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aus, als würde er schlafen.
Arls begann zu singen. Er rezitierte das traditionelle Begräbnisritual seiner Kuntar-Sippe. Tschad lauschte der krächzenden Stimme, die nacheinander die Namen der Gestorbenen sang.
Beionze. Dschamilla.
Aikel.
Ordsch, sein Bruder.
Tschad war ergriffen, obwohl Dariden nicht übermäßig um ihre Angehörigen trauerten. Es gab keinen speziellen Ritus. Stattdessen blickte man in die Zukunft. Auf die Zeit des Lebens und die Zeit des Sterbens. Wenn der Tod Wiedervereinigung schenkte. Wenn sie anknüpfen würden an die Zeit, die sie gemeinsam verleben durften. Wenn das Körperliche keine Rolle mehr spielte.
Und nach vorn zu blicken, war jetzt wichtiger denn je.
Die kommenden Dianocten, wenn nicht Lunarien würden über das Schicksal des Zentralarchivs entscheiden und mit ihm über das Burunduns, Lakaras, der Flüchtlinge, womöglich über Less im Ganzen. Und sie würden daran teilhaben. Was würden ihnen die bevorstehenden Kämpfe noch abverlangen? Adepten waren normalerweise Wissenssammler und neutrale Beobachter, keine Kämpfer. Dennoch wurden sie während ihrer Lehrzeit auch in vielen Kampftechniken ausgebildet, die ihnen jetzt dienlich waren. Eine Vorsorge? Tschad wusste es nicht. Aber er akzeptierte es.
Arls’ Gesang endete. Sie verbeugten sich vor dem Toten und verließen den Raum der Stille. Die Neewen würden sich um die Feuerbestattung kümmern, wie es bei den meisten Kuntar Sitte war.
Sie hatten kaum den Raum verlassen, als plötzlich ein Muthaffe heranstürmte. Normalerweise durfte kein Wächter das Innere des Archivs betreten, doch seit dem letzten Überfall hatte Mun die Verstärkung des bewaffneten Schutzes für unerlässlich gehalten, vor allem wegen der Kinder. Doch bis hierher vorzudringen, war den Muthaffen auch jetzt nicht erlaubt – es musste also ein außergewöhnlicher Grund vorliegen. Außer Atem kam er vor Mun zum Stehen.
»Darren …«, begann der Wächter und musste abbrechen, weil ihm die Stimme versagte.
»Was ist mit Darren?«, rief Mun alarmiert.
»Er ist … verschwunden!«
»
Was?
«
»Luur ist ebenfalls nicht zu finden, und zuletzt hat man die beiden zusammen gesehen! Er muss den Jungen entführt haben!«
Epilog
Das schwarze Herz. Die Klaue
. Keine Visionen eines zehnjährigen Jungen, sondern schreckliche Realität. Tiefe Sorge hatte von Luur Besitz ergriffen. ELIUM kannte zweifelsohne Darren Ran Hags Aufenthaltsort.
Der Draawe schob seinen massigen Körper in aller gebotenen Eile durch den spärlich beleuchteten unterirdischen Korridor, der in sanftem Gefälle schnurgerade durch felsiges Gestein verlief. Der Junge folgte ihm ohne Widerstand. Glücklicherweise war es ein Leichtes gewesen, ihn mit einem verlockenden Abenteuer zu überreden. Darrens Tatendrang und die Eintönigkeit des Zentralarchivs waren in dieser Hinsicht ungemein hilfreich. Darren vertraute dem Bibliothekar inzwischen, nicht zuletzt auch dank eines gewissen mentalen Einflusses, über den jeder Draawe verfügte. Wobei das der leichtere Part seines Plans war. Mun gegenüberzutreten, würde bedeutend schwieriger werden. Doch er konnte es nicht ändern. Zu bedeutsam war, was er tun musste.
»Wie weit ist es denn noch bis zu diesem geheimnisvollen Hafen?«, wollte der Sohn Shanija Rans nach einer Weile wissen. Er wurde allmählich ungeduldig.
»Nicht mehr weit«, antwortete der Bibliothekar vage.
»Fahren wir von dort nach Burundun?«
»Nein, dorthin wollen wir nicht. Es ist unglaublich wichtig, dass du mir jetzt vertraust, denn alles hängt von dir ab. Deshalb darf nicht einmal Mun davon erfahren, das würde alles gefährden. Bald werden deine Fragen beantwortet, ich verspreche es dir.«
Darren schwieg. Bald darauf verbreiterte sich der Korridor und mündete in eine Hohlkammer beachtlichen Ausmaßes.
Der Junge hielt neben dem Draawen an und starrte fasziniert auf ein eiförmiges Gebilde, das in der Mitte der Kammer auf einem Gestell neben einem schwenkbaren Kran ruhte. Das Gerüst stand am Rand eines rechteckigen Wasserbeckens. Eine Handvoll Neewen befanden sich in der Höhle. Sie bugsierten soeben den Ausleger des Krans über das Objekt, spulten zwei Metallseile ab und befestigten sie an Haken auf der Oberseite.
»Das ist unser Transportmittel. Weißt du, was das ist?«
»Ein U-Boot!«, rief Darren begeistert. Shanijas Nachkomme verfügte über eine ausgesprochen hohe Auffassungsgabe und sehr viel Wissen. Sein Intellekt war anderen Kindern, aber auch vielen Erwachsenen,
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