SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
Bremsen kam der alte Pickup vor dem schäbigen Gebäude zu einem Halt, in dem sich Mohammeds Spezialwaren-Laden befand. Der Eingang des unscheinbaren Lokals, welches zur Avenue 13 hin gelegen war und einen einfachen Lebensmittelladen beherbergte, befand sich in der Nähe zur Kreuzung mit dem Boulevard du General de Gaulle. Gegenüber lag ein heruntergekommenes Bordell.
Es war ein Dienstag: die Bewohner der Gegend schienen sich bereits damit abgefunden zu haben, dass genau so wenig los war, wie an jedem anderen hundskommunen Wochentag um diese Zeit. Am frühen Nachmittag kam die Stadt jeweils zum Erliegen. Die Hitze war unerträglich; die gesamte Bevölkerung – vom Straßenhändler bis zum Regierungschef – zog sich zum Kath-Kauen zurück. Die Abende und Nächte verliefen entsprechend ruhig in Djibouti.
Totenstill. Kein lebendes Wesen in Sicht. Perfekt!
Nabadoon öffnete die Autotür und hievte sich aus dem Beifahrersitz. Er wies Kalil an, in den Hinterhof zu fahren.
Er selbst ging im schwachen Licht der Verandalampe neben dem Eingang zum Fenster und spähte hinein.
Niemand zu sehen. Die pennen wohl schon alle. Keine Stunde nach Mitternacht, und schon schwelgen die in dicken Träumen vom großen Glück. Na wartet!
Nabadoon griff nach hinten an seinen Gürtel und holte den 45er-Magnum hervor. Er sah sich hastig um und schritt mit gesenkter Waffe an der Mauer entlang in Richtung Hinterhof.
3
«Ich weiß nichts, ich schwöre es bei Allah und den sieben Himmeln des Propheten! Bitte, bitte, ich hab doch nichts getan!»
Der Lauf von Nabadoon’s Revolver bohrte sich tiefer in Mohammeds Wange, welcher sich jammernd und wehklagend auf seinen Knien wand. Arif passte auf den Wagen auf, Kalil stand am Eingang, welcher mit einem Vorhang verdeckt war, während Nabadoon den guten Händler Mohammed im Hinterzimmer von dessen Lebensmittelladen in die Mangel nahm.
«Erzähl mir keinen ausgetrockneten Ziegenscheißdreck! Ich weiß genau, dass du Beziehungen hast zur Hafenpolizei. Sonst wäre dein ganzes Melonentheater für nichts!»
Um seiner Rede zusätzliche Kraft zu verleihen, fegte Nabadoon den Wandvorhang zur Seite und stampfte hinkend in den öffentlichen Teil des Ladens, der im Dunklen lag. Er schnappte sich eine Wassermelone und kehrte schnaubend in das Hinterzimmer zurück.
«Jetzt sieh dir mal an, was mit deiner Rübe passiert, wenn du nicht augenblicklich mit der Wahrheit rausrückst!» Nabadoon wischte die herumliegenden Papiere beiseite und knallte die etwa zwei Kopf große Frucht auf Mohammeds Schreibtisch. Er richtete seinen Revolver auf die dunkelgrün gesprenkelte Hülle und drückte ab.
Die Wucht des Knalles überraschte gar Nabadoon für einen Moment. Hellrotes Fruchtfleisch und schwarze Kerne spritzten kreuz und quer durch den grellneon erleuchteten Raum.
Ein Raunen ging durch das ganze Gebäude.
«Bitte, meine Frau, meine Kinder. Bitte! Bitte!» Mohammed jammerte und scharwenzelte, als wenn es um sein Leben samt seinem Vermögen inklusive Ticket zum Paradies ginge.
In Tat und Wahrheit verflucht er sich lediglich wegen der Tatsache, dass er seine Sicherheitsleute bereits nach Hause geschickt hat. Armer Irrer! Hat er doch tatsächlich gedacht, die heftigsten Verhandlungen finden bei Tage und auf Anmeldung statt. Sein Pech, unser Glück.
«Wir wollen von dir lediglich ein paar Namen, werter Mohammed. Dann bist du uns los. Der Name eines Hafenpolizeioffiziers, derjeniges seines Vertreters oder seines direkten Vorgesetzten. Und die übliche Summe. Das ist alles.»
«Nordtor, beim CFS Warehouse. Fragt nach Aden Farah. Sein Vorgesetzter heißt Waris Hersi Kusow. Und jetzt lasst mich in Frieden!» Mohammed hob die Arme über den Kopf und zog sich in eine Ecke seines kleinen Büros zurück.
«Wo stecken deine Fahrer? Wir brauchen einen deiner Laster samt Chauffeur. Raus mit der Sprache! Oder ich schwöre, ich reiße dir die Zunge raus!»
«Suleyman! Er ist in der Bar 13, gleich um die Ecke! Bitte. Tu mir nichts!»
«Besten Dank, Großhändler!»
4
Keine zwei Minuten später brauste der Pickup mit Nabadoon und Arif wieder durch die nachtverlassene Stadt in Richtung Frachthafen. Sie passierten mehrere Kreisel in halsbrecherischem Tempo und gelangten auf die Avenue General Galleni, welche direkt zu ihrem Ziel führte.
Suleyman hatten sie zuvor in leicht angetrunkenem Zustand in der Bar 13 aufgegabelt. Mohammed hatte also die Wahrheit gesagt.
Nabadoon hatte Suleyman aus der
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