Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
beherrscht.
»Bernard und wie weiter«, fragt er.
»Bernard Singer.«
»Mr. Singer?«
Seine überhebliche Miene weicht einem verblüfften Gesichtsausdruck, trotzdem rührt er sich keinen Zentimeter von der Stelle, obwohl ihm jetzt klar sein müsste, dass er diesen kleinen Machtkampf verloren hat. Er kann ja schlecht leugnen, dass Bernard hier wohnt.
»Warten Sie bitte hier. Ich werde Mr Singer anrufen«, gibt er sich schließlich widerwillig geschlagen und geht steifeinig durch die marmorgetäfelte Eingangshalle zur Empfangstheke, auf der neben einem aufgeklappten Besucherbuch eine Vase mit einem kunstvoll gebundenen Blumenstrauß und ein Telefon stehen. Der Portier wählt eine Nummer und reibt sich verärgert das Kinn, während er darauf wartet, dass Bernard sich meldet.
»Mr Singer?« Er dreht sich mit einem abfälligen Blick zu mir um. »Hier ist ein junges Mädchen, das behauptet, es sei mit Ihnen verabredet.« Seine Schultern sacken enttäuscht nach unten, während er Bernards Antwort lauscht. »Selbstverständlich, Mr Singer. Ich schicke sie zu Ihnen hoch.«
Die Erleichterung darüber, diesem Zerberus entronnen zu sein, hält nicht lange an. Im Aufzug erwartet mich schon der nächste Wachhund in Uniform. Von Menschen, die im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert leben, sollte man eigentlich erwarten, sie wären mit der Funktionsweise eines Fahrstuhls
vertraut, doch die Bewohner des Sutton Place scheint selbst simples Knöpfchendrücken zu überfordern.
»Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragt der Uniformierte.
Ich unterdrücke ein genervtes Stöhnen und antworte höflich: »Zu Bernard Singer, bitte.«
Er räuspert sich missbilligend und drückt auf den Knopf für die achte Etage, verschont mich aber wenigstens mit weiteren Fragen.
Als sich die Aufzugtüren lautlos öfnen, trete ich in einen quadratisch geschnittenen Flur mit geschmackvoller Tapete und einem Tischchen, auf dem eine Vase mit Blumen steht. Rechts und links gehen zwei Türen ab – in einer von ihnen steht Bernard und erwartet mich lächelnd.
So sieht also das Zuhause eines berühmten Theaterautors aus, denke ich, als ich mich in dem Apartment umschaue. Ich muss sagen, ich bin überrascht. Nicht so sehr von dem, was ich sehe, als vielmehr von dem, was ich nicht sehe.
Das Wohnzimmer mit seinen großen Sprossenfenstern, dem Kamin und der eleganten Bücherwand schreit förmlich nach einer stilvollen Einrichtung, stattdessen besteht das einzige Möbelstück aus einem einsamen, zerknautschten Sitzsack in der Ecke. Gleiches gilt für das Esszimmer, in dem lediglich eine Tischtennisplatte und zwei billige Klappstühle stehen. Und auch das Schlafzimmer beherbergt nichts als ein monströses, unbezogenes Bett, auf dem ein Schlafsack liegt, und einen ebenso monströsen Fernseher.
»Ich schaue gern im Bett Fernsehen«, erklärt Bernard. »Das ist irgendwie kuschelig, findest du nicht?«
Ich will ihm gerade einen strengen Blick zuwerfen, damit er
gar nicht erst auf falsche Gedanken kommt, als mir sein Gesichtsausdruck aufällt. Er wirkt traurig.
»Bist du gerade erst eingezogen?«, erkundige ich mich vorsichtig.
»Es ist gerade jemand ausgezogen«, antwortet er.
»Oh. Darf ich fragen, wer?«
»Meine Frau.«
»Du bist verheiratet?«, entfährt es mir entsetzt. Bei all den Vermutungen, die ich über ihn angestellt hatte, wäre mir nie in den Sinn gekommen, er könne in festen Händen sein. Welcher verheiratete Mann lädt ein Mädchen, das er gerade erst kennengelernt hat, in seine Wohnung ein?
»Meine Ex frau«, verbessert er sich schnell. »Ich vergesse immer, dass wir nicht mehr verheiratet sind. Wir haben uns vor einem Monat scheiden lassen und ich habe mich immer noch nicht so richtig daran gewöhnt.«
»Wie lange wart ihr denn verheiratet?«
»Sechs Jahre. Aber wir sind davor schon zwei Jahre zusammen gewesen.«
Ich rechne verstohlen im Kopf nach. Acht Jahre? Wenn Bernard bereits eine so lange Beziehung hinter sich hat, muss er mindestens schon dreißig sein. Oder einunddreißig? Womöglich sogar … fünfunddreißig?
Mir wird kurz ein bisschen schwindlig und um mein momentanes Unbehagen zu vertuschen, platze ich mit dem ersten Gedanken heraus, der mir durch den Kopf schießt. »Und wie war es so?«
»Wie war was?«
»Verheiratet zu sein.«
»Na ja.« Er lächelt etwas verlegen. »Wenn es wirklich gut gewesen wäre, wären wir jetzt wohl nicht geschieden.«
Es dauert einen kurzen Moment, bis ich meine Fassung
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