Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
irisches Arschloch, und verschwinde aus meinem Laden.«
»Gehen wir«, forderte ich Clete auf.
Er starrte mich an, das Gesicht gerötet. Dann folgte er mir ins Freie, wo wir unter einer Eiche warteten und eines von Jimmy Figs Taxis beobachteten, das eine junge Schwarze mit roter Handtasche, ärmellosem Oberteil, Minirock und Netzstrümpfen mitnahm.
»Hat dir wohl nicht gefallen, was ich gesagt habe?« fragte Clete.
»Warum hast du seinen Haufen schlechtgemacht? Ist nicht dein Stil!«
»Hast ja recht. Ich machʼs wieder gut.«
Er ging in den Laden zurück, die Hände zu schinkengroßen Fäusten geballt.
»Hey, Jimmy. Nichts für ungut wegen der Ersten Panzerbrigade. Kann nur die Art nicht ausstehen, wie du Zwiebeln hackst. Treibt mir die Tränen in die Augen«, sagte er.
Dann brachte er seine rechte Faust nach vorn und schlug Jimmy Figorelli mitten ins Gesicht.
Jimmy hielt sich an der Seitenwand der Coca-Cola-Box fest, eine heftig zitternde Hand vor dem Mund, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen, Blut und Zahnsplitter an den Fingern.
Drei Tage später begann es zu regnen, und es regnete das ganze Labor-Day-Wochenende hindurch bis in die folgende Woche hinein. Der Bayou vor der Anlegestelle stieg über den Schilfgürtel bis ins Röhricht, meine Mietboote liefen voll Wasser, und Mokassinschlangen krochen in unseren Garten. Samstag nacht klopfte bei strömendem Regen Father James Mulcahy an unsere Tür.
Er hielt einen Schirm in der Hand, hatte den weißen Priesterkragen umgelegt und trug einen regenfleckigen grauen Anzug und einen grauen Filzhut. Er trat ein und versuchte, mir nicht ins Gesicht zu atmen.
»Entschuldigen Sie meinen Überfall. Hätte vorher anrufen sollen«, sagte er.
»Nett, daß Sie mal vorbeischauen. Kann ich Ihnen was anbieten?«
Er tupfte sich den Mund und setzte sich in einen Polstersessel. Regenschlieren wehten auf die Veranda, und das Blechdach des Köderladens erzitterte im grellen Schein der Blitze, wann immer der Donner über den Sümpfen erklang.
»Möchten Sie eine Stärkung, Sir? Alkoholischer Art?« fragte ich.
»Nein, das wäre nicht gut. Kaffee ist besser. Ich muß Ihnen was erzählen, Mr. Robicheaux. Es beunruhigt mich sehr.«
Seine Handrücken waren voller Leberflecken und blauer Adern, und die Haut spannte sich pergamentartig über die Knochen. Bootsie brachte Kaffee, Zucker und heiße Milch auf einem Tablett aus der Küche. Als der Priester die Tasse an die Lippen führte, schien sein Blick durch den Dampf ins Leere gerichtet; dann sagte er: »Glauben Sie an das Böse, Mr. Robicheaux? Und ich meine jetzt nicht die kleinen Gemeinheiten, die wir in schwachen Augenblicken tun. Ich meine das Böse im ursprünglichsten, religiösen Sinn.«
»Ich bin nicht sicher, Father. Ich habe zuviel davon in den Menschen gesehen, um die Quelle außerhalb von uns selbst zu suchen.«
»Ich bin während des Vietnamkriegs Kaplan in Thailand gewesen. Ich habe einen jungen Soldaten gekannt, der an einem Massaker beteiligt gewesen war. Sie haben die Fotos vielleicht gesehen. Das, was sich mir am tiefsten eingeprägt hat, war das Gesicht eines kleinen Jungen, der sich voller Entsetzen an die Röcke seiner Großmutter geklammert hat, während sie um ihrer beider Leben bettelte. Ich habe viele Stunden mit diesem jungen Soldaten verbracht, aber ich konnte ihm das Böse nicht austreiben, das sich in seinen Träumen eingenistet hatte.«
»Ich verstehe nicht, wie …«, sagte ich.
Er hob die Hand. »Hören Sie mir zu«, erwiderte er. »Da war noch ein anderer. Ein Zivilist und Geschäftemacher, der auf dem Luftwaffenstützpunkt lebte. Seine Firma stellte Brandbomben her. Ich habe ihm die Geschichte des jungen Soldaten erzählt, der in einem Graben ganze Familien mit dem MG ausgelöscht hatte. Der Geschäftemacher erwiderte meine Geschichte mit der Beschreibung einer Angriffswaffe, an der seine Firma das Patent besaß. Sie konnte innerhalb von dreißig Sekunden die Fläche eines gesamten Fußballfeldes in Stücke reißen. In diesen Augenblicken schienen sich in den Augen dieses Mannes Abgründe aufzutun.«
Bootsies Miene blieb unbewegt, aber ich fühlte, wie ihr Blick auf mir ruhte, bevor er weiter zum Priester wanderte.
»Bitte leisten Sie uns beim Abendessen Gesellschaft«, lud sie ihn ein.
»Oh, ich habe mich schon lange genug aufgedrängt. Und dabei bin ich noch gar nicht auf den Punkt gekommen. Gestern nacht, während eines Gewitters, hat ein Pickup vor dem Pfarrhaus angehalten. Ich
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