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Suna

Suna

Titel: Suna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ziefle Pia
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herzlich von den anderen und verließ hocherhobenen Hauptes das Krankenhaus.
    Zur selben Zeit, als Julka am Bahnhof stand und fröstelte, weil dieser Septembermorgen in Süddeutschland schon reichlich kalt war, packten ganz in der Nähe Mutter und Sohn ihre Wanderausrüstung in den Kofferraum ihres VW -Käfers, steuerten die erste Tankstelle an und begaben sich dann, den Picknickkorb auf der Rückbank, auf die lange Reise an die Nordsee. Johannes fuhr, und Irma las die Straßenkarte.
    Magdalena wiederum wanderte den Vormittag über durch das Stofflager einer norddeutschen Textilmanufaktur und prüfte mit ihren schönen weichen Fingern die Qualität der vorgestellten Kollektionen auf ihre Tauglichkeit für Jorgensens Sortiment.
    Die kleine Pension war jetzt, in der Nachsaison, nur noch wenig besucht. Ein Geschäftsreisender und seine Assistentin waren die einzigen Gäste, stellte Johannes fest, als er den Gastraum betrat, dicht gefolgt von Irma, die darauf bestanden hatte, genau hier aus dem Auto zu steigen und vierzehn Tage zu bleiben. Sie hatte ihr dunkles Haar zu ­einem Knoten gewunden und am Hinterkopf befestigt, ihre Füße staken in schweren Wanderstiefeln, zu denen sie moderne Kniebundhosen trug. Wanderbluse und -jacke waren aus einem teuren Material. Ihre gerade erst überstandene schwere Erkrankung sah man ihr fast nicht mehr an.
    Der Wirt stand hinter seiner Theke, räumte frisch gespülte Teller und Platten in die Schränke und begrüßte seine neuen Gäste.
    »Haben Sie Tee?«, fragte Irma.
    »Offen und ohne Zitrone?«, fragte der Wirt.
    »Wie haben Sie das gewusst?«, fragte Irma glücklich.
    Der Wirt lächelte.
    »Was haben Sie denn heut Abend zum Essen da?«, fragte Johannes und stopfte sich seine Pfeife.
    »Brot und Fischplatte«, sagte er.
    »Für uns bitte zweimal«, sagte Irma, »oder was sagst du?«
    Johannes machte Ringe mit dem Pfeifenrauch. Ansonsten schwieg er und schaute zum Nachbartisch, der vollgepackt war mit Musterbüchern. Die Assistentin mit dem strohblonden Haar beugte sich darüber und schrieb konzentriert auf einen Block. Sie war dabei, die Qualität einer kleineren Menge an Stoffproben zu vergleichen. Den jungen Mann mit seiner Begleiterin hatte sie sehr wohl regis­triert.
    »Sie kann nicht seine Mutter sein«, dachte sie, aber bei näherem Hinsehen schien er ihr doch wesentlich jünger zu sein, als Haarschnitt, schwarzer Rollkragenpullover, Hornbrille und Strickjacke hätten vermuten lassen.
    Vielleicht achtundzwanzig, dachte Magdalena.
    Allerhöchstens.
    Jorgensen aß von einem gut gefüllten Teller Butterbrote. Blitzschnell und ohne hinzusehen, streckte Magdalena immer wieder die Hand aus, damit keine fettigen Krümel von der Mahlzeit ihres Chefs herunterfielen und die kostbaren Stücke ruinierten. Johannes sah fasziniert zu.
    Irma war der Blick ihres Sohnes keineswegs entgangen, ebenso wenig das Interesse, das in den Augen dieses Mädchens aufgeblitzt war. Wobei Mädchen eine ziemliche Untertreibung war, diese Zuarbeiterin oder Sekretärin war mindestens schon fünfundzwanzig. Und berufstätig! Dass so eine niemanden fand, der sie ehelichen wollte, lag ja schon fast auf der Hand.
    Nett sah sie ja aus, adrett und gepflegt, die Kleidung wahrscheinlich selbst genäht. Irma nickte anerkennend, das musste man ihr lassen, sie konnte sich sehen lassen.
    Und wie sie diesem Fettwanst eilfertig entgegenkam, neue Brote brachte und ein neues Bier, ohne ihre eigentliche Aufgabe zu vernachlässigen … Vielleicht wäre es doch gar keine schlechte Sache, dachte Irma da, wenn ihr Johannes langsam unter die Haube kam. Was für eine Gelegenheit bot sich ihr hier, selbst dabei Regie zu führen!
    Am nächsten Morgen regnete es. Johannes stand im Eingang und sah hinaus in die Wolken, Irma war noch beim Frühstück. Von dem Geschäftsreisenden und seiner Begleiterin war nichts zu sehen. Schade, dachte Johannes. Schade.
    Er tastete nach dem Päckchen Zigaretten. Er wollte rauchen, solange Irma nicht in der Nähe war. Er fasste den Pfad in die Dünen ins Auge und ging los. Noch eine Kehre, und er hätte den Dünenkamm erreicht.
    »Schöne Aussicht hier oben«, sagte Magdalena.
    Beinahe wäre er mit ihr zusammengestoßen.
    »Was machen Sie denn hier?«, fragte er.
    »Ich wollte mir das Meer noch einmal ansehen.«
    »Sie reisen ab?«
    »Erst morgen Abend. Wir haben Termine bei unseren Lieferanten«, sagte Magdalena und der Wind wehte ihr ins Gesicht.
    Ihr Haar gefiel ihm. Ihre Art, es in die Stirn zu

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