SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
dies sei ein Friedhof. Prunkvoll, aber verlassen. Egal! Takeda hat recht. Wir haben keine Wahl.
Havering spähte durch die Zwischenräume der eisernen Verstrebungen auf den dahinterliegenden Vorplatz des Anwesens. Zwei Wagen standen vor dem Eingang zur kubisch gebauten Villa in modernem Stil. Ein dunkler Aston Martin und ein heller Mercedes. Unter einem kleinen bedachten Unterstand parkte ein weiteres Fahrzeug, welches mit einer Haube zugedeckt war.
Aston Dark. Ich glaube, ich werde langsam abergläubisch. Tony schüttelte den Kopf und starrte durch die Verstrebungen des Tores.
Es war niemand zu sehen. Die Beleuchtung des Anwesens war dezent, aber trotzdem ausreichend hell, um alle Details zu erkennbar zu machen.
Ohne Zweifel das Werk eines oder mehrerer Meister ihres Faches. Am nötigen Budget dürfte es Kranyek auf jeden Fall nicht mangeln.
Die im Boden eingelassenen bläulich-blassen Lichter neben und vor dem wuchtigen Gebäude betonten die Form der modernen Architektur auf raffinierte Weise.
«Wir sind geladene Gäste, vielleicht sollten wir einfach mal klingeln.» Tony trat zum weiß eingerahmten Display, auf dessen Touchscreen eine Glocke zu sehen war.
«Tony hat recht. Wir haben eine Verabredung, also wäre es nichts als höflich, erst einmal anzuklopfen.» Takeda war sich seiner Sache ziemlich sicher.
Vince blickte misstrauisch hinüber zu Takeda.
Havering nickte.
Tony betätigte die Klingel.
Nichts geschah.
«Vielleicht sitzt Kranyek in seinem Lieblingssessel auf der anderen Seite der Villa am Meer und genießt die windstille Sommernacht bei einer kubanischen Zigarre und einem edlen Tropfen, während er auf uns wartet. Und wir schleichen hier rum wie die Deppen. Zuzutrauen wär ihm das. Lasst uns drinnen nachschauen!» Tony verstummte und trat durch das einen Spalt weit geöffnete Tor. Er wunderte sich ob der Abwesenheit von Sicherheitsleuten, schrieb die Merkwürdigkeit der Situation jedoch der allgemeinen Abgedrehtheit ihrer Lage zu.
Die anderen drei folgten ihm ohne ein Zögern. Sie traten auf den Vorplatz der Villa und sahen sich um, während sie sich dem Gebäude näherten. Vince drehte sich um und ging einige Schritte rückwärts der Villa entgegen, während er in alle Richtungen nach unbestimmten Dingen Ausschau hielt.
«Ich gehe da nicht rein. Werd mich im weitläufigen Garten umschauen, die Gegend absichern. Hier ist was faul, ich spür’s vom Magen bis zum Hirnrand.» Vince duckte sich leicht und schlich sich am Nebentrakt des Gebäudes vorbei in die Dunkelheit davon.
«Tja, der taucht schon wieder auf. Naoto und ich werden hier vor dem Eingang auf dich warten. Schau zu, dass deine Unterredung nicht allzu lange dauert!» Havering blickte Takeda an, dieser verschränkte die Arme und nickte.
Tony war einverstanden. So wie er Kranyek kennengelernt hatte, würde das Treffen nicht die halbe Nacht in Anspruch nehmen.
Er ging auf die Eingangstür zu, welche aus feinstem dunklen Holz gefertigt war. Auch da gab es eine Touchscreen-Klingel. Er berührte sie.
Keine Antwort.
Seine Hand ging vom Touchpanel zur Türklinke. Er drückte sie nach unten.
Nicht verschlossen.
Tony warf einen Blick zurück zu Havering und Takeda und zuckte mit den Schultern. Er öffnete die Tür und trat ein.
Sechzehntes Kapitel
Jäger und Gejagte
1
Die Umgebung sah aus wie eine Mondlandschaft. Schroffe Felsen, kraterartige Senken im Boden, staubiger Wind. Nabadoon trat auf die Straße und streckte sich. Sein linkes Bein fühlte sich taub an, der Verband war etwas zu eng geschnürt. Die zahlreichen halbverheilten Wunden brannten auf seiner Haut.
1100 Kilometer durch Staub und Sand lagen hinter ihm und seinen Gefährten. Garoowe, Burco und Hargeysa hatten sie passiert und gehofft, dass der Wagen die Strapazen mitmachen würde. Der alte Pickup hatte mit Ach und Krach bis auf die letzten Meter durchgehalten. Die ersten armseligen Gebäude der Außenbezirke von Djibouti lagen hinter ihnen, die Innenstadt nur noch wenige Kilometer entfernt.
Nabadoon biss auf die Zähne und ächzte.
18 Stunden Fahrt. Keine Zeit zum Ausruhen. Wir müssen so schnell wie möglich zum Hafen gelangen. Verdammte Schmerzen! Ich fühl’ mich wie von tausend Wespen gestochen.
Nabadoon hatte unbeschreibliches Glück gehabt. Er sah dies als sein Schicksal an. In der Nacht des Überfalles vor einigen Wochen in Eyl war sein Beifahrer und Kampfgefährte Djamal von zwei Dutzend Kugeln zerfetzt und auf
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