Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Boxleiter.«
Ich schaltete die Zündung aus und ging mit ihm zu einem Sonnensegel, das über einem Arbeitstisch und einem halben Dutzend Stühlen gespannt war. Daneben stand ein Wohnwagen, dessen Klimaanlage vor Feuchtigkeit triefte wie ein schmelzender Eisblock.
»Swede versucht, sein Leben in den Griff zu kriegen. Und ich glaube, diesmal hat er eine gute Chance. Aber falls er je zum Problem werden sollte, rufen Sie mich an«, sagte Cisco.
»Er ist ein notorischer Wiederholungstäter, Cisco. Was haben Sie mit ihm zu schaffen?«
»Als wir im staatlichen Waisenhaus waren? Wenn Swede nicht gewesen wäre, hätten die anderen Hackfleisch aus mir gemacht.«
»Das FBI sagt, daß er Leute umbringt.«
»Das FBI behauptet auch, meine Schwester sei Kommunistin.«
Die Tür zum Wohnwagen ging auf, und eine Frau trat auf die kleine Veranda. Doch bevor sie die Tür hinter sich schließen konnte, rief eine Stimme: »Verdammt noch mal, wer hat dir erlaubt zu gehen? Jetzt hör mir mal gut zu, Schätzchen. Ich weiß nicht, obʼs daran liegt, daß du dein Gehirn in der Möse hast oder deinen geilen Hintern für unwiderstehlich hältst, aber das nächste Mal, wenn ich diesem Pisser sage, er soll die Szene umschreiben, hast du Sendepause, kapiert? Und jetzt machst du dich wieder an die Arbeit, Scheiße noch mal, und widersprich mir ja nie wieder vor anderen Leuten.«
Selbst im Sonnenschein wirkte ihre Miene wie zu Eis erstarrt und blutleer, die Züge von der Demütigung verzerrt, die Billy Holtzner ihr zugefügt hatte. Er warf Cisco und mir einen bösen Blick zu, dann knallte er die Tür zu.
Ich wandte mich zum Gehen.
»Auf einem Set gibtʼs immer Streß, Dave. Wir sind drei Millionen über dem Budget. Ist anderer Leute Geld, von dem wir da reden. Wird deswegen ne Menge Aufregung geben«, sagte Cisco.
»Ich erinnere mich noch an den ersten Film, den Sie gemacht haben. Den über die Wanderarbeiter in der Landwirtschaft. War ein toller Streifen.«
»Yeah, eine Menge Professoren und übriggebliebene 68er haben ihn über den grünen Klee gelobt.«
»Der Typ im Wohnwagen ist ein Arsch.«
»Sind wir das nicht irgendwie alle?«
»Ihr alter Herr warʼs nicht.«
Damit stieg ich in den Streifenwagen und fuhr durch den Baumkorridor auf die Bayou-Straße. In meinem Rückspiegel sah Cisco Flynn wie die Miniaturausgabe eines Mannes aus, der in einer Zündholzschachtel gefangen war.
An jenem Abend, als Bootsie und ich uns zum Schlafengehen fertigmachten, erhellte Wetterleuchten hinter den Wolken den Himmel, und der Pecanbaum vor dem Fenster stand steif im Wind.
»Warum glaubst du, ist Jack Flynn ermordet worden?« fragte Bootsie.
»Die Arbeiter in der Gegend haben damals fünfunddreißig Cent pro Stunde verdient. Er hatte kein Problem, Zuhörer zu finden.«
»Wer, glaubst du, ist es gewesen?«
»Alle haben behauptet, der oder die Täter seien von auswärts gekommen. Wie während der Hochzeit der Bürgerrechtsbewegung. Wir haben immer ›die da draußen‹ für unsere Probleme verantwortlich gemacht.«
Sie knipste das Licht aus, und wir legten uns auf die Decken. Ihre Haut fühlte sich kühl und warm zugleich an.
»Die Flynns bedeuten Ärger, Dave.«
»Vielleicht.«
»Da gibtʼs kein ›Vielleicht‹. Jack Flynn ist sicher ein guter Mann gewesen. Aber ich habe immer gehört, daß er erst zum Radikalen geworden ist, nachdem seine Familie während der Wirtschaftskrise unter die Räder gekommen war.«
»Er hat in der Lincoln-Brigade gekämpft. Er hat die Schlacht um Madrid mitgemacht.«
»Gute Nacht«, sagte sie.
Sie drehte sich zur Wand. Als ich meine Hand auf ihren Rücken legte, fühlte ich, wie sich ihr Atem hob und senkte. Sie sah mich über die Schulter an, dann rollte sie sich zu mir herum und schmiegte sich in meine Arme.
»Dave?« sagte sie.
»Ja?«
»Da kannst du dich auf mich verlassen. Megan braucht dich aus einem Grund, den sie dir verschweigt. Wenn sie nicht direkt an dich herankommt, versucht sieʼs über Clete.«
»Das muß ihr erst mal gelingen.«
»Er hat mich heute abend angerufen und gefragt, ob ich weiß, wo sie ist. Sie hat eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen.«
»Megan Flynn und Clete Purcel?«
Am nächsten Morgen wachte ich bei Sonnenaufgang auf und fuhr durch den Laubschatten auf der East Main und dann fünf Meilen den alten Highway hinauf zum Spanish Lake. Nicht nur Bootsies Worte, sondern auch meine eigenen bösen Ahnungen bezüglich der Flynns machten mir zu schaffen.
Weitere Kostenlose Bücher