Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
wandte sich abermals um.
Und niemand kam hinterher, und war keiner zu sehen.
Da wandte er sich zurück und, im letzten Schritt erst, am Sack schon vorbei, hört er’s.
Ein Wiehern.
Und bleibt im Erschrecken noch stehen.
Da war in der Richtung, aus der sie gekommen, hinter der letzten Biegung, ein Pferd sichtbar, vom Hügel nur halb verdeckt. Das Pferd schien reiterlos und scharrte im Sand mit dem Huf.
Joseph aber glaubte zu erkennen, wem es gehört. Und sah den Reiter doch nicht.
Da ging er geduckt auf den Hügel zu und spähte hinüber. Und sah, daß es Jesus war, der dahinter Steine setzte und fügte.
Da zog sich Joseph zurück. Hört aber selbst jeden Schritt, den er ging, die Böschung hinabwärts. Denn unterm Gewicht seiner Sohlen löste sich, hörbar noch, kleinstes Geröll, rieselnd hinab bis zum Fuße des Hügels.
Da, wieder beim Sack, lädt er rasch ihn sich auf. Schon hört er hinter sich Jesus zu Pferde.
Der sprengt herbei, herrscht ihn an, was er hier suche. ›Spionierst du mir nach?‹
Jesus aber, vom Pferd herab, schlug mit dem Stock auf Joseph ein. Da wußte Joseph, so sicher ihn traf dessen Stock, daß Jesus Steine gefügt hatte, zu hinterlassen Zeichen und Richtung für andere, die Söldner und Häscher, die Dymas’ Bande verfolgten.
Denn nicht nur fühlte er Jesu Hiebe wütender treffen, eindringlicher, rascher, Schlag für Schlag. Ihm wurde auch bewußt, daß sein wehrloses Hinnehmen der Schläge nur bestärkte Jesu Verdacht: Der Stumme weiß, wofür er geprügelt wird, denn er hat mich gesehen und gelesen das Zeichen, das ich gesetzt.
Joseph aber ließ es zu und wehrte sich nicht, und den Schlägen Jesu wich er nicht aus.
Denn im Moment, da er am Hügel sich aufgerichtet und Jesus erspäht hatte, wie dieser Zeichen legte zu aller Hinrichtung und Untergang, war es dem Joseph, als sehe er, wie damals sein Sohn gesehen haben mußte, als er aufstand hinter dem Felsen und erspäht hatte den Vater, der am Steinaltar stand, das Messer zur Hinrichtung seines Sohns schon in der Hand.
Und Joseph wich den Schlägen nicht aus, weil ihm schien, daß in Jesus, dem Sohne Dymas’, sein Sohn ihn schlug, strafend Joseph für jeden Stein, den er gesetzt und gefügt hatte zum beschlossenen Opfer und Untergang Jesu.
Da ritt der ihnen entgegen, der Joseph den Auftrag gegeben hatte, aufzulesen den Sack, der vom Lasttier gefallen war.
Und der ritt nun herbei und schimpfte auf Jesus, daß er mit Schlägen aufhielt den Stummen, der trug geschultert den Sack.
Jesus aber gab vor, er habe geglaubt, der Gefangene wolle fliehen.
Da trieb der andere Joseph voran, zurückzutragen den Sack, ihn aufzubinden dem Lasttier.
Und Joseph eilte voran und entkam weiteren Schlägen. Er wußte aber nicht, ob andere – etwa Gemas oder Dymas – ihn hatten beobachtet: Flieht unser Gefangener, sobald er sich glaubt allein? Und Joseph wußte nicht, ob deshalb zurückgeritten war jener, nach Joseph zu sehen.
Sondern er ahnte nur eines: Daß Jesus sich wußte entdeckt. Von Joseph entdeckt. Denn Joseph hatte ihn Zeichen hinterlassen sehen den Verfolgern.
Joseph aber schloß daraus: Nun muß Jesus fürchten, daß ich ihn an Dymas und Gemas verrate.
Da war Joseph sich sicher: Jesus wird mich bei nächster Gelegenheit töten.
Kapitel 72. Der Dämon
Es war aber wenig später, als sie vorbeizogen an Jerusalem und kamen ins Hochland Judäas, nahe bei Bethlehem, der Stadt Davids, daß Dymas hielt vor Abend im Hügelschatten, sie absteigen ließ und ruhen.
Und Joseph sammelte Holz fürs Feuer.
Da sah er, vom Kamm aus des Hügels, weidendes Tier am Fuße der anderen Seite.
Auch ein Bauerngehöft sah er in guter Entfernung. Und fern eine Frau, schattenschwarz so fern.
Die schritt hervor aus dem Rauch, der aufstieg vom Hof. Und Joseph glaubte zu sehen, sie trug auf dem Kopf einen Krug.
Da war’s, als stünde sie still, den Arm erhoben zum Krug. Und da war’s, als sähe sie her, zu Joseph her aus der Ferne.
Und Joseph sah aufsteigen Rauch, schlank und gerade. Und bei Windesstille stillstehen auch sie.
Des Nachts aber, als alle schliefen, erwacht Joseph in Schrecken. Denn er glaubt: Es ist Jesus, der sich über mich beugt, mich zu würgen.
Da war es ein Fremder.
Der aber beugt sich über ihn und mit blutigem Finger bestreicht ihm die Lippen, daß der Sudel träuft bis hinab in die Winkel des Munds. Und der Fremde behaucht die Stirn Josephs mit Hauch, der roch nach rauchendem Blut.
Da erhob sich der Fremde, schritt hin
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