Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
da noch den Überblick behalten?«, erwidert sie mit einem entschuldigenden Lächeln, aber ich habe den Seitenhieb verstanden. Sie will mir damit zu verstehen geben, dass Bernard ständig wechselnde Freundinnen hat, deren Namen sie sich unmöglich alle merken kann.
Teensie führt uns die Treppe hinauf und einen Flur entlang, der in den ursprünglichen Teil des Hauses mündet. »Hier ist das Badezimmer«, sagt sie und öfnet die Tür zu einem kleinen Raum mit einem taubenblauen Waschbecken und einer verglasten Duschkabine. »Und Carrie schläft hier.« In dem Zimmer befindet sich ein schmales Bett, auf dem eine Patchworkdecke
liegt. Daneben steht ein mit Pokalen und Wimpeln vollgestelltes Regal.
»Das Zimmer meiner Tochter«, fügt sie süffisant hinzu. »Es liegt direkt über der Küche, aber Chinita liebt es, weil es so abgeschieden ist.«
»Wo ist Ihre Tochter denn?«, frage ich, weil ich es Teensie durchaus zutraue, dass sie ihren eigenen Nachwuchs aus ihrem Zimmer verbannt hat, um die Regeln des Anstands zu wahren.
»Sie verbringt die Ferien in einem Tenniscamp. Sie macht nächstes Jahr ihren Highschool-Abschluss und wir hofen, dass sie es schafft, nach Harvard zu kommen. Wir sind alle schrecklich stolz auf sie.«
Ich schlucke. Das bedeutet, dass Chinita praktisch in meinem Alter ist.
»Und wo studieren Sie?«, erkundigt sich Teensie.
»An der Brown.« Ich werfe Bernard einen kurzen Blick zu. »Ich bin im vierten Semester.«
»Wie schön«, entgegnet Teensie in einem Ton, der in mir den Verdacht aufkeimen lässt, dass sie meine Lüge durchschaut hat. »Sie und Chinita sollten sich unbedingt einmal unterhalten. Ich bin mir sicher, dass sie viele Fragen an Sie hätte. Die Brown ist nämlich ihre zweite Wahl.«
Ich übergehe die Beleidigung mit einem Lächeln und sage spitz: »Liebend gern, Mrs Dyer.«
»Aber warum denn so förmlich?« Sie wirft mir einen giftigen Blick zu. »Nennen Sie mich doch bitte Teensie.« Ofensichtlich fest entschlossen, sich von mir nicht den Rang ablaufen zu lassen, wendet sie sich an Bernard und säuselt: »Warum lassen wir deine Bekannte nicht in Ruhe auspacken?«
Kurz darauf sitze ich auf der Bettkante und frage mich, wo es hier ein Telefon gibt. Vielleicht sollte ich Samantha anrufen, um sie um Rat zu fragen, wie ich mit dieser Teensie umgehen soll? Aber plötzlich fällt mir wieder ein, wie Teensie auf der Party bei den Jessens betrunken auf dem Boden herumgekrochen ist und ich muss grinsen. Wen interessiert es, ob sie mich mag oder nicht? Ich bin in den Hamptons! Ich springe auf, packe meine Sachen aus und ziehe mir einen Bikini an. Um ein bisschen frische Luft ins Zimmer zu lassen, öfne ich das Fenster und genieße die Aussicht. Der sattgrüne Rasen endet an einer gestutzten Hecke, hinter der sich weite Felder mit niedrigen, blättrigen Pflanzen erstrecken — Kartofelfelder, wie Bernard mir auf der Fahrt hierher erklärt hat. Ich atme die salzig riechende, feuchte Meeresluft ein.
Über das ferne Rauschen der Brandung hinweg dringen Stimmen zu mir herauf. Als ich mich ein Stückchen aus dem Fenster lehne, entdecke ich Teensie, die mit einer anderen Frau auf einer kleinen Terrasse an einem gusseisernen Bistrotisch sitzt und an einem Getränk nippt, das nach einer Bloody Mary aussieht.
»Sie ist kaum älter als Chinita«, empört sie sich gerade. »Ich finde das skandalös.«
»Wie jung ist sie denn?«
»Was weiß ich? Sie sieht aus, als käme sie frisch von der Highschool. «
»Armer Bernard«, seufzt die zweite Frau.
»Ich komme mir vor wie in einem schlechten Film.« Teensie schüttelt den Kopf.
»Na ja, nach diesem grauenhaften Sommer mit Margie … Haben die beiden nicht sogar hier geheiratet?«
»Ja, eben. Eigentlich sollte man meinen, er würde genügend Feingefühl besitzen, hier nicht mit diesem jungen Flitt…«
Ich stoße ein entrüstetes Keuchen aus, presse mir dann aber in dem perversen Verlangen, kein Wort zu verpassen, hastig die Hand auf den Mund.
»Psychologisch lässt sich das ganz einfach erklären, wenn du mich fragst«, sagt die zweite Frau. »Er möchte sichergehen, dass er nie wieder verletzt wird. Also sucht er sich ein junges Ding mit großen Kulleraugen, das ihn anbetet und ihn niemals verlassen würde. So behält er die Kontrolle über die Beziehung. Bei Margie war es ja das genaue Gegenteil.«
»Aber was hat diese Beziehung für eine Zukunft?«, stöhnt Teensie. »Die beiden können doch gar keine Gemeinsamkeiten haben. Worüber
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