Suesses Gift Der Liebe
wieder richtig konzentrieren können.«
Sie hatte jede Hoffnung aufgegeben, jemals die Macht der Leidenschaft zu erleben. Und nun hatte diese beängstigende Kraft sie wie ein gewaltiger Sturm erfasst. Wenn sie sich von diesem heftigen Wind mitreißen ließ, würde sie niemanden hintergehen. Die einzige Gefahr drohte ihrem Herzen, und zwar eine ernste. Doch der Gedanke, niemals die köstlichen Gefühle zu erleben, die sie, wie sie ahnte, in Calebs Armen erwarteten, war die viel schlimmere Alternative. Besser geliebt und verloren zu haben .
Sie hob ihre behandschuhten Finger zu seinem Gesicht. »Ich begehre dich, Caleb. Ist das die Antwort, die du willst?«
»Mehr als ich jemals in meinem Leben etwas wollte.«
Wieder schloss sich sein Mund über ihrem, versengend und hungrig. Musik und gedämpfte Geräusche aus dem Ballsaal schienen in eine andere Dimension zu verklingen. Rohe Kraft pulsierte heiß in der Nacht. Die Flut leuchtender, heftiger Energie zog sie tiefer in ein berauschendes Chaos.
Sie schlang die Arme um seinen Nacken und öffnete ihm ihren Mund. Die schimmernde Atmosphäre verschob sich um sie herum. Erst nach ein paar Sekunden gewahrte sie, dass Caleb sie hochgehoben hatte und sie von der Terrasse tief in den phosphoreszierenden Garten trug.
»Ich spüre die Hitze in dir«, sagte er. »Deine Sinne sind heiß.«
»Ja.« Sie strich mit der Fingerspitze über seine Kinnlinie. »Deine auch.«
»Dieser Garten ist deine Welt. Wie wirkt er auf dich?«
»Er ist zauberhaft. Lebendig. Jede Pflanze bis hin zum kleinsten Grashalm verströmt feine Leuchtkraft. Ich sehe tausend Grünschattierungen im Laub, und die Blumen leuchten mit eigenem Licht.«
»Das klingt ja, als wäre es ein Märchenland.«
»Das ist es auch. Und was siehst du?«
»Nur dich.« Vor einem niedrigen dunklen Bau blieb er stehen. »Öffne die Tür.«
Sie griff hinunter, fand den Türknauf und drehte ihn. Die Tür schwang nach innen auf. Angenehme Wärme und ein Schwall intensiver pflanzlicher Düfte fluteten ihnen entgegen. Ihre Sinne summten unter der mächtigen Energie von getrocknetem Lavendel, Rosen, Kamille, Minze, Rosmarin, Thymian und Lorbeer. Im Mondschein sah sie dunkle Kräuter-
und Blumensträuße von der Decke hängen. Auf dem Boden standen mehrere Körbe voll duftender Sträuße.
»Ein Trockenschuppen«, sagte sie entzückt. »Ich habe auch einen.«
»Hier sind wir ungestört.«
Er stellte sie behutsam auf die Beine und durchquerte den Raum zu einem Holzstuhl. Diesen hob er hoch und klemmte ihn unter den Türknauf. Dann kam er wieder zu ihr.
»Du denkst an alles«, bemerkte sie.
»Ich versuche es.«
Ganz sacht nahm er ihr die Brille ab und legte sie weg. Dann nahm er Lucinda wieder in die Arme.
Erwartung und Erregung ließen sie so stark zittern, dass sie seine Schultern umklammerte, um ihr Gleichgewicht nicht zu verlieren.
Wieder küsste er sie und drehte sie dann um, dass sie ihm den Rücken zukehrte. Er machte sich daran, die feinen Haken ihres versteiften Mieders aufzuhaken. Nur wenige Augenblicke, und das Kleid war offen.
Er küsste ihre nackte Schulter. »Gottlob trägt du keines dieser verdammten stählernen Korsetts.«
»Die Gesellschaft für Vernünftige Kleidung hält sie für sehr ungesund«, erklärte sie.
Er lachte leise und kehlig. »Ganz zu schweigen von der Zeitverschwendung beim Öffnen.«
Er drehte sie wieder um und schob sanft das Mieder herunter, wobei er die gestuften, kunstvoll drapierten Röcke gleich mitnahm, bis das Kleid zu ihren Füßen herabsank und diese wie eine Pfütze umgab. Sie stand nun in ihrer dünnen Unterwäsche und in Strümpfen und Schuhen da.
Wie in Trance knöpfte sie seine Jacke auf und schob ihre Hände hinein, wobei seine Körperhitze sie in Erregung versetzte. Er schüttelte die Jacke mit raschen, ungeduldigen Bewegungen ab, löste seinen Schlips und öffnete das Hemd. Sie drückte die Handflächen an seine nackte Brust.
»Wir brauchen ein Bett«, stellte Caleb fest.
Er löste sich von ihr, griff nach dem Korb, der am nächsten stand und leerte ihn. Eine Unmenge getrockneter Kräuter und Blumen fiel heraus, Geranien, Rosenblätter, Eukalyptus, Zitronenbalsam. Ein zweiter, dritter und vierter Korb wurden geleert, bis ein großer, aromatischer Haufen auf dem Boden lag. Ihre weit geöffneten Sinne waren von dem berauschenden Duft so vieler botanischer Energie geblendet, so dass sie sich um ein Haar mit einem Kopfsprung in den duftenden Haufen gestürzt
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