Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
alter Herr hat den Barbesitzer längst geschmiert.«
»Du bist ein guter Cop, Helen.«
»Man sollte ihr Hilfe besorgen. Der Typ mit dem prallen Geldbeutel ist nicht der Verursacher ihrer Misere. Pech, daß es immer so kommen muß, was?«
»Was weißt du?« fragte ich.
Ihre Augen wichen mir nicht aus. Sie hatte mal zwei böse Buben im Ausübung ihrer Pflicht erschossen. Spaß hat ihr das wohl kaum gemacht. Aber sie bereute weder die Tat, noch trauerte sie der unterdrückten Wut nach, die jeden möglichen Zweifel vor dem Abdrücken ausgelöscht hatte. Sie zwinkerte mir zu und kehrte in ihr Büro zurück.
6
Mit schöner Regelmäßigkeit reden die Politiker darüber, was sie den Krieg gegen Drogen nennen. Ich habe das Gefühl, daß nur wenige überhaupt etwas darüber wissen. Der betroffene Mensch allerdings ist keine Chimäre. Er hat dasselbe weiche marmeladenartige Herz-Lungen-System wie der Rest von uns.
In diesem speziellen Fall war ihr Name Ruby Gravano, und sie lebte in einer billigen Absteige an der St. Charles Avenue in New Orleans, zwischen Lee Circle und Canal Street, unweit des French Quarter. Der schmale Vordereingang war von nackten Glühbirnen eingerahmt, wie der Eingang eines Kinos aus den Zwanzigern. Nostalgische Ähnlichkeiten allerdings endeten hier. Das Innere des Gebäudes war stets überhitzt und stickig, unbeleuchtet bis auf das Licht aus dem Luftschacht am Ende der Korridore. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund waren die Wände feuerwehrrot gestrichen und schwarz umrandet, und jetzt, im Halbdunkel, verströmten sie die schmutzige Glut eines erkaltenden Hochofens.
Ruby Gravano saß in einem Polstersessel, umgeben von den Abfallprodukten ihres Lebens: aufgeschlagene Klatschzeitschriften, Pizza-Kartons, benutzte Kleenextücher, eine Kaffeetasse mit einer toten Schabe, ein halbfertiges Raumschiffmodell in der Originalverpackung, auf das offenbar jemand getreten war.
Ruby Gravano trug ihr schwarzes Haar lang, was ihr schmales Gesicht und ihren ausgemergelten Körper rundlicher erscheinen ließ. Sie trug viel zu große Shorts, unter denen ihre Unterwäsche hervorlugte, Make-up auf Schenkeln und Unterarmen, falsche Fingernägel und Wimpern und hatte einen Bluterguß auf der linken Backe.
»Dave will dich deshalb nicht hochnehmen, Ruby. Wir brauchen nur eine Spur zu diesen beiden Kerlen. Sind schlimme Typen, nicht die Sorte, mit denen du was zu tun haben willst, nicht die Sorte, mit denen sich andere Mädels einlassen sollten. Du könntest ner Menge Leute einen Gefallen erweisen«, sagte Clete.
»Wir haben sie in einem Motel am Airline Highway abgefertigt. Sie hatten einen Pickup mit einer Muschel drauf. War voll mit Waffen, Campingausrüstung und dem ganzen Scheiß, die Karre. Sie rochen meilenweit nach Insektenspray. Die Hüte haben sie keine Sekunde abgenommen. Habe schon Wildschweine mit besseren Tischmanieren erlebt. Eben die üblichen Freier. Was wollt ihr noch wissen?«
»Wie kommst du darauf, daß es Cops gewesen sein könnten?«
»Wer sonst schleppt Verbrecherfotos mit sich rum?«
»Wie bitte?«
»Meiner … also als der sich ausgezogen hat, fallen ihm zwei Fahndungsfotos aus der Hemdtasche. Hat sie im Aschenbecher verbrannt. Dabei hat sein Freund was davon gefaselt, daß sie zwei Brüder alle gemacht hätten.«
»Moment mal! Ihr wart alle im selben Zimmer?«
»Zwei Zimmer waren denen zu teuer. Außerdem wollten sie nen Vierer mit uns machen. Connie tut so was. Ich habe abgelehnt. Einer von diesen fiesen Kerlen reicht mir. Warum haltet ihr euch nicht an Connie?«
»Weil sie ne Fliege gemacht hat«, sagte Clete.
Sie schniefte und fuhr sich mit dem Handrücken über die Nase. »Geht mir nicht besonders gut, Jungs. Seid ihr fertig?« fragte sie.
»Haben die Freier das Zimmer mit Kreditkarte bezahlt?« wollte ich wissen.
»Das mit dem Zimmer ist doch sowieso nur ein Trick. Mein Manager bezahlt den Hotelbesitzer. Also, ob ihrʼs glaubt oder nicht, neben dieser Scheiße habe ich noch ein anderes Leben. Also, was ist jetzt?«
Sie versuchte tapfer, mir ins Gesicht zu sehen, doch ihre Augen schweiften ab, und sie hob das zertretene Raumschiffmodell aus der Schachtel auf dem Fußboden, legte es in den Schoß und musterte es mit gereizter Miene.
»Wer hat dich geschlagen, Ruby?«
»Ein Kerl.«
»Du hast ein Kind?«
»Einen kleinen Jungen. Er ist neun. Hab ihm das hier gekauft, aber gestern nacht ist es hier ziemlich turbulent geworden.«
»Diese Cops, diese Typen, wie auch immer,
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