Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
und trat aus dem Schatten in den Wind, doch auch der brachte keine Linderung.
Ich fuhr am Bayou zurück zum Anwesen der Terrebonnes, bog in die Ziegelauffahrt ein und parkte vor dem Kutscherhaus. Lila war in überschwenglicher Stimmung, ihre milchig grünen Augen frei von jeder Reue oder der Erinnerung daran, daß sie in einer Bar mit einer Schußwaffe herumgefuchtelt hatte und an ein Bett im Iberia General Hospital gefesselt gewesen war. Aber wie alle Menschen, die von einer manischen, inneren Angst getrieben werden, redete sie ohne Punkt und Komma, terrorisierte ihre Umgebung mit Worten, füllte jede Stille, die anderen eine Möglichkeit gegeben hätte, die falschen Fragen zu stellen.
Ihr Vater, Archer Terrebonne, war aus anderem Holz geschnitzt. Er hatte dieselben Augen wie seine Tochter und dasselbe weißblonde Haar, doch mangelndes Selbstvertrauen konnte man wahrlich weder aus seiner lakonischen Sprechweise noch aus der Art, wie er die Arme vor der Hühnerbrust mit einem Glas mit zerstoßenem Eis, Bourbon und Orangenscheiben in der Hand verschränkte, herauslesen. Im Gegenteil, sein Geld gab ihm jene Selbstsicherheit, die weniger Schmeichelhaftes automatisch überspielte, das er im Spiegel oder in den Augen anderer entdecken mochte. Wenn man mit Archer Terrebonne zu tun hatte, akzeptierte man einfach, daß sein Blick zu direkt und distanzlos war, seine Haut zu bleich für die Jahreszeit, sein Mund zu rot, seine ganze Ausstrahlung zu aufdringlich, so als habe seine Körperchemie einen Defekt, den er wie eine Zierde zur Schau trug und anderen überstülpte.
Wir standen unter einer Markise auf der Terrasse hinter dem Haus. Die Sonne lag gleißend auf der Oberfläche des Swimmingpools. Im rückwärtigen Gartenteil entfernte ein schwarzer Gärtner mit einem Gebläse das Laub von den Tennisplätzen.
»Wollen Sie nicht reinkommen?« sagte Archer. Er sah auf die Uhr, dann auf einen Vogel im Baum. Der Ringfinger seiner linken Hand fehlte, war sauber über dem Mittelhandknochen abgetrennt, so daß die Lücke beinahe aussah, als fehle eine Taste auf einem Klavier.
»Nein, vielen Dank. Ich wollte nur sehen, ob mit Lila alles in Ordnung ist.«
»Wirklich? War nett von Ihnen.«
Mir fiel auf, daß er die Vergangenheitsform benutzte, als sei mein Besuch damit bereits beendet.
»Es wird keine Anklage erhoben … wobei ich darauf hinweisen muß, daß es normalerweise ganz andere Folgen hat, wenn man mit einer Schußwaffe in öffentlichen Lokalen rumfuchtelt«, bemerkte ich.
»Dieser Aspekt ist bereits mit anderen Leuten geregelt, Sir«, sagte er.
»Nicht unbedingt ausreichend, denke ich«, entgegnete ich.
»Ach nein?« sagte er.
Unsere Blicke trafen sich.
»Dave ist nur ein alter Freund, Daddy«, sagte Lila.
»Sicher doch. Ich begleite Sie zu Ihrem Streifenwagen, Mr. Robicheaux.«
» Daddy, ich meine, was ich sage. Dave macht sich immer Sorgen um seine Freunde von den Anonymen Alkoholikern«, sagte sie.
»Du bist nicht in diesem Verein. Also braucht er sich keine Sorgen zu machen, oder?«
Ich fühlte seine Handfläche leicht unter meinem Ellbogen. Ich leistete keinen Widerstand und verabschiedete mich von Lila. Dann ging ich mit ihm um die schattige Seite des Hauses herum, an einem Garten voller Minze und herzförmiger Callas vorbei.
»Eine unserer Beamtinnen hat ihre Tochter knapp vor einer Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt bewahrt«, bemerkte ich.
»Ach tatsächlich?«
»Sie glaubt, daß Lila sexuell mißbraucht oder ihr sonst Gewalt angetan wurde.«
Sein rechter Augenwinkel zuckte, als sei ihm ein Insekt ins Auge geflogen.
»Sicher haben Sie Einsichten in das menschliche Verhalten, die den meisten von uns verwehrt sind. Wir wissen Ihre guten Absichten zu schätzen. Trotzdem sehe ich keine Veranlassung für einen erneuten Besuch Ihrerseits.«
»Darauf würde ich mich nicht verlassen, Sir.«
Er drohte mir mit dem Finger und ging lässig zum Haus zurück, nippte dabei an seinem Drink, als sei ich nie da gewesen.
Die Sonne stand gleißend hell am Himmel, und das blendende Licht, das an Goldfolie erinnerte, warf ein scheckiges Muster auf den Ziegelweg. Durch die Windschutzscheibe des Streifenwagens sah ich Cisco Flynn von einem Wohnwagen aus auf mich zukommen, die Hände erhoben, um mich zum Anhalten zu bewegen.
Er beugte sich ins Fenster.
»Machen Sie einen Spaziergang mit mir. Ich muß die nächste Szene im Auge behalten«, sagte er.
»Habʼs eilig, Cisco.«
»Ist wegen Swede
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