Süßer Zauber der Sinnlichkeit
weicher erscheinen. "Hier steht mehr auf dem Spiel als nur weltlicher Wohlstand und Überleben. Schließt du diesen finsteren Pakt, und sei es auch aus den edelsten Beweggründen, dann, so fürchte ich, fällt deine Seele und die deiner Schutzbefohlenen dem Verderben anheim."
Die Hände mit den ihren verflochten, sank Armand vor ihr auf die Knie. "Ich flehe dich an: Nutze diese Gelegenheit, und ich werde Himmel und Erde in Bewegung setzen und dafür sorgen, dass du deine Entscheidung niemals bereuen musst."
"Genug!" schrie Roger of Fordham. "Die Zeit, die ich Euch gewährte, Flambard, hätte ausgereicht für Vermählung und Beischlaf dazu, wärt Ihr nur Manns genug! Nun aber verlange ich meine Antwort!"
"Die sollt Ihr bekommen, Sir!" Mit einer unmerklichen Kopfbewegung gab sie Armand ein Zeichen, sich zu erheben. "Ihr alle beide!"
Wohl oder wehe, sie hatte ihre Entscheidung getroffen. Nun musste sie sich auf die Folgen gefasst machen.
Als Dominie mit energischen Schritten und mit entschlossener Haltung zur hohen Tafel zurückschritt, da folgte Armand ihr auf dem Fuße und wappnete sich für die Verkündung ihrer Entscheidung. Endlich begriff er die Bitterkeit, die sie so lange gegen ihn gehegt hatte. Damals hatte er vermessen gehandelt, als er, ohne sie auch nur ein Mal um Rat zu fragen oder ihr auch nur ansatzweise eine Erklärung zu liefern, einen Schritt tat, welcher solch große Auswirkungen für sie nach sich zog.
Nun, da sich ihre Positionen ins Gegenteil verkehrt hatten, hatte sie ihm mehr Verständnis entgegengebracht, als er es ihr damals vor fünf Jahren bewiesen hatte. Das allerdings würde ihm eine etwaige Zurückweisung seines Antrages nicht leichter machen.
Dominie verneigte sich leicht vor Roger of Fordham. "Habt Dank für Eure Geduld, Lord Fordham."
Armand ließ allen Mut fahren. Niemals würde eine Frau mit solch ausgesuchter Höflichkeit einem Bewerber gegenübertreten, um ihn anschließend abblitzen zu lassen.
Offensichtlich glaubte Roger dies nun ebenfalls, denn seine schmalen, anmaßenden Züge überzog ein Anflug von Liebenswürdigkeit. "Ich bin mir gewiss, Ihr habt eine weise Entscheidung getroffen, welche uns allen nur von Nutzen sein kann."
"Die einzige, mit der ich zu leben vermag." Dominies Stimme klang matt, aber entschlossen.
Ungeachtet der Tatsache, dass ihm das, wozu sie sich nun anschickte, zutiefst missfiel, konnte Armand doch den Funken von Mitgefühl, welcher von seinem Herzen Besitz ergriff, nicht unterdrücken.
"Obgleich Euer Angebot wahrlich verlockend klingt, Sir, ist es doch so, dass Lord Flambard auf ältere Rechte pochen kann. Leider muss ich Euch abschlägig bescheiden."
Armands Hirn weigerte sich, die Bedeutung ihrer Worte aufzunehmen – bis Roger, vollkommen überrascht, einen Laut der Verärgerung ausstieß und mit einem Satz zur Tafel vorstürmte. "Törichtes Frauenzimmer! Verschmähen willst du mich? Für diesen Psalmensänger dort?"
Zum Glück für alle Beteiligten ließ der junge Lambert Miller sich nicht übertölpeln. Den Dolch gezückt, warf er sich Roger in den Weg. "Halt, Schurke!"
Wat FitzJohn fuhr von seinem Sitz hoch. "Ergreift ihn!"
Die Männer von Harwood ließen sich das nicht zwei Mal sagen. Wachen strömten zum Tor hinein, schwärmten vor und bezwangen Roger von Fordham, der nur wenig Widerstand leistete.
Vielleicht hatte er gar nicht die Absicht gehabt, Beleidigungen auszustoßen und sich Dominie in drohender Absicht zu nähern. Ihr Bescheid indes musste ihn vollkommen überrumpelt haben, hatte er doch fest mit einer Zusage gerechnet.
"Lasst mich los, ihr Narren!" tobte er. "Ich wollte eurer Herrin doch keinen Schaden zufügen! Den aber bringt sie durch ihre Verstocktheit über sich selbst und euch alle! Bringt ihr Vernunft bei, so sie euch anhört! Sonst wird's euch am Ende schlecht bekommen, das schwöre ich euch!"
Hätten die Männer zu Harwood, so fragte Armand sich, Roger of Fordham als Lehnsherren vorgezogen? Und falls sie Dominie mit vereinten Kräften zu überzeugen suchten – würde sie ihrer Argumentation am Ende auch folgen?
"Haltet den Mund!" bellte Wat FitzJohn.
Armand war, als hielten die Wachen ihren Gefangenen fester gepackt denn je. Dankbarkeit für ihre Treue focht mit der Besorgnis über den Preis, den sie wahrscheinlich dafür bezahlen mussten.
Nunmehr wandte FitzJohn sich zum Ehrentisch, in den tief liegenden Augen ein solch flammendes Leuchten, dass es Armand einen Schauer über den Rücken jagte.
Weitere Kostenlose Bücher