Sumpfblüten
Rest gegeben. Er fühlte sich zermürbt, und sie hatte das Gefühl, in einem Käfig zu sitzen, und es schien außer einer Trennung keine praktische Lösung zu geben.
Trotzdem konnte Honey es Perry nicht verzeihen, dass er als Erster die Scheidung eingereicht hatte, so dass es aussah, als wäre das Ganze verdammt noch mal ihre Schuld, was doch gar nicht der Fall war. Er hätte ein geduldigerer, einfühlsamerer Partner sein können. Er hätte ein besserer Zuhörer sein und den Ärzten nicht so schnell alles glauben können …
»Es tut uns leid, aber auf Wunsch des Kunden wird diese Nummer nicht weitergegeben.«
Oh bitte, dachte Honey. Der Kerl ist ein Niemand, um Himmels willen. Sie versuchte es noch einmal, buchstabierte den Namen langsamer, doch sie bekam dieselbe Bandansage zu hören. Es war unglaublich: Boyd Shreave, ein anonymer Scheißkerl von Verkäufer, hatte eine Geheimnummer.
Honey ging hinaus, hob ein Stück Bleirohr auf und drosch damit ein halbes Dutzend Mal gegen die Wand des Trailers. Danach fühlte sie sich etwas besser. Sie ging wieder hinein, setzte sich an Frys Computer und googelte »Shreave«. Obgleich nur ein Treffer angezeigt wurde, hob sich ihre Stimmung beträchtlich.
Es war ein Artikel aus dem Fort-Worth-Star-Telegramm, der unter der Schlagzeile »Jury lässt Vertreter abblitzen« erschienen war.
Eine Jury in Tarrant County hat einem ortsansässigen Vertreter, der angegeben hatte, während einer Vorführung von orthopädischem Schuhwerk bleibende Verletzungen erlitten zu haben, lediglich ein Schmerzensgeld von einem Dollar zugesprochen.
Boyd S. Shreave hatte seinen ehemaligen Arbeitgeber Lone Star Glide-Boots nach einem Unfall im August 2002 auf über zwei Millionen Dollar Schadensersatz verklagt.
Laut der Klageschrift hatte Shreave zwecks eines Verkaufsgesprächs eine ältere Frau in Arlington aufgesucht und bei dieser Gelegenheit eine orthopädische Graphiteinlage in seinen eigenen Schuh gelegt. Als er auf und ab ging, um zu demonstrieren, wie »bequem und unauffällig« der Verkaufsartikel sei, war Shreave angeblich über die Sauerstoffflasche der Kundin gestolpert und schmerzhaft rittlings auf einem Zierkaktus gelandet.
Er behauptete, der Unfall habe zu einem »irreversiblen Cervical-trauma« seiner Halswirbelsäule geführt, und die Kaktusstacheln hätten seinen Unterleib »auf abstoßende Weise entstellt« , was zu »nicht wiedergutzumachenden seelischen Qualen, Demütigungen und einem Verlust an ehelicher Intimität« geführt hätte.
Die Anwälte der Firma Lone Star Glide-Boots argumentierten, der Unfall sei ausschließlich durch Shreaves eigenes Verschulden zustande gekommen, da dieser versehentlich einen für den linken Fuß vorgesehenen Korrekturkeil in seinen rechten Schuh geschoben habe. Außerdem führten sie an, er habe »massiv« gegen die Verkaufspolitik des Unternehmens verstoßen, indem er versucht hätte, jemandem derartige Ware zu verkaufen, der aufgrund von Diabetes schon lange beide Beine nicht mehr bewegen könne.
Die Kundin Shirley Lykes, 91 , sagte aus, Shreave sei »gut im Reden, aber tollpatschig wie ein blindes Maultier« .
Die sechs Geschworenen berieten nicht einmal eine Stunde. Der Vorsitzende erklärte später, man habe beschlossen, Shreave einen Dollar zuzusprechen, »damit er sich eine Pinzette kaufen kann« – offenbar eine Anspielung auf die hartnäckigen Kaktusstacheln, über die der Vertreter geklagt hatte.
Shreave, der mittlerweile für ein anderes Unternehmen tätig ist, lehnte einen Kommentar ab.
Honey Santana druckte den Artikel aus. Schadenfroh wedelte sie damit vor Fry herum, als dieser von seinem Treffen mit Perry Skinner nach Hause kam.
»Schau dir das an!«, rief sie.
»Willst du nicht wenigstens seine Antwort hören?«, fragte Fry.
»Dein Exvater? Ich weiß schon, was der geantwortet hat.«
Fry reichte ihr das Geld. »Er will mit dir über die Flugtickets reden.«
»Schön, ich ruf ihn morgen an.«
»Nein, Mom, persönlich.«
Honey furchte die Stirn. »Was ist dem denn hinten reingekrochen und abgekratzt?«
Fry setzte sich und überflog den Zeitungsartikel. Als er fertig war, blickte er auf und meinte: »Ich dachte, der heißt Eisenhower.«
»Nein. Er hat gelogen«, sagte Honey. »Wie üblich.«
»Bist du sicher, dass das derselbe Typ ist?«
»Schätzchen, wie könnte es nicht derselbe sein?« Sie nahm den Ausdruck und heftete ihn an den Kühlschrank. »Hör zu, ich muss dich um noch einen kleinen Gefallen bitten. Du
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