Sumpfblüten
musst dich an den Computer setzen und für mich zaubern.«
»Läuft nicht«, wehrte Fry ab. »Mir reicht’s für heute.«
»Bitte. Es dauert auch nicht lange.« Der Junge marschierte den Flur hinunter, Honey ihm dicht auf den Fersen. »Der hat eine Geheimnummer, kannst du dir das vorstellen?«
»Ohne weiteres«, bemerkte Fry.
»Aber Gott sei gedankt für diese dämliche Klage«, fuhr seine Mutter fort, »denn das heißt, dass irgendwo in Texas eine Gerichtsakte mit Mr. Shreaves Adresse und Telefonnummer rumfliegt. Wenn du die online auftreiben kannst, dann kann ich …«
Fry ließ sich ins Bett fallen und schloss die Augen. »Was kannst du dann? Dieses A … loch anrufen und ihm die Meinung geigen?«
»Ja, genau«, erwiderte Honey Santana.
»Und das ist alles, was du tun wirst? Versprochen?«
»Na ja, vielleicht mache ich mir einen kleinen Spaß mit ihm. Nichts, was er nicht verdient hat.«
Fry seufzte. »Hab ich’s doch gewusst.«
»Herrgott noch mal, ich werde schon nichts Gefährliches oder Ungesetzliches anstellen.«
Fry öffnete die Augen und starrte sie unverwandt an. »Mom, ich fahr nicht mit dir nach Texas.«
»Wovon redest du eigentlich?«
»Ach, komm schon. Auch wenn du Dad dazu kriegst, dass er dir die Flugtickets besorgt, fliege ich nicht mit.«
Honey lachte leichthin. »Also, ich fliege auch nicht nach Texas. Fry, das ist das Verrückteste, was ich je gehört habe – glaubst du allen Ernstes, ich springe in ein Flugzeug, um diesen schleimigen Widerling aufzuspüren? Nur weil er mich eine vertrocknete Irgendwas genannt hat?«
»Und für wen sind dann die Tickets?«, wollte ihr Sohn wissen.
Honey stand auf und öffnete ein Fenster. »Ich bin am Verhungern. Willst du einen Snack?«
Fry stöhnte auf und zerrte sich das Laken übers Gesicht. »Ich hab Dad gesagt, dir geht’s prima. Lass mich bitte nicht als Lügner dastehen.«
»Sei still«, sagte seine Mutter. »Wie wär’s mit Popcorn?«
Um einem Deckengebläse der Klimaanlage zu entgehen, war der verkniffene Sacco in das Abteil umgezogen, das durch Boyd Shreaves Abgang frei geworden war. Als Eugenie Fonda ihm ein verspieltes Zettelchen zuschob, fegte er es mit der Hand weg, als sei es ein Skorpion. Seine Nervosität ließ eine unstete, verletzte Seele erahnen, was natürlich Eugenie Fondas Neugier reizte. Sogar die Telefonstimme dieses Mannes klang verbraucht und ausgelaugt, obwohl er es immer noch schaffte, reichlich Treffer zu landen. Nachdem Eugenie ihm einen zweiten Zettel zugespielt hatte, ganz harmlos und unverfänglich, kritzelte Sacco ein einziges Wort als Antwort – »SCHWUL!« – und schoss ihn wieder zu ihrem Schreibtisch zurück. Als die Schicht zu Ende war, stellte sie fest, dass sie Boyd vermisste, langweiliger Trottel, der er war.
Als sie um halb eins nach Hause kam, wartete er vor ihrer Tür.
Mit noch mehr Blumen.
»Oh Gott«, sagte Eugenie Fonda.
»Kann ich reinkommen?«
»Du siehst ja furchtbar aus, Süßer.«
»Ätzender Tag«, erklärte Shreave und folgte ihr in die Wohnung.
Sie begannen eine Nummer auf dem Sofa; Eugenie ritt mit der üblichen Energie auf seinem Schoß. Binnen Augenblicken fand sie sich völlig losgelöst – im wahrsten Sinne des Wortes; Boyd war abgeschlafft.
»Tut mir leid«, nuschelte er.
Eugenie stieg ab und zog ihr Höschen an. »Sag mir, was los ist.«
»Es ist Lily. Sie benimmt sich total komisch.«
»Glaubst du, sie weiß Bescheid?«
»Wie könnte sie? Wir waren doch so vorsichtig«, meinte Shreave.
»Stimmt. Wie damals in dem Sandwichladen.« Eugenie ließ die Zähne klicken.
Sie ging eine Vase für die Blumen holen, und Shreave rief ihr nach: »Ich sage dir, Genie, sie weiß nichts von uns. Das kann gar nicht sein.«
Was für eine Stimme, dachte sie. Manchmal, wenn Boyd sprach, schloss sie die Augen und stellte sich einen Moment lang vor, er sähe aus wie Tim McGraw. So toll hörte er sich an.
Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, hatte er Schuhe und Socken ausgezogen und lutschte lautstark an einem Bonbon herum, den er aus der Silberschale auf dem Beistelltischchen gefischt hatte.
Eugenie Fonda stellte die Blumen hin und holte zwei Bier aus dem Kühlschrank. »Also«, sagte sie und nahm neben ihm auf dem Sofa Platz. »Was hat deine Frau denn nun gemacht, was so komisch war?«
Shreave spuckte den klebrigen Bonbonklumpen in einen Aschenbecher und nahm das Bier in Angriff. Eugenie wartete.
»Nur so ein komisches Gefühl«, meinte er. »So Sachen, die sie gesagt
Weitere Kostenlose Bücher