Summer Sisters
zu trennen?
»Ich glaube, du bist dran.«
Mandy zeigte auf eine ganz in Schwarz gekleidete Frau, die auf ihr Klemmbrett klopfte. Sie hieß Jackie, wie das Namensschild an ihrem T-Shirt verriet.
»Welche Konfektionsgröße hast du?«, erkundigte sie sich, nachdem sie Pollys Namen und Teilnehmernummer abgehakt hatte.
»Das weiß ich gerade gar nicht. Ich bin... ich hab ziemlich viel …«
»Was?«
»Äh...« Polly war wegen des Armbands immer noch völlig durcheinander und musste sich erst wieder fangen. Sie riss sich zusammen. »Ich wollte sagen, dass ich eine Diät gemacht und ziemlich viel abgenommen habe. Deshalb weiß ich momentan nicht genau, welche Größe ich habe.«
»Alles klar«, sagte Jackie unbeeindruckt und musterte Polly von oben bis unten. Sie hatte sicher schon viele dünne Mädchen gesehen und von etlichen verrückten Diäten gehört. »Du bist ziemlich klein. Dafür hast du Kurven.«
»Dagegen tu ich gerade was«, sagte Polly schnell.
»Was soll das denn heißen? Kurven sind doch hübsch.«
»Aber nicht bei Models.«
»Es müssen ja nicht alle wie Models aussehen.«
»Models schon.«
Jackie sah Polly an, als würde sie einen Witz machen. Aber Polly war es ernst.
»Glauben Sie, ich hab die falsche Figur für ein Model?«, fragte sie.
Jackie atmete hörbar aus. »Schätzchen, mein Job hier ist es, die passenden Klamotten für dich zu finden, nicht deinen Körperbau zu beurteilen.«
Am letzten Abend bürstete Ama am Lagerfeuer sorgfältig Maureens Haare und flocht sie zu zwei dicken, glänzenden Zöpfen. Sie hatte den letzten Rest ihres Kiel’s Balsams geopfert, um Maureen seine magischen glättenden Kräfte zu demonstrieren.
»Okay, lass mich mal sehen.« Ama drehte Maureen zu sich herum, um ihr Werk zu begutachten.
»Und, wie sieht es aus?«, fragte Maureen neugierig.
Ama versuchte, sich zu erinnern, wie Maureen am ersten Tag ausgesehen hatte, aber es gelang ihr nicht. Für sie gab es nur noch die hübsche Maureen, die jetzt vor ihr saß.
Carly hatte der Vorher-Nachher-Show gebannt zugeschaut.
»Wow. Total cool. Du wirst begeistert sein.«
»Wirklich?« Aufgeregt tastete Maureen mit den Fingerspitzen über ihre Haare. »Hast du es so gemacht wie bei dir?«
»Ja.«
»Gut.«
»Gut.«
Später am Abend machte Ama mit Noah einen Spaziergang. Sie fragte sich, ob er wohl ihre Hand nehmen würde, sobald sie aus der Sichtweite des Lagers waren, und tatsächlich nahm er sie auf dem Rückweg. Zuerst freute sie sich unbändig darüber, aber dann wurde ihre Hand vor Aufregung ganz feucht. Es war eine wunderschöne Nacht und am Himmel funkelten unzählige Sterne, aber sie konnte nur an ihre blöde verschwitzte Hand denken. Innerlich musste sie über sich selbst lachen. Als sie zum Lager zurückkehrten und er ihre Hand losließ, war sie fast ein bisschen erleichtert.
Später nach dem Zähneputzen stand er plötzlich neben ihr und küsste sie auf ihre Pfefferminzlippen. Dabei drückte er ihr einen Zettel in die Hand.
Sie ging zum Zelt, kuschelte sich in ihren Schlafsack und wünschte sich, sie könnte lesen, was auf dem Zettel stand, aber es war zu dunkel, um etwas zu erkennen. Auf einmal fiel ihr die Taschenlampe ein, die sie mithatte, und sie kramte sie aus dem Rucksack.
Auf der einen Seite des Zettels standen seine Telefonnummer und seine E-Mail-Adresse. Auf die andere Seite hatte er einen Baum gemalt, in dessen Rinde ein Herz mit ihren beiden Namen geritzt war.
»Meinen Sie, ich sollte lieber eine Perücke aufsetzen?«, fragte Polly.
»Nein, deine Haare sind wunderbar«, antwortete Geneviève, die Visagistin und Haarstylistin, geduldig.
Polly probierte trotzdem die rote Perücke. »Das sieht doch gut aus.«
»Schon, aber das... das bist nicht du.«
»Das ist mir egal.« Im Gegenteil, Polly fand sich sogar hübscher, wenn sie nicht so aussah wie sie selbst, aber das sagte sie nicht laut. »Wenn ich mir bloß nicht diesen Pony geschnitten hätte.«
»Ja, es dauert immer ewig, bis so was wieder rausgewachsen ist. Aber das ist jetzt nicht das Problem.«
Geneviève wurde allmählich ungeduldig. Die Show auf dem
Laufsteg begann in weniger als einer Stunde und sie musste noch vier andere Mädchen stylen.
Polly setzte eine blaue Perücke auf, dann eine in Pink mit hochgegelten Stacheln.
»Polly! Du darfst dir nicht über die Augen reiben, sonst verschmierst du das ganze Make-up!«
»Oh, Entschuldigung!« Polly vergaß immer wieder, dass ihre Augen geschminkt waren.
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