Sumpfblüten
versuchte, Schritt zu halten, fiel jedoch bald hin, überwältigt von einem stechenden Schmerz in den Rippen und einer heißen Woge der Übelkeit. Ehe er sich übergab, rückte er den Dolphins-Helm zurecht, damit der Gesichtsschutz nichts abbekam. Binnen eines Augenblicks war Skinner neben ihm und hielt ihn an den Schultern fest.
»Geh schon vor. Ich komm nach«, sagte Fry. Es war ihm peinlich, vor seinem Vater zu kotzen, der sowieso schon ein schlechtes Gewissen hatte, weil er ihn aus dem Krankenhaus mitgenommen hatte.
»Rühr dich hier nicht weg – verstanden?« Skinner drücke den Arm des Jungen liebevoll und fest.
Fry reichte ihm den Scheinwerfer. »Aber ich will Mom suchen helfen.«
»Ich bin in einer Viertelstunde wieder da. Bleib hier. «
»Hab’s kapiert, Dad.«
Er wartete, bis er allein war, ehe er sich noch einmal übergab. Er hoffte nur, dass es nicht Angst war, die machte, dass es ihm hochkam. Hoffentlich war es ein Magen-Darm-Virus oder vielleicht sogar die Beule an seinem Kopf.
Er setzte sich und lehnte sich gegen den steinharten Stamm eines Jiñocoabobaumes. Seine Knöchel brannten von den Muschelkratzern, aber wenigstens beruhigte sich sein Magen. Trotzdem hatte er vor, seinem Vater zu gehorchen und zu bleiben, wo er war. Er hatte nicht vor, irgendwohin zu gehen …
Bis er in dem Rascheln der Blätter eine leise Stimme vernahm. Fry legte die Hände an die Ohrlöcher seines Helms und lauschte – es war definitiv eine Frau. Sie sprach in verstohlenem, gehetztem Tonfall.
Der Junge sprang auf und eilte auf die Stimme zu. Er arbeitete sich in stetigem Trab vor, brach Äste ab und kickte totes Holz zur Seite, als er aus dem Dickicht brach und sie überraschte. Niedergeschlagen stellte er fest, dass es nicht seine Mutter war.
»Na, wenn das nicht Dan Marino ist«, sagte die Frau, »der mich hier zu Tode erschreckt.«
Fry war außer Atem, und schlecht war ihm auch schon wieder. Die Frau lotste ihn zu einem Aluminiumkasten hinüber und setzte ihn darauf. Sie hatte dichtes helles Haar, trug einen Baumwollpulli und war fast so groß wie sein Vater. In der einen Hand hielt sie ein Handy und in der anderen eine Taschenlampe. Fry bezweifelte, dass sie dieses Mädchen vom College war, das mit dem Wilderer durchgebrannt war; sie sah zu alt aus, um noch zu studieren.
»Was soll denn der Helm?«, erkundigte sie sich.
»Ich hab ’ne Gehirnerschütterung und ich suche hier draußen nach meiner Mom.«
»Klar, und ich suche nach Tarzan, dem Affenmenschen.«
»Ich mein’s ernst. Sie hat mit ein paar Leuten einen Kajakausflug gemacht.«
Die Frau leuchtete Fry mit der Taschenlampe ins Gesicht. »Mein Gott. Bist du Honeys Junge?«
Fry sprang auf. »Wo ist sie? Ist ihr was passiert?«
Die Frau schwieg ein paar Augenblicke lang. »Verdammt«, knurrte sie schließlich.
»Was ist los? Sagen Sie’s mir!«
»Oh, ihr geht’s gut. Ich hatte nur ganz ehrlich nicht vor, dahin zurückzugehen … aber jetzt bist du hier. Wie im Namen der Muttergottes du uns hier mitten in der Nacht gefunden hast, kann ich mir nicht vorstellen.«
»Warten Sie mal«, stieß Fry hervor. »Sie sind eine von den Kajakleuten.« Es war die Frau, die er aus der Ferne die Kajaks hatte verladen gesehen, vor dem Trailer seiner Mutter.
»Wo ist denn Ihr Mann?«, erkundigte er sich.
Die Frau machte ein verkniffenes Gesicht. »Wir sind nicht verheiratet, vielen Dank auch. Er ist mein ehemaliger Reisebegleiter, und im Augenblick ist er bei deiner Mom, quengelt wie ein verzogenes Balg und treibt sie zweifellos in den Wahnsinn. Das ist eine lange, traurige Geschichte.«
»Sie hat gesagt, sie kennt Sie beide aus der Highschool. Sie wären alte Freunde.«
Die Frau war ungemein erheitert. »Wo ist übrigens dein Boot? Kannst du mich mit zurücknehmen, in die richtige Welt?«
»Aber wir haben einen Schuss gehört, mein Dad und ich.«
»Ja, so ein abgedrehter Indianer hat doch tatsächlich den Mann angeschossen, der mir dieses Handy hier geliehen hat; leider ist dem Ding gerade mitten in einem sehr wichtigen Gespräch der Saft ausgegangen. Ich heiße übrigens Genie.« Die Frau schüttelte ihm mit festem Griff die Hand. »Ist schon gut, der Typ, der angeschossen worden ist, ist nicht etwa gestorben oder so was. Rein technisch gesehen, hat er mir nicht mal das Handy geliehen – ich hab’s mir sozusagen geborgt, während er ohnmächtig war.«
»So hab ich Sie gefunden«, sagte Fry. »Ich hab Sie mit jemandem reden hören.«
»Mit dem
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