SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

Dazu starken Kaffee.  
    Die Uhr zeigte kurz vor Mitternacht.  
    Havering schlug vor, dass alle ihre Geschichte und den Beweggrund bekanntgaben, welcher sie zu Marson geführt hat.  
    Tony brannte eine Frage auf der Zunge, er mochte nicht mehr länger warten.
    «Mister Havering, kennen Sie einen gewissen Sean Wynter?»
    «Wynter? Sie meinen den Diplomaten? Hm …, okay. Ich mache mal den Anfang, ich habe nichts zu verlieren und nichts zu verstecken. Mein Name ist Ryan Havering. Ich bin, wie gesagt, Ermittler beim FBI. Mein Team – bestehend aus vier DEA-Leuten und mir – ist in die Schweiz gereist mit dem Auftrag, einen Diplomaten namens Sean Wynter zu befragen in seinem Wochenendhaus in den südöstlichen Schweizer Alpen. Das Ganze entpuppte sich als Falle. Auf dem Weg dahin wurden wir von der Straße abgedrängt. Eine Handvoll Typen, die wie eine Spezialeinheit der Armee vorgingen, hat den Unfallort umgehend besetzt und sozusagen aufgeräumt.  
    Ich habe als Einziger überlebt. Wurde aus dem Wagen geschleudert, kam im nahegelegenen Fluss davon. Einen Tag nach dem Angriff habe ich rausgefunden, dass ich gesucht werde. Ich soll angeblich in eine Verschwörung gegen die US-Regierung verwickelt sein. Was natürlich absoluter Schwachsinn ist. Ich habe daraufhin Wynter in Zürich ausfindig gemacht und mich Anfang der Woche mit ihm in einem Nobelhotel getroffen. Ich glaube, es hieß Garden Palace . Wir hatten ein interessantes Gespräch.  
    Wynter ist kein Diplomat, also kein wirklicher. Er arbeitet für eine Sonderkommission der CIA, welche einer Untersuchung im Zusammenhang mit der Phy Corp nachgeht. Er hat mir geholfen, auf Marsons Anwesen zu gelangen. Und er hat mir eine Pistole besorgt, samt Tragschein.  
    Ich weiß, ich habe vorhin in Marsons Arbeitszimmer gelogen, was die Waffe anging, aber ich wollte die Situation nicht noch mehr aufheizen. Egal! Fakt ist: Ich werde wohl bald per internationalem Haftbefehl gesucht, und ich werde dies nicht auf mir sitzen lassen.»
    «Wynter ist tot.» Tonys Stimme klang kalt.
    Havering erschrak.
    Entweder ist er ein genialer Schauspieler oder er ist ehrlich geschockt.
    «Wie bitte? Tot? Das ist nicht Ihr Ernst.»
    «Sie haben also nichts mit dem Mord zu tun? Der Zufall wollte es, dass Vince und ich im selben Hotel logieren und den Fund der Leiche mitbekommen haben. Wynter ist regelrecht hingerichtet worden, drei Schüsse in die Brust. offenbar von einem Besucher abgegeben, die Schüsse waren von der Türe her gekommen. Und am Boden neben der Leiche lag eine Visitenkarte mit ihrem Namen drauf.»
    «Oh Gott! Das darf ja nicht wahr sein! So viel zum Thema ‚Haftbefehl’. Bald jagt mich auch noch das halbe Polizei-Corps von Europa. Verdammt! Ich schwöre, ich habe Wynter nichts angetan, wieso sollte ich. Er hat mir geholfen. Als ich sein Zimmer verließ, war er guter Dinge.» Havering ließ den Kopf sinken, niedergeschlagen.
    Der Mann sagt die Wahrheit, so viel steht fest. Oder er ist ein paranoider Hochstapler und glaubt wirklich, was er sagt.
    Tony blickte hinüber zu Vince.  
    Dieser rümpfte ungläubig die Nase.
    «Also gut, Mr. Havering. Sie sagten, Ihr Team bestand aus Leuten vom DEA und Ihnen? Und Sie arbeiten für das FBI? Gestatten Sie mir einen kleinen Test.» Tony holte sein Smartphone hervor und rief eine Satellitenkarte auf.
    «Wenn Sie der sind, für den Sie sich ausgeben, können Sie mir sicherlich auf die Minute genau sagen, wie lange man mit dem Auto vom Hauptquartier des FBI bis zur Kommandozentrale des DEA benötigt. Was meinen Sie?»
    «Ich nehme es Ihnen nicht übel, dass Sie mich testen wollen. Ich kan mich nicht ausweisen. Die Antwort auf Ihre Frage ist: Zwischen 11 und 13 Minuten Fahrzeit ohne Stau. Also weniger als eine Viertelstunde. Das FBI-Hauptquartier liegt in Washington DC im J. Edgar Hoover Building, wo ich auch mein Büro habe. Oder besser gesagt, hatte . Das Hauptquartier der Drug Enforcement Administration befindet sich in Arlington am Army Navy Drive direkt gegenüber vom Pentagon. Da hatten wir auch das Briefing für den aktuellen Auftrag, der mich in die Schweiz geführt hat.»
    «Okay, danke für die Ausführungen. Ich denke, das reicht.»
    Tony gab die Runde weiter.  
    Vince erzählte als Nächstes seine Geschichte über seine Vergangenheit als Söldner bei der PhyCorp – ohne allzu sehr ins Detail zu gehen – und über sein neues Anstellungsverhältnis bei Anthony Levine Inc.
    Tony schmunzelte und gab seine Story zum Besten. Auch