Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
so, als sei ich Luft.«
Er wartete darauf, daß ich reagierte. Als ich schwieg, fuhr er fort: »Was sagst du dazu?«
»Sehʼs ungern, daß du dich mit denen einläßt.«
»Bis später, Streak.«
»Ich komme mit«, erklärte ich und ließ die Karte des »Gehängten« in die Hemdtasche gleiten.
Wir aßen im Lagniappe Too, kurz hinter dem Shadows. Megan saß am Fenster, ihren Hut auf dem Kopf. Ihr Haar fiel in sanftem Schwung über ihre Wangen, ihr Mund wirkte klein und rot, wenn sie einen Bissen von der Gabel nahm. Im Licht, das durchs Fenster fiel, schien sich ihre Silhouette gegen die Wand aus grünem Bambus abzuzeichnen, der vor dem Shadows wuchs. Sie merkte, wie ich sie anstarrte.
»Hast du was, Dave?« fragte sie.
»Kennst du Lila Terrebonne?«
»Die Enkelin vom Senator?«
»Sie macht gelegentlich auf sich aufmerksam. Vorgestern mußten wir sie aus einer Kirche holen, wo sie ganz allein unter einem Kruzifix saß. Aus heiterem Himmel hat sie mich nach dem ›Gehängten‹ aus dem Tarot gefragt.«
Ich holte die Karte aus meiner Hemdtasche und legte sie neben Megans Teller auf das Tischtuch.
»Warum erzählst du mir das?« wollte sie wissen.
»Was sagt dir das?«
Ich sah, wie Clete seine Gabel auf den Teller legte, spürte seinen Blick seitlich auf mir ruhen.
»Ein Mann, der mit dem Kopf nach unten von einem Baum baumelt. Der Baum hat die Form eines Kreuzes«, erklärte Megan.
»Die Gestalt kann sowohl den Apostel Petrus als auch Jesus Christus und den heiligen Sebastian verkörpern. Sebastian wurde an einen Baum gebunden und von den Pfeilen seiner Kameraden vom römischen Heer durchbohrt. Petrus hat darum gebeten, mit dem Kopf nach unten hingerichtet zu werden. Fällt dir auf, daß der Körper des Sterbenden mit den Beinen ein Kreuz formt?« fragte ich.
Megan hatte zu essen aufgehört. Ihre Wangen waren fleckig geworden wie in einem eisigen Lufthauch.
»Was soll das, Dave?« fragte Clete.
»Vielleicht nichts«, erwiderte ich.
»Nur höfliche Konversation?« sagte er.
»Die Terrebonnes hatten ihre Finger fast überall mit drin«, bemerkte ich.
»Entschuldigt mich bitte«, sagte Megan.
Sie ging zwischen den Tischen hindurch zur Toilette, die Handtasche unter den Arm geklemmt, der Rand ihres komischen Strohhuts im Nacken über ihr rotes Haar gewölbt.
»Was zum Teufel ist eigentlich mit dir los?« fragte Clete.
An diesem Abend fuhr ich zum Red Lerilleʼs Health & Racquet Club in Lafayette, trainierte mit Gewichten und Fitneßgeräten und joggte anschließend zwei Meilen auf dem Laufband im zweiten Stock über den Basketballfeldern.
Dann legte ich mein Handtuch um den Hals und machte Dehnungsübungen am Geländer. Unter mir hatten sich einige Männer zu einem Basketballspiel zusammengefunden, rempelten sich plump an, schlugen sich auf die Schultern, wenn sie einen Punkt gemacht hatten. Am Rand des Basketballfeldes, dort wo die Punchingbälle und schweren Sandsäcke hingen, war ein Indonesier oder Malaysier in eine wesentlich intensivere und einsamere Aktivität versunken. Er hatte einen Trainingsanzug an und trug enganliegende rote Lederhandschuhe von der Sorte, die erfahrungsgemäß eine Metallverstärkung an der Innenfläche besitzt, und bearbeitete den Sandsack mit seinen Fäusten, daß dieser sich an der Kette drehte, und kickte mit den Füßen so kräftig dagegen, daß das ins Schlingern geratene Trainingsgerät beinahe einen vorbeigehenden Jugendlichen umgeworfen hätte.
Er grinste den Jungen entschuldigend an und wechselte dann zum Punchingball, den er ohne Rhythmus und Timing aus purer Effekthascherei gegen die Wand donnerte.
»Sie habe ich doch bei Cisco gesehen. Sie sind Mr. Robicheaux«, sagte eine Frauenstimme neben mir.
Es war Holtzners Tochter. Diesmal allerdings waren ihre seifig blauen Augen klar und zielgerichtet, und ihr Blick war durchaus sympathisch, so als sei sie eine völlig andere Persönlichkeit.
»Erinnern Sie sich noch an mich?«
»Natürlich.
Wir haben uns neulich gar nicht vorgestellt. Ich bin Geraldine Holtzner. Der Boxer dort unten ist Anthony. Er kümmert sich beim Studio um die Finanzen. Tut mir leid, daß wir so unhöflich gewesen sind.«
»Sie waren nicht unhöflich.«
»Sie mögen meinen Vater nicht. Geht den meisten so. Wir sind nicht hier, weil wir Probleme haben. Wenn jemand Probleme hat, dann Cisco Flynn«, sagte sie.
»Cisco?«
»Er schuldet meinem Vater eine Menge Geld. Cisco glaubt, er könnte sich seiner Verantwortung entziehen, indem er sich
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