Summer Westin: Verhängnisvolle Spuren (German Edition)
aber nicht. Castillo hat fünf Verwarnungen wegen Bedrohung mit einer Waffe ausgestellt, Taylor ist auch schon bei drei. Hoffentlich werden wir nicht ein zweiter Yosemite.«
Sie wusste, was er meinte: dauernde Patrouillen mit Pistolen und Schlagstöcken.
Kent fuhr fort: »Ich musste auch drei Wilderern mit Gewehren die Leviten lesen. Sie haben es nicht gerade freundlich aufgenommen, sind aber friedlich abgezogen. Mesa Camp gehört heute Nacht mir allein. Jetzt sag du was.«
»Genieß die Stille und den Frieden. Was Neues von Zack?«
»Nichts. Und das heißt nichts Gutes … Als nächstes soll ich Apollo finden.«
Offensichtlich wusste er noch nicht, dass die staatlichen Jäger bereits bestellt waren. Sie würde ihn noch nicht in Kenntnis setzen. Sollte er noch einen Abend glücklich sein.
»Wow! Ich habe gerade eine Sternschnuppe gesehen! Vielleicht war es auch ein UFO – ich werd mal den Typen vom FBI fragen, ob er etwas darüber weiß.«
Sam überlegte, ob sie ihm sagen sollte, dass der Typ vom FBI die Nacht in ihrem Lager verbrachte, entschied sich aber dagegen. »Ich habe heute Abend Kojoten-Charlie gesehen.«
»Nackt?«
Sie schnaubte. »Diesmal nicht. War ein Stück weit entfernt. Mann, ist der schnell verschwunden. Kommt er eigentlich jemals ins Tal? Und wohnt er in der Nähe – vielleicht in Las Rojas oder Floral?«
»Hm. Habe immer nur gehört, er sei in den Bergen. Aber er muss ganz in der Nähe wohnen.« Ein paar Sekunden vernahm sie nur Kents ruhige Atemzüge. »Wäre doch irre, wenn sich herausstellte, dass er Englischlehrer oder etwas Ähnliches ist.«
Sie hatte sich nie vorgestellt, dass Charlie etwas sagte, geschweige denn, dass er einer regelmäßigen Arbeit nachging. Perez hatte recht. Ihre Vorstellungen vom Parkgespenst waren viel zu romantisch. Immerhin war Charlie auch nur ein Mensch. »Weißt du, wie er zu dem Namen Kojoten-Charlie gekommen ist?«
»Lass mich nachdenken.« Die Funkwellen knisterten. »Scotty – da habe ich ihn zum ersten Mal gehört.«
»Scotty, wie bei »Beam me up, Scotty’?«
»Wie bei Scotty McElroy – leitet den örtlichen Ableger des Sierra Clubs. Der ist zwanzig Jahre vor Eröffnung des Parks hier gewandert. Scotty war der Erste, der den Namen Kojoten-Charlie erwähnte.«
Sam notierte sich innerlich, die Information an Perez weiterzugeben.
»Suchst du nach ihm?«
»Möglicherweise weiß er was, das bei der Suche helfen könnte. Ich will ihm nur ein paar Fragen stellen.«
»Wollen wir das nicht alle?« Kent lachte. »Du läufst dir eher die Sohlen ab, als dass du ihn findest.«
»Vielen Dank für dein Vertrauen. Gute Nacht drei-drei-neun. Ende.«
»Nacht, Sam. Drei-drei-neun meldet sich ab.«
Perez legte den Kopf auf seinen zusammengerollten Hosen ab und lauschte dem leisen Murmeln von Summer Westin. Am Rhythmus erkannte er, dass sie ein Funksprechgerät benutzte, konnte den genauen Wortlaut aber nicht hören. Kurz überlegte er, ob er nicht näher gehen sollte, aber der Mond schien so hell, dass sie ihn sicher bemerken würde.
Was für eine wunderbare Nacht. Seit seiner Kindheit hatte er höchstens ein oder zwei Mal gezeltet. Summer Alicia Westin war eine paradoxe Mischung aus Naturweisheit und einer Nervosität, die er von Leuten mit hochstressigen Jobs kannte, als ob bei ihnen zu viele Drähte in zu wenige Anschlüsse passen mussten.
Ihm fiel eine Lakota-Sage ein von einem Zauberer, dessen schöne Frau immer wieder von übernatürlichen Wesen geraubt wurde – von Zauberbüffeln und Donnervögeln. Summer Westin müsste kein Tier wegschleifen, sie würde ihnen freiwillig folgen.
Die beiden Entführungen, an deren Ermittlungen er bislang beteiligt gewesen war, hatten in flachen Gräbern ihr Ende gefunden. Aber vielleicht war es ja diesmal gar keine Entführung, es passte alles nicht recht zusammen. Fischers unbestätigte Angaben, wo er in der Nacht gewesen und am Tag nach der Entführung herumgelaufen war. Die Lösegeldforderung. Der Schuh auf dem Pfad. Pfotenabdrücke am Campingplatz und in der Nähe des Schuhs.
Westin hatte recht: Es wäre für ihn und Nicole weit einfacher, wenn eine große Raubkatze das Kind verschleppt hätte – denn dann müssten sich Tierexperten um die Sache kümmern, nicht das FBI.
Was für ein Durcheinander von unzusammenhängenden Geschehnissen und Leuten. Dafür brauchte man definitiv mehr als zwei Beamte vor Ort. Die örtliche Polizei war kaum zu gebrauchen.
Es musste ein Muster geben, das gab es immer. Er
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