Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Stein, die allesamt von Eisenzäunen umgeben waren.
»Ist Ihnen sonst noch eine Grabstätte bekannt?« fragte ich.
»Ganz hinten, ein Flecken voller wilder Rosen und Palmen. Holtzner behauptet, man hätte dort die Sklaven verscharrt. Man muß drauf aufpassen, daß die Schwarzen der Gegend sich nicht auf den Schwanz getreten fühlen. Was ist das für ein Spiel, Mann? Lassen Sieʼs mich wissen.«
Ich schlenderte zum Zaun, der den Friedhof der Terrebonnes umgab. Die Marmorplatte, die den Eingang zur Gruft ihres Vorfahren verschloß, hatte einen Riß, der quer über das Backsteinfundament und in die weiche Erde führte, doch ich konnte die verwaschene, von Moos überwucherte Inschrift noch entziffern: Elijah Boethius Terrebonne, 1831-1878, Soldat bei Jefferson Davis, liebender Vater und Ehemann, jetzt Diener des Herrn.
Neben Elijahs Gruft befand sich die wesentlich kleinere seiner Zwillingstöchter. Ein Feldblumenstrauß, mit einem Gummiband zusammengehalten, lehnte an der Marmortafel. Es war der einzige Blumenschmuck auf dem ganzen Friedhof.
Ich ging in den hinteren Teil des Terrebonneschen Grundstücks, einen Entwässerungsgraben entlang, der die Grundstücksgrenze markierte, über das Filmgelände an den Wohnwagen und dem himmelblauen Swimmingpool, den Gästepavillons und den Tennisplätzen vorbei zu einem Wäldchen, das in tiefem Schatten lag. Hier bedeckte ein dichter Blätterteppich den Boden, und die Äste der Bäume waren von Spinnweben eingesponnen.
Der Waldboden neigte sich sanft einem Teich entgegen. Unter den Fächerpalmen entdeckte ich kleine, mit Laub gefüllte Senken, auf denen Pilze wuchsen. War die Sklavin Lavonia, die Elijahs Töchter vergiftet hatte, hier begraben? War der Teich mit dem schwarzen Wasser, über dem zahllose Libellen tanzten, Teil jenes Sumpfs gewesen, in dem sie sich zu verstecken versuchte, bevor sie von ihren eigenen Leuten gelyncht worden war?
Warum hatte sich die Geschichte der ausgebeuteten und ermordeten Sklavin in mir festgesetzt wie ein Traum, den man kurz vor dem Erwachen träumt?
Ich hörte Schritte auf dem Laubteppich hinter mir.
»Ich wollte Sie nicht erschrecken«, sagte Lila.
»Hallo Lila. Möchte wetten, daß Sie die Wiesenblumen auf das Kindergrab gelegt haben.«
»Woher wissen Sie das?«
»Hat Ihr Vater Ihnen gesagt, weshalb ich hier bin?«
»Nein … Er … Unsere Kommunikation klappt nicht immer.«
»Ein Mann namens Harpo Scruggs hat versucht, Father Mulcahy umzubringen.«
Alles Blut wich aus ihrem Gesicht.
»Wir glauben, es geht um etwas, das Sie ihm erzählt haben«, sagte ich.
Als sie versuchte, etwas zu sagen, waren ihre Worte abgehackt, so als müsse sie auf Bruchstücke von Sätzen zurückgreifen, die andere ihr vorgesprochen hatten. »Ich habʼs dem Priester erzählt? Wollen Sie das damit sagen?«
»Er trägt schwer an Ihrer Last. Scruggs wollte ihn mit einer Plastiktüte ersticken.«
»Oh, Dave …«, sagte sie, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Dann rannte sie zum Haus, die Hände zum Himmel gereckt wie ein kleines Mädchen.
Wir waren am Sonntag morgen gerade von der Messe heimgekehrt, als das Telefon in der Küche klingelte. Es war Clete.
»Ich bin in einem Restaurant in Lafayette. Zusammen mit Holtzner, seiner Tochter und deren Freund«, sagte er.
»Was machst du in Lafayette?«
»Holtzner wohnt jetzt dort. Er hat sich mit Cisco überworfen. Sie wollen bei dir vorbeikommen«, erklärte er.
»Wozu?«
»Er möchte dir eine Art Angebot machen. Betrifft deinen Bootsanleger. Er möchte ihn mieten.«
»Bin nicht interessiert.«
»Holtzner möchte dir trotzdem sein Angebot unterbreiten. Dave, der Mann ist mein täglich Brot. Also, was meinst du?«
Eine Stunde später rollte Clete in seinem Cabrio vor den Anleger. Neben ihm saß Holtzner. Seine Tochter mit Freund folgten in einem Lincoln. Die vier schlenderten über den Anleger und setzten sich an einen Kabelrollentisch.
»Die Bedienung soll uns allen ein kaltes Bier bringen«, sagte Holtzner.
»Bedienung gibtʼs hier nicht. Sie müssen sich Ihren Kram schon selbst holen«, entgegnete ich und blieb in der Sonne stehen.
»Ich mach das«, erklärte Clete und verschwand im Laden.
»Wir bezahlen Ihnen eine Monatsmiete, aber wir drehen nur zwei oder drei Tage«, sagte Anthony, der Freund der Tochter. Er trug eine Sonnenbrille, und wenn er lächelte, verlieh ihm die Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen den idiotischen Ausdruck eines Halloween-Kürbisses.
»Trotzdem, danke«,
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