Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
»wie soll ich denn nach so kurzer Zeit schon beurteilen können, ob ich ihn nett finde oder nicht?«
»Aber du musst zugeben, dass er ziemlich sexy ist.«
»Sexy?« Maggies Stimme überschlägt sich fast. »Also, das wäre jetzt nicht gerade das Erste, was mir zu ihm einfallen würde.«
»Ich finde ihn sexy«, sage ich trotzig.
»Das ist doch die Hauptsache.«
»Und ich bin wahnsinnig, wahnsinnig verliebt in ihn.«
Die Toilettenspülung rauscht und Maggie tritt aus der Kabine.
»Ihr kommt mir nur irgendwie nicht so vor, als wärt ihr richtig zusammen, wenn ich euch miteinander sehe«, sagt sie vorsichtig.
»Wie meinst du das?« Ich krame den Lippenstift aus meiner Tasche und versuche, nicht in Panik zu geraten.
»Er benimmt sich nicht so, als wäre er dein Freund. Mir kommt er eher wie ein Onkel vor.«
Ich erstarre. »Wie ein Onkel?«
»Oder meinetwegen wie ein väterlicher Freund, der dich fördern und dir helfen will. Obwohl man natürlich schon merkt, dass er dich sehr mag, aber … ich weiß auch nicht.« Sie zuckt mit den Schultern.
»Ich glaube, das liegt nur daran, dass er gerade erst eine Scheidung hinter sich hat.«
»Oh. Das muss ziemlich hart für dich sein.« Sie wäscht sich die Hände.
Ich ziehe mir die Lippen nach. »Warum?«
»Na ja, ich würde keinen geschiedenen Mann heiraten wollen. Das macht doch alles kaputt, findest du nicht? Ich glaube, ich würde es nicht ertragen, wenn mein Mann vor mir schon mal mit einer anderen Frau verheiratet gewesen wäre. Das würde mich rasend eifersüchtig machen. Ich will einen Mann, für den ich die Erste bin.«
»Aber was, wenn …« Ich denke nach. Eigentlich habe ich mir das auch immer gewünscht. Bisher jedenfalls. Ich betrachte mich im Spiegel. Anscheinend verliere ich allmählich den letzten Rest Schulmädchensentimentalität.
Kurz nachdem wir wieder am Tisch sitzen, wird unser Essen serviert. Aber auch jetzt kommt kein wirkliches Gespräch in Gang. Ich bin unglaublich verkrampft und sage Dinge,
die selbst in meinen Ohren hohl und abgeschmackt klingen, Maggie sagt fast gar nichts und Bernard gibt sich die größte Mühe, so zu tun, als würde er das Essen und den Wein genießen. Als unsere Teller abgeräumt werden, geht Maggie noch einmal zur Toilette, worauf ich mit meinem Stuhl näher an Bernard heranrücke und mich für den verunglückten Abend entschuldige.
»Das macht doch nichts, Kätzchen«, tröstet er mich und greift nach meiner Hand. »Ich hatte schon mit so etwas gerechnet. Überleg doch mal — du und Maggie, ihr seid junge Studentinnen und ich bin ein erwachsener Mann. Du kannst nicht erwarten, dass Maggie den Abend genauso gern mit mir verbringt wie du.«
»Tu ich aber.«
»Dann musst du aber auch damit rechnen, enttäuscht zu werden. «
Maggie kehrt strahlend an den Tisch zurück. »Ich habe Ryan angerufen«, verkündet sie und ist plötzlich bester Laune. »Er meinte, dass er gleich zu Capote geht, und hat gefragt, ob wir nicht Lust haben vorbeizukommen. Vielleicht gehen wir nachher alle zusammen noch tanzen.«
Ich werfe Bernard einen flehenden Blick zu. »Aber …«
»Das ist schon in Ordnung, Carrie«, sagt er und schiebt seinen Stuhl zurück. »Ich finde auch, dass ihr euch noch ein bisschen amüsieren solltet, und du willst Maggie doch bestimmt nicht wieder fahren lassen, ohne dass sie New Yorks Nachtleben kennengelernt hat.«
Er zieht sein Portemonnaie heraus und drückt mir zwanzig Dollar in die Hand. »Versprich mir, dass ihr ein Taxi nehmt. Ich will nicht, dass ihr so spät nachts noch mit der U-Bahn unterwegs seid.«
»Nein, das möchte ich nicht. Ich habe mein eigenes Geld«, sage ich. Während ich noch erfolglos versuche, ihm den Schein zurückzugeben, ist Maggie bereits zum Ausgang gegangen, als könne sie es nicht erwarten, endlich hier wegzukommen.
»Deine Freundin ist doch nur für zwei Tage da, Kätzchen.« Bernard drückt mir einen Kuss auf die Wange. »Wir sehen uns also bald wieder.«
»Wann?« frage ich.
»Wann was?«
»Wann sehen wir uns wieder?« Ich höre mich an wie ein kleines Mädchen, das um Süßigkeiten bettelt, und hasse mich dafür.
»Bald. Ich rufe dich an.«
Als wir die Bar verlassen, bin ich so sauer, dass ich Maggie kaum ansehen kann. Im selben Moment hält ein Taxi am Straßenrand, aus dem ein Pärchen steigt. Maggie läuft darauf zu, steigt ein und ruft: »Kommst du?«
»Muss ich ja wohl«, murmle ich.
Maggie hat sich Capotes Adresse auf ein Stück Toilettenpapier notiert.
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