Süßer Zauber der Sinnlichkeit
wir hätten uns darauf geeinigt, dass eine Vermählung für uns nicht infrage kommt! Lieber würde ich einen Pakt mit jenem Teufel dort schließen …", sie ruckte den Kopf in Richtung auf Roger of Fordham, "… als tatenlos zuzusehen, wie Harwood mir weggenommen und anschließend jemandem übereignet wird, der nicht einmal den Versuch unternimmt, das Lehen zu schützen!"
"Das könnte ich dir nicht verdenken." Armand wirkte zwar wehmütig, doch gefasst. Aber weswegen gefasst? "Fürchte dich nicht. Ich habe schließlich meine alte Kleidung nicht geplättet, nur um dir eine schlechtere Verbindung anzubieten, als du sie mit unserem Feinde erwerben würdest. Ich werde alles Erforderliche unternehmen, damit du beim König nicht in Ungnade fällst, indem du meine Gemahlin wirst."
Dominie traute ihren Ohren nicht. "Du meinst, du willst den Treueschwur gegenüber der Kaiserin rückgängig machen?" Plötzlich begriff sie, was ihn das kosten würde.
Armand nickte. "Falls es so kommt. Ich hoffe zwar, es lässt sich vermeiden, doch wenn es nicht anders geht, hast du mein Wort, dass ich tue, was getan werden muss, um dich und Harwood zu schützen."
"Und dir danach dein ganzes Leben lang darüber den Kopf zu zerbrechen, wie du vor dir selber dastehst?"
Ihre Frage löste ein leises, melancholisches Lachen aus, welches in einem Seufzer verhallte. "Genau so ist es."
Umgehend wurde Armand wieder ernst. "Mit Eidbrüchigkeit kann ich leichter leben als mit der Vorstellung, ich hätte dich und Harwood den Klauen dieses Widerlings überantwortet."
Zu wissen, dass Armand, kam es einmal hart auf hart, Loyalität doch höher bewerten würde als die so sehr von ihm idealisierte Ehre, das verlieh Dominie neuen Mut. Allein, eine Kleinigkeit würde es für ihn nicht sein, und die Entscheidung hatte er sich gewiss nicht leicht gemacht.
Mit bittersüßer Inständigkeit hielt Armand ihren Blick gefangen. "Indes, wenn ich dir verspräche, ich könne die Sicherheit Harwoods gewährleisten, wäre das unaufrichtig. Ich werde jedoch alles in meiner Macht Stehende tun, um dieses Lehen vor dem Zugriff von St. Maur zu bewahren. Ich hoffe, ich kann die Leute von Harwood dazu anregen, ihren Beitrag zu leisten. Es mag jedoch sein, dass das nicht ausreicht."
"Ich weiß", flüsterte Dominie.
Dass sie Armand gestehen musste, nicht vollstes Vertrauen in seine Fähigkeiten zu haben, bereitete ihr Kummer. Denn solange sie sich entsinnen konnte, war sie davon ausgegangen, dass er buchstäblich alles vermochte. Selbst nach seinem Fortgehen, für welches sie ihn sogar gehasst hatte, war doch noch einiges von ihrer ursprünglichen Heldenbewunderung geblieben.
Ihre Achtung vor diesem Mann entstammte nicht irgendwelchen diffusen Gefühlen, welche sie sonst noch für ihn hegen mochte, und sie war sich auch gar nicht mehr so sicher, um was für Empfindungen es sich dabei handelte. Teils misstraute sie ihnen, denn sie drängten sie dazu, Armands Werben stattzugeben, während der Verstand ihr mahnend sagte, dass dieser Kurs weder der vernünftigste war noch Dominies Schutzbefohlenen die größtmögliche Sicherheit bot.
"Du erwähntest einst", fuhr Armand fort, "dass du alles Menschenmögliche tun würdest, um dir selbst und deinen Leuten das Überleben zu sichern, und dass du dabei jegliche Bedenken in den Wind schlagen würdest."
Dominie nickte. Ihre eigenen Worte, die er jetzt zitierte, versetzten sie zurück zu jenem Frühlingstag, an dem sie diese erstmals geäußert hatte. Damals hatte sie fraglos jede Silbe ernst gemeint. Nunmehr indes stieß ihr einiges an dieser trotzigen Erklärung sauer auf.
Vielleicht, so ihre Überlegung, konnte man Skrupel, Ideale oder wie man das sonst noch nennen mochte doch nicht so einfach beiseite wischen, wie sie es sich selber hatte glauben machen wollen. Nicht einmal dann, wenn dadurch das Wohlergehen jener, zu deren Schutz sie als Lehnsherrin verpflichtet war, in Gefahr geriet.
"Nunmehr begreife ich, was du damit meintest", hielt Armand fest. "Um das Wohlbefinden all jener sicherzustellen, die sich auf dich verlassen, würdest du vieles opfern. Das ist aller Ehren wert. In meinem Beharren auf hehren Idealen war ich wohl leider häufig zu stolz und eigensüchtig und beachtete nicht, welchen Preis andere dafür bezahlen mussten, dass meine Würde unbefleckt und mein Gewissen rein blieb."
Die Bürde dieser reuevollen Einsicht lastete schwer auf seinen ebenmäßigen Zügen und ließ die kantigen Linien seines Antlitzes
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