Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
vor dem leeren weißen Blatt und starre Löcher in die Rigipswand. Plötzlich habe ich das Gefühl, in dem winzigen Raum zu ersticken. Ich springe auf, laufe ins Wohnzimmer und öfne das Fenster.
Die Aussicht ist nicht sonderlich inspirierend: Ich blicke auf die Rückseite eines Apartmentgebäudes, das haargenau so aussieht wie unseres. Vielleicht sollte ich mir ein Fernglas besorgen und die Menschen, die dort wohnen, beobachten, um Geschichten über sie zu schreiben. Allerdings scheint deren Leben genauso langweilig zu sein wie meines. Durch eines der oberen Fenster dringt das bläuliche Flackern eines laufenden Fernsehers, etwas weiter unten steht eine Frau in der Küche und spült Geschirr. Daneben schläft zusammengerollt eine Katze.
Seufzend lehne ich mich aufs Fensterbrett und stütze den Kopf in die Hände. Da draußen wartet eine bunte, schillernde Welt darauf, von mir entdeckt zu werden, und ich hocke hier in Peggys trostlosem Apartment, wo ich überhaupt nichts mitbekomme. Und das, obwohl mir nur noch neunundfünfzig Tage in New York bleiben.
So kann es nicht weitergehen – ich muss etwas unternehmen.
Entschlossen greife ich mir das Telefon, gehe damit in mein Zimmer, suche Bernards Nummer heraus und setze mich aufs Bett.
Aber nachdem ich die ersten drei Zifern gewählt habe, lege ich entmutigt wieder auf.
»L’il?«, rufe ich.
»Ja?«
»Was meinst du? Soll ich Bernard Singer anrufen?«
Sie kommt an die Tür. »Klar, warum nicht?«
»Und was, wenn er sich gar nicht mehr an mich erinnert?«
»Wie kommst du denn darauf? Immerhin hat er dir seine Nummer gegeben.«
»Aber vielleicht war das nur reine Höflichkeit. Was, wenn …?«
»Würdest du ihn denn gern wiedersehen?«, fragt sie.
Ich nicke.
»Worauf wartest du dann noch? Ruf ihn an«, sagt L’il mit einer Entschiedenheit, von der ich nur hofen kann, sie eines Tages auch zu besitzen.
»Hallo?« Er meldet sich nach dem dritten Klingeln.
»Bernard?«, frage ich mit belegter Stimme und räuspere mich hastig. »Hi. Hier ist Carrie Bradshaw.«
»Carrie? Ich habe mir schon fast gedacht, dass du es bist.«
»Wirklich?« Ich wickele mir nervös das Telefonkabel um den Zeigefinger.
»Vielleicht bin ich ja hellseherisch veranlagt.«
»Du meinst, du hast Visionen?«, frage ich, weil ich nicht weiß, was ich sonst sagen soll.
»Visionen nicht gerade, aber eine gute Intuition«, sagt er mit seiner samtweichen Stimme, die mir einen Schauer über den
Rücken laufen lässt. »Ich würde sagen, ich bin ein sehr gefühlsbetonter Mensch, und du?«
»Ich auch, glaube ich zumindest. Jedenfalls fällt es mir unglaublich schwer, sie auszuschalten. Meine Gefühle, meine ich.«
Er lacht. »Was machst du gerade?«
»Ich?« Meine Stimme klingt eindeutig ein paar Oktaven zu hoch. »Äh … nichts Besonderes. Ich sitze zu Hause und versuche zu schreiben …«
»Hast du Lust, bei mir vorbeizukommen?«, fragt er.
Mir klappt die Kinnlade herunter, was er zum Glück nicht sehen kann. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber bestimmt nicht, dass er mich sofort zu sich nach Hause einlädt. Wahrscheinlich hatte ich gehofft, er würde mich in irgendein hübsches kleines Restaurant zum Essen ausführen. Plötzlich durchzuckt mich ein grauenhafter Gedanke. Glaubt er womöglich, ich hätte ihn nur angerufen, weil ich mit ihm ins Bett will?
»Wo wohnst du denn?«, fragt er, als ich nicht antworte.
»Auf der 47. Straße.«
»Ich wohne nur ein paar Blocks weiter.«
»Okay, warum eigentlich nicht?«, stimme ich schließlich zu. Wie immer siegt meine Neugier über die Vernunft. Eine sehr schlechte Angewohnheit, von der ich hofe, sie eines Tages abzulegen.
Aber vielleicht gelten in New York ja andere Dating-Regeln als in der Provinz und es ist gar nichts dabei, wenn ein Mann ein Mädchen zu sich nach Hause einlädt. Und sollte Bernard tatsächlich falsche Erwartungen haben, kann ich ja immer noch klarstellen, dass ich an so einer Art Beziehung nicht interessiert bin.
Ich ziehe gerade meine Jacke an, als Peggy mit Einkaufstaschen beladen zur Tür hereinkommt. Sie stellt sie auf dem Sofa ab und mustert mich kritisch. »Willst du etwa noch weg?«
Einen Moment überlege ich, ob ich ihr überhaupt sagen muss, was ich vorhabe, kann mich dann aber doch nicht zurückhalten. »Ich trefe mich mit jemandem, den ich vor ein paar Tagen auf einer Party kennengelernt habe. Vielleicht kennst du ihn ja? Er heißt Bernard Singer.«
Die Erwähnung seines Namens erzielt den
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