Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
ich stumm mehrere unüberlegte Züge von Bernard ertragen habe, kann ich nicht mehr an mich halten und beginne ihm diskret Tipps zuzuflüstern. Prompt liegt Bernard nach ein paar weiteren Zügen vorne und eine kleine Gästeschar versammelt sich um unseren Tisch, um das Spiel zu verfolgen.
Bernard macht kein Hehl daraus, wem der Erfolg wirklich gebührt, und ich spüre, wie mein Ansehen in den Augen der Anwesenden allmählich wieder steigt. Vielleicht bin ich am Ende doch keine so schlechte Partie.
»Wo hast du so gut Schach spielen gelernt?«, fragt Bernard, während er uns an einem Servierwagen neue Drinks mixt.
»Ich spiele, seit ich denken kann. Mein Vater hat es mir beigebracht. «
Er betrachtet mich nachdenklich. »Ist das nicht seltsam?«, sagt er. »Ich stelle erst jetzt fest, dass ich im Grunde so gut wie nichts über dich weiß.«
»Weil du vergessen hast, zu fragen«, necke ich ihn mit neu erstarktem Selbstbewusstsein und blicke mich im Raum um. »Geht von diesen ganzen Menschen hier überhaupt mal irgendjemand schlafen?«
»Bist du müde?«
»Ich dachte, wir …«
»Dafür haben wir später noch genug Zeit«, sagt er und haucht mir einen Kuss auf die Nasenspitze.
»Hallo, ihr beiden Turteltäubchen da drüben.« Teensie winkt
von der Couch. »Kommt her und tragt etwas zur Unterhaltung bei.«
Ich seufze. Bernard wäre vielleicht sogar bereit, sich zu verabschieden, aber Teensie scheint fest entschlossen, uns nicht fortzulassen.
Schweigend harre ich aus, während eine weitere Stunde mit politischen Diskussionen vergeht, bis Peter allmählich die Augen zufallen und Teensie widerstrebend vorschlägt, dass wir nun vielleicht alle zu Bett gehen sollten.
Ich werfe Bernard einen bedeutungsvollen Blick zu und eile in mein Zimmer. Jetzt, wo der lang erwartete Moment kurz bevorsteht, klopft mir das Herz bis zum Hals. Ob vor Angst oder freudiger Erregung kann ich selbst nicht sagen. Wie wird es sein? Werde ich schreien? Und was, wenn ich das Leintuch vollblute?
Ich streife mir mein Negligé über und bürste mir die Haare mit hundert Bürstenstrichen. Als nach etwa einer halben Stunde kein Laut mehr im Haus zu hören ist, schlüpfe ich in den Flur hinaus, schleiche durchs Wohnzimmer und stehle mich auf der anderen Seite die Treppe hinauf, die zu Bernards Zimmer führt. Es liegt am Ende eines langen Flurs und befindet sich direkt neben dem von Teensie und Peter, verfügt aber wie alle Zimmer im Anbau, über ein separates Badezimmer.
Mit angehaltenem Atem drücke ich die Türklinke herunter.
Bernard liegt lesend im Bett. Im sanften Schein der Lampe wirkt er so geheimnisvoll wie ein viktorianischer Romanheld. Er legt einen Finger an die Lippen und schlägt die Decke zurück. Ich falle ihm lautlos in die Arme, schließe die Augen und hofe auf das Beste.
Er macht das Licht aus und sucht sich eine bequeme Position. »Gute Nacht, Kätzchen.«
Ich setze mich überrascht auf. »Gute Nacht?«
Ich beuge mich über ihn und schalte das Licht wieder an.
Er greift nach meiner Hand. »Was machst du?«
»Du willst schlafen?«
»Du etwa nicht?«
Ich ziehe einen Schmollmund. »Ich dachte, wir …«
Er lächelt. »Hier?«
»Warum nicht?«
Er macht das Licht aus. »Das wäre unhöflich.«
Ich schalte es wieder an. »Unhöflich?«
»Teensie und Peter schlafen im Zimmer nebenan.« Er knipst das Licht wieder aus.
»Und?«, frage ich in die Finsternis hinein.
»Ich will nicht, dass sie uns hören. Es könnte ihnen … unangenehm sein.«
Ich verschränke stirnrunzelnd die Arme und ignoriere die Tatsache, dass er das im Dunkeln gar nicht sehen kann. »Meinst du nicht, Teensie sollte allmählich mal begreifen, dass du dich abgenabelt hast? Und zwar von ihr und von Margie?«
»Ach, Carrie«, seufzt er.
»Im Ernst. Teensie muss endlich lernen zu akzeptieren, dass du jetzt mit anderen Frauen zusammen bist. Dass du jetzt mit mir …«
»Das weiß sie«, unterbricht er mich sanft. »Aber das müssen wir ihr ja nicht gleich so ofensichtlich unter die Nase reiben.«
»Und ob wir das müssen.«
»Lass uns schlafen. Wir klären das morgen.«
Was eigentlich mein Stichwort sein sollte, wütend aufzuspringen und aus dem Zimmer zu stolzieren. Stattdessen bleibe ich schmollend neben ihm liegen, grüble über jede einzelne Szene
und jedes an diesem Abend gesprochene Wort nach, kämpfe mit den Tränen und versuche die schmerzhafte Erkenntnis zu verdauen, dass man wirklich nicht behaupten kann, ich hätte dieses Wochenende mit
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