Summer Sisters
die Freude am Himmel und an den Bergen und dem Tal, die Freude, es geschafft zu haben, und die Freude, es nie wieder schaffen zu müssen.
Am nächsten Morgen wurde Jo um elf Uhr vom Klingeln ihres Handys geweckt.
»Hallo?«
»Jo, ich bin’s.«
»Wer ist ich?«, fragte Jo verschlafen.
»Na ich - Bryn!«, krähte Bryn, als wäre sie schon immer Jos beste Freundin gewesen und es hätte nie irgendein Problem zwischen ihnen gegeben.
Jo erinnerte sich bruchstückhaft an den gestrigen Abend, ihre Erinnerung setzte bei den Tacos ihres Vaters ein und spulte sich dann zurück bis …
»Du musst sofort herkommen«, sagte Bryn aufgeregt.
»Wohin?«
»Ins Surfside !«
»Warum?«
»Ich glaube, Richard will mit dir reden.«
Und wenn schon. Das Surfside schien auf einmal unendlich weit weg.
»Bryn, ich kann nicht kommen. Ich bin gar nicht in Rehoboth. Ich bin zu Hause.«
»Dann komm doch einfach wieder her!«
»Nein! Ich bin rausgeschmissen worden, schon vergessen? Warum will Richard überhaupt mit mir reden?«
»Weil er rausgekriegt hat, was passiert ist.«
Jo lehnte sich ins Kissen zurück, strampelte die Bettdecke weg und kreuzte die Beine.
»Okay«, sagte sie. »Was ist passiert?«
»Megan hat alles beobachtet. Nachdem du weg warst, hat sie Richard erzählt, dass Effie dich angerempelt hat und du deshalb das Tablett hast fallen lassen. Carlos sagt, er hätte es auch gesehen.«
Jo setzte sich kerzengerade auf.
»Wirklich?«, fragte sie gespannt.
»Ja. Richard hat Effie rausgeschmissen und sie ist völlig durchgedreht.«
Jo konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Echt? Was hat sie denn gemacht?«
»Sie war stinksauer auf Megan und hat wild rumgeschrien und sogar ein paar Gäste angepöbelt.«
»Ach komm!«
»Doch, ehrlich, das hättest du mal sehen sollen! Richard hat gedroht, er würde die Polizei rufen, wenn sie nicht auf der Stelle verschwindet.«
Jo schüttelte den Kopf. Das war schon fast zu viel des Guten.
»Unglaublich, oder?«, sagte Bryn.
»Unglaublich«, stimmte Jo zu.
»Als ich vorhin ins Restaurant kam, haben alle gesagt, wie leid du ihnen tust und wie ungerecht es ist, dass du dafür rausgeschmissen worden bist und alles«, erzählte Bryn.
In diesem Moment wurde Jo klar, dass Bryn bei jedem Streit mitmischen würde, ganz egal auf wessen Seite - Hauptsache, sie war dabei.
»Und jetzt rate mal, was noch passiert ist!«
Jo hatte nicht die geringste Ahnung.
»Zach ist hier. Er wollte auch, dass ich dich anrufe.«
Jo musste das Handy kurz vom Ohr nehmen und die Augen schließen. Dann hielt sie es ans andere Ohr.
»Ach echt?«
»Ja, und er will dich unbedingt sehen. Du musst zurückkommen, Jo, ehrlich! Okay, die Ferien sind schon fast vorbei, aber Richard stellt dich bestimmt trotzdem wieder ein. Er hat gesagt, dass du eine erstklassige Hilfskellnerin bist.«
Jo musste lachen. »Das hat er wirklich gesagt?«
»Ja. Wortwörtlich sogar. Es tut allen echt leid, was passiert ist. Es ist so was von unfair. Ich hab versprochen, dich anzurufen und dir alles zu erzählen. Alle wollen, dass du zurückkommst und heute Abend mit um die Häuser ziehst. Das wird bestimmt total lustig!«
Jo nickte. Aus der Küche drang der Duft von etwas Gebratenem nach oben. Sie schnupperte. Speck?
»Also was ist, kommst du?«, fragte Bryn.
Jo schwieg.
»Komm schon, Jo, überleg doch mal, wie toll das wird, wenn wir dann auf die Highschool gehen und alle wissen, dass wir mit den ganzen coolen Älteren befreundet sind.«
Am Anfang der Sommerferien hätte Jo nichts lieber gewollt
als das, aber jetzt klang es überhaupt nicht mehr verlockend. Sie wusste mittlerweile genau, was Bryns Freundschaft wert war.
Jetzt erschnupperte sie auch den Duft von Spiegeleiern. Und von Toast. Sie stellte sich ihren Vater vor, der in der Küche stand und mitten in dem völligen Durcheinander ein köstliches Essen zauberte.
»Nein«, sagte sie. »Ich bleibe lieber hier.«
Der Saft der Weide ist dünnflüssig und fließt reichlich. Manche Menschen glauben, dass die Nähe des Baumes helfen kann, Zugang zu unterdrückten Gefühlen zu bekommen und Kummer und Verlust zu verarbeiten.
22
»Heute lernt ihr in unserem Workshop etwas über typgerechtes Styling und Mode, morgen über Haare und Make-up und am dritten Tag übt ihr den Gang über den Laufsteg und das Posen vor der Kamera. Am letzten Nachmittag zeigt ihr dann alles, was ihr bis dahin gelernt habt, im Wettbewerb«, beendete Karen ihre
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