SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
im Keller nachsehen, was Carl mit den Utensilien gemeint hat! Das klingt mal richtig interessant.» Vince erhob sich mit einem Ruck aus dem Sessel.
Ein Klopfen am Fenster schreckte die drei auf. Es war der Asiate, welcher die Hand zum Gruß an die Stirn hob.
Tony öffnete die Verandatür. «Gut, dich zu sehen! Wir haben Neuigkeiten für dich.»
«Und ich habe Neuigkeiten für euch. Offenbar sind zwei hochrangige Phy-Manager von der mexikanischen Drogenmafia umgelegt worden. Vor etwa einer Woche fand man die Leichen in einem Hinterhof hier in New York. Versehen mit dem unverwechselbaren Zeichen der Absender.»
«Wahrscheinlich unzufriedene Kundschaft.» Vince verzog das Gesicht.
Tony schilderte Takeda die Erkenntnisse aus Carls Botschaft und zeigte ihm die Bilder.
«Ich verstehe. Dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als auszuharren und zu warten, bis sich dein Bruder wieder meldet.»
3
Vince stemmte das Brecheisen mit seinen kräftigen Armen nach unten. Der Nagel löste sich mit einem Knarren aus der Holzdiele. Er packte das Brett und hob es an. Das Holzstück löste sich vom Boden. Er griff in das dunkle Loch, das da prangte.
«Eine hellbraune Sporttasche. Ziemlich gross. Und schwer.»
Tony, Takeda und Havering standen um den am Boden knienden Vince herum und harrten gespannt der Dinge, die da aus der Versenkung kommen mochten.
Vince entfernte eine zweite Diele und hob die Tasche an den Henkeln aus der Vertiefung. Sie war etwas mehr als einen Meter lang und einen halben Meter dick.
«Ich glaub’ ich ahne, was da drin ist.» Vince lächelte. Mit einem dumpfen Rumpeln legte er das längliche Gepäckstück auf den Dielenboden und öffnete den Reißverschluss. Darin befanden sich mehrere in dunklen Kunststoff gewickelte Gegenstände. Vince machte sich daran, die Hüllen zu entfernen.
«Seht ihr? Carl versteht wirklich was von Nützlichkeit.» Vince stand auf und stemmte die Arme in die Seiten.
Tony traute seinen Augen kaum. Vor ihm ausgebreitet auf dem Dielenboden lag eine imposante Auswahl verschiedener Schusswaffen. Eine Pump-Action-Schrotflinte, zwei Sturmgewehre, eine Maschinenpistole, drei kleinere Pistolen und diverse volle Magazine. Dazu ein gutes Dutzend Munitionskartons verschiedener Art und Größe.
«Würde mich nicht wundern, wenn dein Bruder auch noch einen Panzer im Garten vergraben hat.» Havering lächelte und stupste Tony mit dem Ellbogen in die Seite.
Tony war nicht zum Lachen zumute. Ihm hatte es die Sprache verschlagen.
«Also ich seh’ das positiv. Vielleicht werden wir uns bald zur Wehr setzen müssen, und wenn es soweit kommt, fühl ich mich wesentlich wohler mit diesen netten kleinen Geschenken.» Vince packte eines der Sturmgewehre und zog den Verschluss ein Stück nach hinten. «Einwandfrei gepflegt. Eingeschossen. Beste Qualität. Nicht wie die lausigen M16 der U.S.-Army. Geschweige denn Kalaschnikows. Nein, meine Herren. Das hier ist richtig hochklassige Ware.» Er strahlte über das ganze Gesicht.
4
Die Straßen waren verlassen. Ein paar vereinzelte fahle Lichter erhellten den nassen Asphalt der noblen Wohngegend Bethesda nördlich von Washington D.C. Die Nachbarschaft, in der Walter Benjamins Haus stand, lag still in der lauen Frühlingsnacht.
Tony, Vince, Havering und Takeda hatten ihren Wagen nach einer gut fünfstündigen Fahrt in sicherer Entfernung abgestellt und näherten sich zu Fuß dem ansehnlichen Anwesen. Ein paar Häuser entfernt standen sie unter der mächtigen Krone eines Platanenbaumes und beobachteten die Straße.
Vince war eben von einer Erkundung zurückgekehrt. Ihn kannte hier mit Sicherheit niemand, er stand auf keiner Fahndungsliste. Er war vor dem Benjamin-Haus vorbeigebummelt – einen abendlichen Spaziergänger mimend – und hatte sich nach patrouillierenden Beamten umgesehen.
«Es sind zwei. Sie sitzen in einem Streifenwagen vor Benjamins Haus, trinken Kaffee und fressen Donuts. Harmloser geht’s nicht. Die sind wohl sogar zu faul, um ein paar Mal pro Stunde eine Runde um das Haus zu drehen. Ich sage, wir gehen rein.» Vince konnte es kaum erwarten, den hohen Beamten Benjamin zu treffen. Vielleicht war es aber auch die schlichte Aussicht auf ein Abenteuer, das ihn antrieb.
«Sehe ich auch so. Es gibt ausreichend Platz zwischen den beiden Nachbarhäusern und Benjamin’s Anwesen. Und es existieren keine Zäune, die Gegend hier ist zwar gediegen, aber nicht superexklusiv.» Havering wies die anderen an,
Weitere Kostenlose Bücher