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SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

Titel: SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Dives
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Sahara.» Natalia schien noch nicht ganz überzeugt.
    Tony überlegte kurz. «Wenn ich mich recht erinnere, hat Carl einen Platz auf dem Flachdach des Hotelgebäudes erwähnt, der offiziell nicht zugänglich ist. Er hat mir sogar ein Foto davon gezeigt. Von Carls Zimmer im obersten Stock konnte man offenbar – einigen Leichtsinn vorausgesetzt – via Terrasse und Kranzmauerwerk hochklettern auf das geteerte Flachdach. Carl hatte so jeweils die durchgefeierten Berliner Nächte mit dem Anblick der aufgehenden Sonne ausklingen lassen. Manchmal mit und manchmal ohne Begleitung eines Mädchens nehme ich an – dahingehend hat er sich ausgeschwiegen. Jedenfalls hat er voller Stolz vom Ausblick geschwärmt.»
    Havering schaltete sich nach längerem Zuhören in das Gespräch mit ein. «Das klingt durchaus einleuchtend. Auf dem Dach ließe sich leichterhand ein Paket oder ein sonstwas verstecken, ohne dass es jemand mitkriegt. Ich glaube nicht, dass alle Gäste über den Leichtsinn Carls verfügen und sich da hochwagen. Gibt es in den Tweets vielleicht noch einen Hinweis, wo auf dem Dach das Versteck zu finden sein könnte?»  
    Tony blickte ihn an, und dann wieder zurück auf das bedruckte Blatt Papier vor sich. Er murmelte etwas Unverständliches, starrte ganz zuoberst auf den Ausdruck und sprach auf einmal deutlicher. «Audaces fortuna iuvat. ’Das Schicksal hilft den Wagemutigen’. Latein. Einerseits unterstreicht dies die Geschichte mit dem Draufgängertum und der Dachkletterei. Und es könnte auf dem Dach irgendwo eine entsprechende Botschaft vorhanden sein, in deren Nähe sich das Versteck befindet. Ich glaube, wir haben die Lösung.»
    Havering lächelte müde. «Prima. Das klingt nach einem Plan. Wer fährt nach Berlin? Natalia und ich scheiden aus, wir werden international gesucht. Das wäre ein zu heisser Tanz. Du, Tony, scheidest ebenfalls aus. Gemäß neusten Informationen sollst du ja ein gesuchter Terrorist sein. Vince ist noch nicht reisefähig. Bleibt nur unser Herr am Fenster.»
    Der Asiate ließ sein Smartphone sinken, auf welchem er sich während dem Gespräch Notizen gemacht hatte. «Ich habe aufmerksam zugehört und mich bereits entschieden. Ich werde der Sache nachgehen.» Er wandte sich zum Gehen.
    Vince erhob sich ruckartig und humpelte auf den Asiaten zu, während er mit seinem gesunden Arm auf ihn zeigte. «Ich bin dagegen! Ich trau dir nicht. Du spielst falsch, ich spür’s vom Magen bis zu den Zehenspitzen! Tony, unternimm was! Schick Havering. Oder lass mich mitfahren! Ich traue dem Schlitzauge nicht über den Weg, der wird uns keine Informationen zurückbringen.»
    Der Mann namens Naoto machte einen halben Schritt zurück und hob die Arme in Kampfposition. Er ließ ein scharfes «Bleib stehen!» verlauten.
    Vince machte keine Anstalten, der Anweisung Folge zu leisten. Er griff nach dem Holzstuhl neben dem Schreibtischchen, hob ihn mit seinem gesunden Arm in die Höhe und zog die Schultern hoch wie ein Boxer.
    Tony brachte kein Wort heraus. Havering stellte sich zwischen die Streithähne. «Stopp! Was ist denn in euch gefahren. Aufhören! Vince! Was ist los mit dir?!»
    «Ich trau dem Reisfresser nicht. Keine Sekunde. Er hat uns nur gerettet, weil er noch keine neuen Hinweise erhalten hat. Der hat einen eigenen Plan, ich weiß es einfach. Verdammter Schwindler! Wenn ihr den gehen lasst, werden wir ihn nie wiedersehen. Bei der erstbesten Gelegenheit setzt der sich ab. Und wir sind angeschmiert.»
    Tony seufzte. «Vince, bitte lass den Stuhl los! Wir haben keine Wahl. Havering wird gesucht, Natalias ist inzwischen auch auf der Fahnungsliste als vermeintliche Überläuferin, du bist verletzt. Es bleibt uns nichts anderes übrig als Naoto zu vertrauen. Ob es dir passt oder nicht.»
    «Er oder ich. Ich hab die Schnauze voll. Wie könnt ihr nur so blind sein?»
    Tony ging auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. «Komm schon, wir sind schon soweit gekommen. Beruhig dich wieder!»
    Vince grummelte und stellte den Stuhl wieder hin. Als er sich umdrehte, war der Japaner verschwunden.  

    2

    Takeda trat auf das Gaspedal und lenkte den Wagen auf die Überholspur. Seit einigen Stunden war er auf der französischen Autobahn unterwegs in Richtung deutsche Grenze. Der Tag neigte sich langsam dem Ende zu. Er war lang und heiß gewesen. Ein oranger Streifen verlief entlang des Horizontes. Der Himmel war klar und kobaltblau.  
    Takeda stellte die Klimaanlage des Citroën auf 22 Grad Celsius.

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