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Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Titel: Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Rudschies
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gesprochen«, schluchzte Anna Lucretia.
    »Nein, noch nicht. Ihr müsst wissen, was mir geschah. Es gibt Verräter hier. Sie verfolgen alles. Ich bin so schnell wie nur möglich zurückgeritten. Bis Moosburg gab es auch keinen Zwischenfall, obwohl ich mich ständig unter Beobachtung fühlte. Mein Pferd aber war dort am Ende seiner Kräfte. Es brauchte Futter, Wasser und etwas Ruhe. Währenddessen bin ich nach Sankt Kastulus gegangen und habe vor dem Hochaltar gebetet. Ein Mönch betrat die Kirche, kniete neben mir nieder, als wolle auch er beten. Plötzlich stürzte er sich auf mich, einen blanken Dolch in der Hand. Ich habe mich gewehrt, so gut ich konnte. Daher stammen die Verletzungen an meinem linken Arm. Mit der rechten Hand versuchte ich, mein Messer zu ziehen, doch dann traf er mich mit solcher Wucht an der Brust, dass ich die Besinnung verlor. Als ich erwachte, beugte sich ein Priester über mich. Der gedungene Mörder war er nicht mehr da. Er muss geglaubt haben, ich sei tot. Oder er wollte nicht gesehen werden. Ich weiß es nicht. Ich konnte meinen Braunen erreichen und dem Stallburschen mit ein paar Münzen den Mund stopfen. Dann bin ich auf der linken Seite dem Flusslauf der Isar bis Landshut gefolgt. Mein Pferd habe ich auf der Mühleninsel gelassen. Niemand hat mich erblickt. Das kleine Stadttor am Landsteg war bewacht, doch der Wächter war von den Feierlichkeiten abgelenkt. Ich konnte mich unbemerkt bis zu Fräulein von Weichs Haus schleichen.«
    Kaum hatte er das letzte Wort gesprochen, verlor er wieder das Bewusstsein. Anna Lucretia versuchte vergeblich, ihn mit Essig zu erwecken. Sabina und Ludwig sahen sich ungläubig und zugleich schockiert an. Lang blieben sie sprachlos, dann fand die Herzogin als Erste die Stimme.
    »Ein Angriff der Lutheraner auf Braunschweig? Das kann doch nicht sein. Warum? Warum jetzt? Philipp von Hessen und Ulrich sind bestimmt zu allem fähig. Ihr Ziel ist es, das ganze Reich vom wahren Glauben abzubringen. Aber um den Preis eines allgemeinen Krieges? Gerade wenn der Streit um Württemberg, so sehr ich es bedauere, beigelegt ist? Das ergibt keinen Sinn. Widmannstetter hat Fieber und fantasiert. Meint Ihr nicht auch, mein Bruder?«
    Doch Ludwig, ganz gegen sein sonst unbeschwertes Gemüt, schüttelte sorgenvoll den Kopf.
    »Braunschweig-Wolfenbüttel ist ein Dorn im Fleisch der protestantischen Partei, das einzige katholische Fürstentum zwischen Hessen, Sachsen und Brandenburg. Vor allem aber ist Herzog Heinrich ein schwacher Herrscher, schutz- und wehrlos. Er buhlt um das Wohlwollen der Lutheraner, statt die Zähne zu zeigen und ausreichend zu rüsten. Trotzdem: Wie können sie es wagen? Der Nürnberger Bund verpflichtet die katholischen Fürsten, in den Kampf zu ziehen, sollte auch nur einer von uns angegriffen werden. Das würden wir auch tun, vielleicht sogar zusammen mit Kaiser Karl. Das weiß Philipp, das weiß Ulrich. Sie können es nicht wagen … «
    »Warum warnt uns dann mein Sohn?«, regte sich Sabina auf. »Es muss etwas im Gange sein.«
    »Alles gut und schön, Tante«, unterbrach Anna Lucretia sie. »Ihr habt nun die Nachrichten, auf die Ihr gewartet habt. Doch vergesst dabei nicht den Mann, der sie gebracht hat und vielleicht gerade stirbt. Was soll mit ihm geschehen? Wohin mit ihm?«
    Ludwig und Sabina waren verärgert über die Unterbrechung ihrer Gedanken, doch die junge Frau ließ sich nicht einschüchtern.
    »Wo soll er gepflegt werden, ohne dass jemand von seiner Rückkehr und von den Neuigkeiten aus Württemberg erfährt? Die müssen doch geheim bleiben, nicht wahr? Auf der Trausnitz geht das nicht und in der neuen Residenz auch nicht. Er würde sofort entdeckt. Wem dürfen wir vertrauen? Dem Hofrat Weißenfelder bestimmt, aber seinem Weib besser nicht. Zu wem können wir Johann Albrecht bringen, ohne selbst aufzufallen? Zu den Nonnen im Spital?«
    »Mir könnt Ihr Doktor Widmannstetter anvertrauen, Ludwig.« Ursulas Stimme bebte. »Es wäre mir eine Ehre. Hier ist der einzig sichere Ort, wo Eure Tochter und die Herzogin ihn gefahrlos pflegen können. Vertraut mir! Es gibt keine bessere Lösung.«
    Aber Sabina und Anna Lucretia zögerten. Zu lebhaft hatten sie Ursulas Eifersucht bei der Verlobung in Erinnerung, ihre Feindseligkeit beim Kampf um die Paracelsusdiät und nach dem Giftanschlag beim Weinfest. Schlimmer noch: Ursula konnte diejenige sein, die den Münchner Hof benachrichtigt und somit das seltsame Entlassungsgesuch verursacht hatte. War

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