Süßer Tod
persönliche Marktschreierin, die schon einmal gute Arbeit für ihn geleistet hatte. Obwohl er Ihnen diesmal wahrscheinlich das Versprechen abgenommen hätte, die Story erst nach seinem Tod zu veröffentlichen.«
»Was war es?«
»Was?«
»Das Geheimnis? Was hatten diese vier getan oder nicht getan, das keinesfalls ans Licht kommen durfte? Sie standen doch kurz davor, es herauszufinden, oder nicht? Was war es? Wissen Sie es? Was glauben Sie?«
Er sah sie nur an und sagte kein Wort.
»Ra-ley ?«, rief sie verärgert aus. »Welche Fragen haben Sie
gestellt, die nie beantwortet werden durften? Was hat Ihnen so zu schaffen gemacht? Es ging um eine Verhaftung, nicht wahr? Als Jay Sie zu seiner Party einladen wollte, erklärten Sie ihm doch, Sie bräuchten noch ein paar Unterlagen über eines der Opfer, richtig? Ihnen fehlte etwas. Was denn? In welche Richtung haben Sie damals ermittelt?«
Er schüttelte den Kopf. »O nein.«
»O nein?«
»O nein. Ich habe Ihnen alles erzählt, was Sie wissen müssen, mehr werde ich nicht dazu sagen.«
»Was? Wieso denn?«
»Weil mir die Antworten selbst noch fehlen und weil ich mich nicht morgen in den Nachrichten zitiert hören will.«
»Ich werde morgen bestimmt nicht in den Nachrichten sein. Sondern im Gefängnis, wo ich mich gegen eine Mordanklage verteidigen muss.«
»Ach, ich vertraue Ihnen da voll und ganz, Miss Superjournalistin. Sie werden schon eine Möglichkeit finden, in eine Kamera zu sprechen. Notfalls von der Zelle aus.«
»Sparen Sie sich die Beleidigungen, ich werde Sie nicht zitieren. Falls ich es tatsächlich ins Fernsehen schaffen sollte, würde ich erklären, dass meine Informationen aus einer ungenannten Quelle stammen.«
»Sie werden gar nichts sagen, weil ich Ihnen nicht mehr verraten werde, als ich schon verraten habe. Außerdem sind das nur Spekulationen, die Sie irgendwie untermauern müssten. Ist das nicht die goldene Regel für jeden seriösen, verantwortungsbewussten Journalisten? Dass man alles durch mindestens zwei Quellen bestätigen lassen sollte?«
Sie hörte das Gift in seinen Worten. »Sie sind immer noch sauer auf mich«, warf sie ihm vor. »Darum enthalten Sie mir Ihre Informationen vor, nicht wahr?«
»Es ist ein so guter Grund wie jeder andere. Vergessen Sie Ihre Handtasche nicht.« Er öffnete die Fahrertür und stieg aus.
Sekundenlang starrte sie auf den leeren Sitz hinter dem Lenkrad, dann griff sie nach ihrer Tasche und kletterte aus dem Wagen. Als sie sich auf den Boden herabließ, kitzelten trockene Grashalme an ihren Fußsohlen.
Erst als sie sich um die Motorhaube des Pick-ups herumtastete, ängstlich darauf bedacht, auf nichts allzu Spitzes zu treten, wurde ihr bewusst, wie dunkel es geworden war. Raley hatte den Strahl einer starken Taschenlampe auf die Werkzeugkiste gerichtet, die hinten am Fahrerhaus befestigt war, und wühlte in Schraubenschlüsseln, Zangen und anderem Werkzeug.
»Was tun Sie da?«
»Ihren Autoschlüssel suchen. Ich habe ihn gestern Abend hier hereingelegt.«
»Sie verhalten sich kindisch. Und kriminell.«
»Kriminell? Inwiefern?« Metall klapperte an Metall, während er immer tiefer zwischen den Werkzeugen grub.
»Jay wurde zum Schweigen gebracht, habe ich recht? So wie Sie vor Jahren zum Schweigen gebracht wurden. Jemand hat mir eine Vergewaltigungsdroge eingeflößt, genau wie damals Ihnen, und danach Jay getötet, so wie damals Suzi, um sich einen Sündenbock zu schaffen, der sich an nichts erinnern kann. So lautet doch Ihre Theorie.«
»Ganz recht.«
»Dann behindern Sie die Aufklärung des Mordes an Jay, indem Sie Ihre Vermutungen zurückhalten. Das ist Behinderung der Justiz.«
»Falsch. Ich habe die Ermittlungen unterstützt. Was glauben Sie, wieso ich Sie entführt habe? Das habe ich nur getan, damit Sie die Detectives Clark und Javier auf die überlebenden Helden aufmerksam machen, nämlich George McGowan und Cobb Fordyce. Einer von beiden hat Jay beseitigt.«
»George McGowan ist ehemaliger Polizist, und Fordyce ist Attorney General unseres Bundesstaates.«
»Ich habe nicht gesagt, dass es leicht würde.«
»Diese Detectives werden nichts Schlechtes über Jay hören wollen. Er war ihr Idol. Ohne Beweise würden sie mir nie glauben, dass Jay in eine Verschwörung verwickelt war und ein Verbrechen verschleiert hat, schon gar nicht gemeinsam mit den beiden anderen Männern.«
»Zugegeben, das wird schwer zu verkaufen sein, aber ich wette, Sie können die beiden
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