SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)
abgeschlossen. Wir fangen neu an.«
Wenige Tage später stand Shanija auf. Den Blick in den Spiegel hätte sie lieber vermieden. Sie sah bleich und hohlwangig aus, und sie war dünn geworden. Aber das würde sie bald wieder in Ordnung bringen. Ihre grünen Mandelaugen jedenfalls blickten unternehmungslustig, und wenigstens die Flut ihrer rotbraunen Haare kaschierte ihren jämmerlichen Zustand.
Ein Bote brachte ihr Nachricht, dass die
Sonnenkönigin
jeden Moment eintreffen sollte, um sie und Darren abzuholen. Zu packen gab es nicht viel, nur ein paar Erinnerungen, alles andere würde sie zurücklassen. Auch Darren hatte seinen kleinen Beutel schon fertig, er war sehr aufgeregt und freute sich auf seinen Großvater, der gelähmt und einsam in seinem großen Turm lag und ihn brauchte. Endlich würde er einen Vater bekommen, und darüber war Shanija am glücklichsten.
Zusammen mit Darren machte sie sich auf den Weg zum Archiv. Sie mussten dabei viele Baustellen überwinden und brauchten über eine Stunde, obwohl die Entfernung nicht weit war. Die Quinternen hatten ganze Arbeit geleistet. Draußen im Krater wurden die Flüchtlingslager nach und nach aufgelöst, Earl Hag stellte nahezu seine gesamte Flotte bereit, um die Leute zurück in ihre Heimat oder zu einem neuen Wohnort zu bringen. Einige reiche Städte stellten Wohnstätten und Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung und schickten ebenfalls Luftschiffe und Karawanen.
Sie hatten sich noch gar nicht richtig von den Nachwirkungen der Passage erholt, als die zweite Vernichtungswelle über die Bewohner von Less hereingebrochen war. Es war notwendig, dass jetzt alle zusammenstanden. Shanija hatte es zugelassen, dass die ehemaligen Angehörigen von Corundurs Sekte ihren Beitrag »in seinem Namen« leisteten, weil es den Flüchtlingen und Geschundenen leichter half, mit allem fertig zu werden. Corundurs Heldentod war überall bekannt, und viele waren der Ansicht, seine Vision Wirklichkeit werden zu lassen – von einer geeinten Welt. Insofern erwuchs daraus Gutes, was auch Mun versöhnte.
Niemand beachtete Mutter und Sohn, weil sie alle viel zu beschäftigt waren, und darüber war Shanija froh. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war die fortgesetzte Heldenverehrung ihr gegenüber. Nicht nur Heldin der Passage war sie nun, nein, sie hatte auch noch ELIUM vernichtet, das Böse an sich. Schon allein deshalb war es besser, in der Abgeschiedenheit Thel-Ryons zu verschwinden.
Im Archiv wurden die beiden schon erwartet, die
Sonnenkönigin
war angekündigt und würde jeden Moment am Turm anlegen. Ein Abschiedsessen war im Speisesaal vorbereitet, der prächtig geschmückt worden war. Sie verbrachten vergnügte Stunden miteinander, schwelgten in Erinnerungen, ohne sentimental zu werden (nur ein bisschen vielleicht), und lachten viel. Es war ja kein Abschied auf immer, sondern die Verabschiedung von dem, was gewesen war, und der Beginn eines neuen Lebens.
Shanija wurde es ausnahmsweise gestattet, ihre Tochter zu besuchen. Zusammen mit Darren ging sie in die Kammer, in der Raja von Bibliothekaren bewacht und umsorgt reglos lag, die Augen starr nach oben gerichtet. Sie sagten nichts, streichelten nur jeder eine Hand des Mädchens und küssten es auf beide Wangen. Dann wurden sie wieder hinausgeschickt.
Und dann ging es auch schon an den Aufbruch. Luur wurde zuerst wie alle anderen, die im Kampf gegen die Quinternen gefallen waren, in Ehren gehalten, bevor es um die Lebenden ging.
Seiya war ebenfalls reisefertig, sie wollte in der Mandiranei nach dem Rechten sehen und eine neue Regierung einsetzen. Sie würde Königin bleiben, doch mehr mit repräsentativen Pflichten, die sie ein- oder zweimal im Jahr wahrnehmen wollte, und die Regierungsarbeit beaufsichtigen, bis sie nicht mehr gebraucht werden würde.
Mun sah völlig übernächtigt aus, er kam dieser Tage kaum zu Schlaf, und viele Sorgen drückten ihn nieder, doch er war zuversichtlich und guter Dinge.
Pong und Ping standen ihm zur Seite, ein seltsames Paar, das noch für jede Menge Aufregung sorgen würde, da war Shanija sicher.
Und dann stand As’mala vor ihr, einsam und verloren, trotz ihrer fröhlichen Liri. Sie war die Einzige, die keine neue Aufgabe hatte. Ihr Zustand war inzwischen deutlich zu erkennen, Rageduns letztes Geschenk an sie.
»Diesmal bin ich es, die verwitwet und schwanger ist«, sagte sie resigniert.
Shanija nahm sie in die Arme. »Weißt du, wohin du gehen wirst?«
As’mala schüttelte den Kopf.
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