SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)
rief da eine bekannte Stimme.
Was …
»Komm endlich zu dir, Boss!« Pong schrie jetzt. »Was soll das wehleidige Gesülze? Du bist die Anführerin der W ILD R AMS ! Du bist hart, stark, unnachgiebig und unbeugsam! Kämpfe, Colonel, kämpfe!«
Shanija Ran blinzelte. »Wo bin ich?«
Eben hatte sie sich noch vor dem
Gasthof zur feuchten Aussicht
befunden, nun stand Shanija mit einem Mal in einer anderen, ganz und gar menschenleeren Gasse. Die Läden links und rechts waren vernagelt, verrottet und verlassen. Keine Fackel oder sonst eine Lichtquelle erhellte den Ort. Der Lärm auf den überfüllten Wegen war zu einem fernen Rauschen zusammengeschrumpft. Nur das ewige Geplapper der Flüstertüte echote noch in sinnlosen Wortfetzen von den Wänden.
Pong löste sich aus der Halsmulde auf Shanijas Brust, flog ein paar Schleifen, streckte sich, machte einen Buckel und flatterte schließlich in Augenhöhe vor ihr auf der Stelle. »Was war mit dir los, Boss? Hast du geträumt?« Seine Zacken glühten in einem Grellorange. Und auch der Rest seines Körpers drückte deutlich Alarmbereitschaft aus.
»Ich … weiß nicht«, antwortete sie.
»Dieser Typ in Kapuzenmantel war so gruslig, dass mir von den Hörnern bis zur Schwanzspitze Gänsehaut gewachsen ist.«
Shanija stutzte. »Du hast den Mönch auch gesehen?«
»Und wie ich den gesehen habe!«
»Das würde ja heißen, dass du neuerdings meine Gedanken und Träume miterleben kannst?«
Der kleine Drache wackelte nachdenklich mit seinen Barteln und zog die Nüstern kraus. »Nein, kann ich nicht. Ich les da grad gar nichts bei dir.«
»Das bedeutet …« Von einem Moment zum anderen war Shanija hellwach. Ihr Blick wanderte die Ecken und schattigen Schlupfwinkel entlang. »… der Kerl war echt und, wenn mich nicht alles täuscht, drückt er sich hier noch irgendwo herum. Wie sieht’s aus Pong, haben deine Augen was von Papa Nachtsichtgerät geerbt?«
»Nee, nur von OPA – dem otologischen Prälogismus-Ad- apter. Und der sagt mir, dass eine Armee Tausendfüßer auf dich lauert.«
»Sehr hilfreich, danke.« Shanija zückte Tyr, das immer noch die Größe eines Dolches besaß, ließ das störrische Schwert aber vorerst schlafen und schlich weiter.
Pong dagegen schnaubte sichtlich eingeschnappt und segelte im Tiefflug über die Planken des wackligen Stegs, der das Fundament der Gasse bildete. Mit kleinen Feuersäulen erleuchtete er bei jedem Schnaufer den Weg, verkokelte den ein oder anderen losen Span und zeichnete so eine Spur aus glimmenden Punkten.
Plötzlich hörte Shanija es auch, vielmehr spürte sie es. Der Sand unter ihren Füßen vibrierte. Die Schwingung eines tiefen Grollens drückte auf ihre Brust. Es klang wie ein Stampfen … nein, wie ein Paukenschlag.
»Pong, was ist das?« Shanija blieb stehen und versuchte die Quelle des Geräusches zu orten.
Immer näher kam das dumpfe Hämmern. Der Sandbelag des Stegs tanzte zwischen den verglühenden Funken. Die Erdfrau presste die Hand instinktiv auf ihr Herz, als könne sie damit das Pochen im Inneren dämpfen.
»Tyr, bist du wach?«, flüsterte sie ihrem psimagischen Schwert zu. »Ich brauche dich wahrscheinlich, und dann werde ich keine Zeit haben, dir erst gut zuzureden.«
Die Waffe bog sich wie zu einem langgezogenen Gähnen und wuchs auf Armgröße heran.
Da! Ein Knacken, dann lautstarkes Quietschen. Etwas sauste von links oben herab. Landete krachend auf den Planken und hüllte Shanija in eine Wolke aus Sand. Sie sprang rückwärts, streckte das Schwert vor und hustete.
Im fahlen Licht glänzte die Silhouette einer wannenförmigen Metallröhre, die von einer der oberen Ebenen herunter führte.
Shanija sah verwirrt zu ihrem Drachenfreund; unsicher, ob sie diesmal phantasierte. Doch auch Pong hatte den Auftritt des Dings bemerkt, fuhr in die Höhe und fauchte: »Es hätte mich erschlagen können!«
Dann, ehe beide recht wussten, was sie tun sollten, spiegelten sich Flammen in der polierten Rutsche. Gejohle und Gejauchze erklangen. Bunte Gestalten schossen die Röhre herab und kugelten japsend vor Shanijas Füße.
Gaukler!
Sie grinste.
Wenn ich schon vor Kaspern und Clowns Angst bekomme, wird es ernsthaft Zeit für eine ordentliche Mahlzeit und ein bisschen Schlaf
.
»Shanija!« Pongs feuriger Atem züngelte etwas abseits einen Holzbalken entlang und strahlte in die Düsternis. »Dort!«
Ein Schatten huschte um die Ecke. Krabbelte. Wuselte, als würde er aus brodelndem Teer bestehen.
»Also doch!
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