Suesses Gift Der Liebe
blieb ihm nicht einmal Zeit, um seine Klinge zur Gegenwehr zu zücken.«
»Glauben Sie, dass er buchstäblich zu Tode erschreckt wurde?«
Caleb richtete sich auf. »Ich vermute, dass die Todesursache psychischer Natur war.«
Lucinda sah ihn durch die dunklen Nebelschwaden an, die sich in der Gasse verdichteten. Er spürte ihr Erstaunen und ihren Schock.
»Gibt es Menschen, die mit ihrer Gabe töten können, ohne Spuren zu hinterlassen?«, fragte sie entsetzt.
»Diese Gabe ist sehr selten«, beruhigte er sie. Er studierte wieder den Leichnam. »In den Journalen und Aufzeichnungen der Society bin ich hin und wieder auf Beschreibungen dieses Talents gestoßen. Im Wesentlichen erzeugt der Mörder so große Panik, dass das Opfer einem Schlaganfall oder Herzinfarkt erliegt.«
»Aber hier sieht es aus, als hätte der Mann gar nicht zu flüchten versucht.«
»Die Daykin auch nicht. Meine Nachforschungen ergaben, dass das Opfer, vor Angst buchstäblich gelähmt, keine Hand zur Gegenwehr heben, geschweige denn um sein Leben laufen kann.«
»Meine Eltern waren eingetragene Mitglieder der Society. Ich wurde in sie hineingeboren. Aber von so schaurigen Talenten habe ich nie gehört.«
»Aus gutem Grund, da der Hohe Rat und meine Familie diese Information immer schon mit ungewöhnlichen Mitteln unterdrückten.« Er nahm ihren Arm und führte sie zurück an das Ende der Gasse. »So wie sie ihr Bestes tun, um die Formel des Gründers in das Reich der Mythen und Legenden zu verweisen.«
»Ich kann mir den Grund denken.«
»Die Öffentlichkeit hält das Paranormale meist für eine Quelle des Amüsements und des Staunens. Die große Mehrheit jener, die behaupten psychische Talente zu besitzen, werden als Zauberkünstler und Entertainer oder, schlimmer noch, als Betrüger angesehen. Stellen Sie sich vor, wie die Bevölkerung reagieren würde, wenn bekannt würde, dass es Menschen gibt, die tatsächlich einen Mord begehen können, ohne Spuren oder Beweise zu hinterlassen.«
Lucinda überlief ein Schauder. Er spürte es, da er seine Finger um ihren Ellbogen gelegt hatte.
»Das perfekte Gift«, sagte sie leise. »Unsichtbar und nicht nachweisbar.«
»Ja.«
Sie drehte den Kopf, um ihn aus den rätselhaften Tiefen unter ihrer Kapuze anzusehen. »In diesem Fall wird die Polizei hilflos sein. Man wird keine Hinweise auf einen Mord finden. Der Tod dieses armen Menschen wird ungerächt bleiben, wenn wir seinen Mörder nicht finden.«
Sein Griff um ihren Arm wurde fester. »Der arme Mensch hat versucht, Sie zu entführen und zu töten.«
»Ich gebe ja zu, dass er mich sehr wahrscheinlich entführen wollte, doch wir wissen nicht sicher, ob er die Absicht hatte, mich zu töten. Das ist nur eine Theorie von Ihnen.«
»Vertrauen Sie mir. Mit Verbrechergehirnen habe ich mehr Erfahrung als Sie, Lucinda.«
»In Anbetracht meiner Beratertätigkeit für Inspektor Spellar halte ich es für unwahrscheinlich, dass Ihre Sachkenntnis meine übertrifft.«
»Festzustellen, ob jemand vergiftet wurde, ist nicht dasselbe, wie einen Mord aufzuklären.«
»Wie lange ist die Agentur Jones schon tätig?«, fragte sie viel zu freundlich. »Etwas weniger als zwei Monate? Ich arbeite seit fast einem Jahr für Inspektor Spellar.«
»Unglaublich, dass wir darüber diskutieren.« Er lächelte bedauernd. »Wenn einer von uns sich um Anstand und Manieren scheren würde, wären wir zweifellos von unserer beiderseitigen Faszination für das Verbrechergehirn geschockt.«
»Alle finden Verbrecher faszinierend«, sagte sie energisch. »Obwohl die meisten es ungern zugeben würden. Man zähle nur die Anzahl von Zeitungen und Groschenblättern, die tagtäglich auf den Straßen Londons verkauft werden. Sie übertreffen einander an blumigen Schilderungen von Verbrechen und gewaltsamem Tod.«
»Der Punkt geht an Sie.« Er warf einen Blick über die Schulter auf den Toten in der Gasse. »Aber ich möchte bezweifeln, ob dieser Mord viel Aufmerksamkeit finden wird.«
»Nein«, sagte Lucinda ernst. Auch sie warf einen Blick zurück. »Die Presse zieht es vor, wenn die Geschichten von einem handfesten Skandal begleitet werden. Der Tod eines elenden Straßenräubers, der offensichtlich aus natürlichen Gründen starb, wird morgen beim Frühstück nicht viel Interesse wecken.«
26. KAPITEL
Die Schlagzeile auf der Titelseite des Flying Intelligencer am nächsten Morgen hatte tatsächlich nichts mit der Entdeckung des Toten in einer Gasse am Fluss zu tun. Lucinda
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