männer, die er irrtümlich für Killer gehalten hatte, in Wahrheit FBI-Agenten waren. Er hatte wie befohlen Georges Pistole fallen lassen, aber ihnen dann so eindringlich wie möglich klargemacht, dass Candy Mellors mehrere Morde in Auftrag gegeben hatte – was sie sich zu seiner Überraschung bereits selbst erschlossen hatten – und dass Britt in Lebensgefahr schwebte.
Steiner hatte sofort reagiert und angeboten, auf andere Agenten zu warten, die George verhaften würden. Währenddessen war Miller in Richtung Innenstadt gerast, hatte unterwegs die Polizei von der Krisensituation unterrichtet und gleichzeitig den Einsatz koordiniert, mit dem sie gelöst werden sollte, ohne dass jemand dabei starb.
Raley hatte darauf bestanden, Miller zu begleiten, und ihm erklärt, er würde in seinem eigenen Auto hinterherfahren, falls ihn der Agent nicht mitnehmen wollte. Miller hatte eingewilligt. Während
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