Sukkubus - 03 - Kopfüber ins Fegefeuer
zustande. Ich konnte gar nicht anders; meine Lady war einfach bezaubernd, wenn sie schmollte. Die Röte in ihren Wangen, der dunkle Schimmer in ihren Augen … »Entschuldige. Alte Angewohnheit.«
»Ich bin keine Puppe. Ich bin kein fragiles Spielzeug, das bei der geringsten Erschütterung zerbricht.«
Oh, Virginia, du hast ja keine Ahnung, wie leicht man dich zerbrechen könnte.
»Zur Kenntnis genommen«, sagte ich, während sich meine Gedanken überschlugen. Erst die zwei Angriffe der Dämonen. Dann Eris’ Auftritt in der Oper. Und nun die Begegnung mit dem Herrscher der körperlichen Gelüste, der im selben Restaurant aß wie ich.
Manchmal hätte ich gut ein eigenes Orakel gebrauchen können.
Ich griff nach dem Süßstoff und zwinkerte Virginia zu, während ich mich fragte, was der Lord der Schlemmer wohl von mir wollte. »Darf ich dich stattdessen ›Süße‹ nennen?«
Sie seufzte über ihrem Happen Dessert, aber ich erspähte das Lächeln, das sich hinter ihrer Gabel versteckte. »Du bist ein Schmeichler.«
Sooft es ging.
ICH ÜBERBRINGE DIR EINE NACHRICHT – VON EINEM GESCHÖPF DER MASSLOSIGKEIT ZUM ANDEREN.
Ich hätte beinah die Tasse fallen lassen. Ich, einer der Maßlosen? Ich hatte mir im Laufe meiner Existenz ja schon vieles anhören müssen – teils recht derbe Dinge. Aber noch nie hatte jemand behauptet, ich sei ein Geschöpf der Maßlosigkeit. Während ich an meinem Kaffee nippte, antwortete ich dem Dämonenkönig. Verzeiht, Herr, aber ich glaube, Ihr verwechselt mich mit einem anderen Höllenwesen.
KEINESWEGS, ES SEI DENN, ES GIBT NOCH EINEN ANDEREN DAUNUAN, PRINZEPS DER LUST UND AUSERWÄHLTER PANS. Er gab ein schnaubendes Lachen voller Heimtücke von sich. BIST DU DAS WOMÖGLICH?
Ich habe das Vergnügen, Herr.
DU UND DEIN VERGNÜGEN. JEDES WESEN FRÖNT DEM SEINEN. BEI MIR IST ES DIE GENUSSSUCHT. ÜBERMASS. GEDANKENLOSE VÖLLEREI. UND WAS IST LUST SCHON ANDERES ALS EIN ÜBERMASS AN SEX? EINE GIER NACH LEIDENSCHAFT?
Ich hätte nicht gedacht, dass der König der Schlemmer eine philosophische Ader hätte.
DU BIST EIN GESCHÖPF DER MASSLOSIGKEIT, EIN LÜSTLING, SO WIE JEDER DEINER ART.
Ich dachte an Eris: Was sonst ist Lust, wenn nicht der Neid auf die sexuelle Leistungsfähigkeit eines anderen?
Heilige Hölle, die gesamte Elite hatte wohl einen an der Klatsche!
DU SOLLTEST WISSEN, LÜSTLING, DASS SICH DIE VÖLLEREI NICHT DARAN BETEILIGEN WIRD.
Mein Herzschlag dröhnte mir in den Ohren, mein Blut rauschte mir durch den Körper. Beteiligen? Woran?
UND EBENSO WENIG DIE TRÄGHEIT. WAS NIEMANDEN ÜBERRASCHEN DÜRFTE.
Natürlich nicht, Herr. Meine Kehle schnürte sich zusammen, und ich musste mich zwingen, tief durchzuatmen. Sosehr ich ihn fragen wollte, fragen musste, was er damit meinte, so sicher hätte ich ihm damit meine Schwäche bewiesen. Ich hatte schließlich nicht so lange überlebt, wenn ich mächtigeren Wesen gegenüber zugab, was ich alles nicht wusste.
ABER DIE ANDEREN HABEN AKZEPTIERT. DU SOLLTEST BESSER NIEMANDEM DEN RÜCKEN KEHREN. ODER DEN ARSCH.
Herr, ich danke Euch für Eure großzügige Auskunft.
Ich nippte an meinem Kaffee und kämpfte gegen meine wachsende Panik an. Welche Frage konnte ich bedenkenlos stellen? Wie kommt es, dass jemand so Mächtiges wie Ihr sich entschließt, diese Information mit mir zu teilen?
WEIL ICH UNTER ANDEREM GERN IN EINEM ÜBERMASS AN GEFÄLLIGKEITEN SCHWELGE. Sein Lachen plätscherte in meinem Verstand, unersättlich, finster. DU BIST MIR ETWAS SCHULDIG, DAUNUAN, AUSERWÄHLTER PANS.
Scheiße.
Beelzebuls Anwesenheit verlosch und ließ nur das Echo seines Lachens und das dichte, weiche Gefühl von Watte in meinem Kopf zurück. Ich wusste, wenn ich mich umdrehen würde, wäre sein Tisch leer – ohne jede Spur von ihm oder seinem Festmahl.
»Don? Geht’s dir gut?«
Ich nippte erneut an meinem Kaffee, ehe ich antwortete. »Bestens. Warum?«
»Du bist plötzlich so still geworden.« Virginia schwieg einen Moment, und ihr Blick wurde sanft. Dann fuhr sie mit leiser Stimme fort: »Du bist blass. Und du schwitzt.«
Sie hatte recht: Ich schwitzte wie ein Verurteilter, der vor einem Erschießungskommando stand. Eine Begegnung mit einem der Höllenkönige hatte in der Regel eine solche Wirkung auf Dämonen. Ich holte tief Luft und stieß ein Lachen aus. »Ganz ehrlich? Ich bin ein bisschen nervös.«
»Ich bin wohl furchteinflößender als ein Räuber mit Messer, wie?«
Ha. »Weißt du noch, wie du vorhin gesagt hast, du würdest
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