SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
Erlebnis in der Schweiz und nach den Ausführungen von Vince bereits vermutet. Trotzdem war es schwer zu sagen, um wen es sich bei den Angreifern in meinem Fall gehandelt haben könnte.» Havering deutete auf die Stelle an der Wand, wo sich die Zettelgruppen St. Moritz und Illanz befanden. «Es gab weder bei den Vorfällen im Engadin noch in Illanz einen direkten Hinweis auf die Phy. Auch der Mord an Wynter in Zürich war nur schwerlich direkt mit der Legion in Verbindung zu bringen. Aber dadurch zeichnen sich die Schattenmänner der Phy wohl aus. Sie existieren quasi gar nicht, arbeiten verdeckt und da, wo niemand hinsieht. Entsprechend schwierig dürfte es sein, dem Pack überhaupt irgendetwas anzuhängen.»
Takeda nickte, hörte aufmerksam zu und kam dann auf Berlin zu sprechen. «Ich habe im Hotel Magnus tatsächlich einen neuen Hinweis gefunden. Die Nachricht war in einem Abflussrohr versteckt. Hat jemand eine Ahnung, um was für eine Nummer es sich dabei handeln könnte?»
Tony war sichtlich erfreut und ergriff das Wort. «Ganz klar eine US-amerikanische Mobiltelefonnummer. Das ist ganz sicher ein Hinweis von Carl, das kann kein Zufall sein! Am besten rufen wir da gleich mal an, vielleicht können wir auf dem Weg sogar mit ihm sprechen.»
Natalia mahnte zur Vorsicht. «Das glaube ich nicht. Das Risiko wäre zu hoch. Ich gehe davon aus, dass die Nummer zu einer Voicemail führt. Wahrscheinlich ist da eine Nachricht für uns hinterlegt.»
Tony wurde sichtlich nervös. Er brannte darauf, jetzt gleich die Nummer zu wählen, und griff nach seinem Mobiltelefon.
Havering redete ihm gut zu und versuchte, ihn zu beruhigen. «Tony, ich verstehe dein Bedürfnis, auch jedem noch so kleinsten Lebenszeichen deines Bruders nachzugehen. Aber immer mit der Ruhe! Lasst uns zuerst alle Fakten zusammentragen und dann die nächsten Schritte planen!»
Natalia stimmte Havering zu.
Vince zuckte mit den Schultern und folgte der Unterhaltung mit mürrischem Blick.
«Da ist noch der Umschlag.» Havering deutete auf den Schreibtisch.
Auf einen Schlag starrten alle gebannt auf den hellbraunen Papierumschlag, welcher auf dem Tisch vor der Faktenwand lag.
«Verdammt, den hätte ich fast vergessen. Wir wollten warten bis Naoto wieder da ist. Ja, lasst uns nachsehen, was uns Kranyek zu sagen hat.» Tony schritt zum Tisch und öffnete den Umschlag mit einer energischen Bewegung. Ein einzelnes bedrucktes Blatt Papier befand sich darin, dazu ein Schließfachschlüssel.
Tony starrte gebannt auf die Zeilen.
«Nun lies schon vor!» Natalia wurde nun ihrerseits nervös.
«Okay, okay. Moment!» Tony räusperte sich und las vor: «Besten Dank für Ihre Arbeit, Sie haben meine Ansprüche mehr als erfüllt. Der Abschluss des Auftrages verlief nicht ganz nach Plan, aber darüber werde ich für einmal hinwegsehen. Sie haben sich als überaus nützlich erwiesen. Wenn Sie noch daran interessiert sind, über die eine Sache zu sprechen, besuchen Sie mich in meinem Haus außerhalb von Cannes. Sie kennen den Preis. Verfahren Sie mit dieser Nachricht wie immer.
Ps: Der beiliegende Schlüssel gehört zu einem Schließfach am Flughafen Cannes. Es enthält die Bezahlung für Ihre Dienste. Und die Anschrift meines Hauses.»
Schweigen im Raum.
«Jawohl! Also für mich klingt das nach einer Einladung. Wir haben es geschafft. Kranyek wird uns tatsächlich Zugang zur Legion verschaffen.» Tony war hoch erfreut.
«Ich wäre da noch etwas vorsichtiger. Wir haben noch gar nichts gewonnen, außer dass wir auf sämtlichen internationalen Fahndungslisten stehen, mit Ausnahme von Naoto.» Natalia mochte sich nicht recht freuen.
Havering ergriff das Wort. «Lasst uns die Nummer anrufen, die Naoto gefunden hat! Vielleicht bringt uns das weiter.»
Tony griff nach seinem Mobiltelefon auf seinem Nachttisch und wählte die Nummer. Er stellte das Telefon auf Lautsprecher und drehte die Lautstärke auf.
Es klingelte. Einmal. Zweimal. Dreimal. Viermal.
Ein Klicken in der Leitung.
Dann meldete sich eine Frauenstimme. Sie klang merkwürdig, wie vom Band. Es handelte sich um eine synthetische Stimme, wie sie auf Computern existiert, um Text in Sprachausgabe wiederzugeben. Sie wiederholte etwa ein Dutzend Mal denselben Satz, jeweils gefolgt von einer kurzen Pause.
«Donnern in der Brandung, der Club Dumas»
Die Stimme verstummte. Dann ein Piepston. Dann nichts mehr.
Tony hängte auf.
Schweigen machte sich im Raum breit. Die Ratlosigkeit
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