Sumpffieber
gegen den anderen zu hetzen.
Neleta weinte haltlos und klagte Tonet an. Er war schuld; seinetwegen sah sie ihre Zukunft gefährdet! Wenn sie dann in der Nervosität ihres Zustandes müde wurde, den Kubaner zu beschimpfen, richtete sie ihre Augen zornig auf den Bauch, der frei von dem Zwang, dem er tagsüber – um Neugierige zu täuschen – unterworfen war, jede Nacht wie ein Monstrum anzuschwellen schien.
Und von Haß erfüllt gegen das Wesen, das sich dort bewegte, hieb Neleta mit geballter Faust bestialisch auf ihren Leib, als wollte sie es in seiner warmen Hülle zerschmettern.
Tonet haßte es nicht weniger, denn er sah gleichfalls in ihm eine Bedrohung. Neletas Habsucht hatte auch ihn ergriffen, und mit Schrecken dachte er an den Verlust der Hälfte dieser Erbschaft, die er als die seinige betrachtete. Alle Mittel, von denen die Fischer unter sich sprachen, empfahl er seiner Liebsten. Bald waren es brutale Versuche, wahre Attentate gegen die Natur, die die Haare zu Berge stehen ließen, bald wunderliche Mixturen, über die man nur lächeln konnte. Doch Neletas Gesundheit machte sich über alles lustig.
Allmählich mußte die Wirtin grausame Torturen erleiden, damit dem Dorf ihr Zustand verheimlicht bliebe. Jeden Morgen schnürte sie ihren Leib so qualvoll ein, daß Tonet zusammenfuhr.
Oft fehlten ihr selbst die Kräfte, und mit wilder Geste ihrem Geliebten die Senkel ihres Korsetts hinhaltend, rief sie: »Zieh ... zieh!«
Und Tonet zog ... auf der Stirn einen kalten Schweiß. Ihn schüttelte es angesichts der Energie dieser kleinen Frau, die dumpf stöhnend die Lippen aufeinanderpreßte und die Tränen ihrer Qual hinunterschluckte.
Sie gebrauchte alle billigen Parfüms und legte Rot auf, um sich in der Taverne frisch und schön wie immer zu zeigen. Trotzdem witterte Samaruca, die wie ein Schweißhund um das Haus herumstrich, etwas Anormales, wenn sie einen rapiden Blick durch die offene Straßentür warf, und auch andere Frauen ahnten mit der Erfahrung ihres Geschlechts, was mit der Schankwirtin vorging.
An den Türen der Hütten stritten sich Samaruca und ihre Verwandtschaft mit denen, die ihren Versicherungen keinen Glauben schenken wollten, so daß die Klatschbasen, anstatt ihre Kleinen nach Wein oder öl zu schicken, sich selbst an der Theke der Taverne anstellten und es mit allerlei Vorwänden erreichten, daß die Wirtin aufstand und sich bewegte – eineGelegenheit, die schleunigst benutzt wurde, um mit Kennerblick die Linien ihrer übermäßig geschnürten Taille abzuschätzen.
»Es stimmt!« sagten die einen triumphierend zu ihren Nachbarinnen.
»Es stimmt nicht!« schrien andere.
Neleta, die die Ursache dieses eifrigen Kommens und Gehens erriet, begrüßte die Neugierigen mit ironischem Lächeln.
»Muß es bei mir schön sein! Welche Fliege hat euch denn gestochen, daß ihr nicht vorbeigehen könnt, ohne nach mir zu sehen? ... Man könnte wirklich meinen, bei mir sei ein Ablaß für ein ganzes Jahr zu gewinnen! ...«
Aber diese freche Lustigkeit, mit der sie den Gevatterinnen trotzte, verflog, sobald sie nach einem langen Tage von erstickter Qual und erkünstelter Heiterkeit die Taverne schloß. Mit dem Ablegen ihres Fischbeinpanzers verging ihr urplötzlich der Mut – wie einem Soldaten, der bei einer heroischen Anstrengung sich übernahm und erschöpft zusammenbricht. Sie wurde verzagt bei dem Blick auf ihren schwellenden Leib und bei dem Gedanken an die Marter des nächsten Tages.
»Ich kann nicht mehr!«
So sprach sie, die Starke, die Energische, zu Tonet im Schweigen der Nächte – nicht mehr Nächte der Liebe, sondern der Beklemmung und peinlichen Zwiesprache. Verfluchte Gesundheit! Wie beneidete sie die kränklichen Frauen, in deren Schoß niemals Leben keimte! ...
In solchen Momenten des Kleinmuts redete sie davon zu fliehen, ihrer Tante die Taverne anzuvertrauen, sich in ein abseits liegendes Viertel Valencias zu flüchten, bis sie aus ihrer fatalen Lage befreit würde. Doch die Überlegung ließ sie sofort das Nutzlose solcher Flucht sehen. Das Bild der Samaruca tauchte vor ihr auf: fliehen hieß, das, was man bisher nur vermutete, zur Gewißheit stempeln! Wohin konnte sie gehen, ohne daß ihr die grimmige Schwägerin Cañamels folgte? ... Wie sollte es im Dorf nicht auffallen, wenn gerade sie, die ihre Interessen mit solchem Eifer wahrnahm, jetzt, kurz vor dem Beginn der Reisernte, eine Reise ohne triftigen Grund angetreten hätte? ...
Sie mußte bleiben; sie mußte der
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