SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
zufolge war es dunkel und still im Hotel. Kein Anzeichen von Überlebenden oder Terroristen.
Der heftige Schneefall, die Windböen und die Tatsache, dass sämtliche schweren Hotelgardinen im Ostflügel zugezogen waren, gestatteten keine verlässliche Einschätzungen der Lage.
Wir müssen wohl oder übel da rein.
Die Berichte der geflohenen Angestellten und Gäste, welche mit Unterstützung der lokalen Behörden seit dem frühen Morgen befragt worden waren, fielen widersprüchlich und verwirrend aus. Das Einzige, was aus dem kruden Durcheinander von Aussagen als Gemeinsamkeit herausstach, waren Berichte über ein Feuergefecht irgendwo im vierten oder fünften Stock des Ostflügels.
Seriefeuer, einzelne Schussabgaben und Lärm von berstendem Holz, Glas und Verputz seien bis hinunter in die Lobby deutlich hörbar gewesen. Eine oder zwei kleinere Detonationen hatten das Gebäude erschüttert.
Andere Zeugen behaupteten steif und fest, es seien auch im Westflügel Schüsse abgegeben worden. Schwer zu sagen ob dies auf den Schock oder auf zuverlässige Beobachtungen zurückzuführen war.
Auch stand fest, dass kurze Zeit vor der Schießerei der Strom im ganzen Gebäude ausgefallen war.
Die Schüsse hätten auf ein Attentat oder eine schiefgegangene Entführung hindeuten können, wäre nicht ein Bekennerschreiben eingegangen. Darin hatte sich eine neue Terroristengruppe namens Hapoahoe Ononjehne Yeyhr zum Angriff bekannt – was soviel bedeutete wie «Volksfront zur Befreiung Tschetscheniens».
Die via E-Mail übermittelte Nachricht an verschiedene Stellen der Behörden enthielt die Drohung, dass bei einer Stürmung des Hotels durch die Polizei alle Geiseln sterben würden. Eine weitere Botschaft wurde darin angekündigt.
Am Nachmittag war das zweite Schreiben eingetroffen. Die tschetschenischen Geiselnehmer verlangten nach einer gepanzerten Limousine. Einen Teil der Geiseln wollten sie weiterhin in Gewahrsam halten nach Abzug aus dem Hotel. Ihre Hauptforderung blieb weiterhin ein Rätsel. Abgeschlossen wurde die Nachricht mit der Ankündigung, dass sie sich zu gegebener Zeit wieder melden werden.
Die angekündigten Forderungen waren aber bisher ausgeblieben, und Details dazu in diesem Moment reine Mutmaßungen.
Fest stand, dass es sich um eine lange im Voraus geplante Aktion mehrerer Täter handelte, welche sich allem Anschein nach immer noch im Luxushotel verschanzt hielten, gemeinsam mit den letzten vermissten Gästen. Auf die zahlreichen Lautsprecherdurchsagen der Polizei hatten die Geiselnehmer bisher keine Reaktion gezeigt.
Kommandant Felber breitete die bisher bekannten Fakten vor seinem inneren Auge nochmals aus, während er die Journalisten und Beamten im Schneetreiben beobachtete. Die Zahl der Geiseln war nach neusten Befragungen von 40 auf 8 hinunterkorrigiert worden. Acht zuviel!
Nach einer Weile stapfte er durch den Schnee zum Einsatzwagen zurück, der auf dem Schulhausplatz stand, öffnete die schwere Tür des Truppentransporters. Er bemerkte den vierten und letzten Gruppenführer, wie er gerade laut schnaubend am schmalen Tisch im Einsatzwagen Platz nahm und sich vom angesammelten Schnee auf seiner schwarzen Uniform befreite.
Der Hauptmann trat hinzu, begrüßte seine Kaderleute und kündigte die Operation zur Stürmung des Gebäudes an.
«Meine Herren, es geht los. Bereiten wir dieser üblen Geschichte ein Ende.»
Ein Raunen ging durch die Runde.
«Ruhe bitte! Die Situation ist wie folgt.» Der Hauptmann erläuterte seine Befehle anhand von Lageplänen, Grundrissen und Fotos des Gebäudes.
Vorgesehener Start der Aktion war 00.30 Uhr. SpezialEinsatzTrupp STAHL wurde angewiesen, den zentral auf der Bergseite gelegenen Haupteingang zu stürmen und die östliche Hotel-Lobby zu sichern.
SET SAPHIR wurde angehalten, via dem am Westflügel gelegenen Nebeneingang in das Gebäude zu gelangen und nach der Sicherung des grossen Speisesaals bei der zentralen Lobbymit SET STAHL zusammenzutreffen.
Die Anführer von STAHL und SAPHIR erhielten den weiteren Befehl, nach der Hotel-Lobby das gesamte Erdgeschoss und die Untergeschosse mit Küche, Pool, SPA und Keller zu durchforsten. Weitere Befehle zu späterem Zeitpunkt.
Die Lieutenants begutachteten die Grundrisspläne aufmerksam. Sie schärften sich jedes Detail ein.
Einsatzleiter Felber fuhr mit seinen Ausführungen zur Lage und Bauweise des Hotels fort. Das Plaza stand parallel zur Straße, welche vom
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