Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
vielleicht, was geschehen. Zu beobachten aber vor allem, mit wem ich mich träfe und wer den Auftrag gegeben zur Arbeit und ob der Verdacht sei begründet.
Und Gemas sah mich mit Phylakos reden am Turmteich, als ich dem Diener Bericht gab, die Arbeit habe begonnen.
Gemas aber kam nicht herbei und zeigte sich nicht. Denn auch später folgte er uns und ging Phylakos und mir nach bis zum Tor und hinein, ohne daß wir’s bemerkten.
Auch hielt er sich im Abstand von uns auf dem Markt. Bis er sah, daß wir uns trennten und Phylakos mir übergab zum Abschied das Geld.
Dann aber folgte Gemas mir nicht mehr, mich zu beobachten beim Kauf des Tuchs, ob ich es kaufte oder wozu ich mich, auf und ab gehend die Waren und Stände, endlich entschlösse.
Sondern Gemas ließ mich.
Und folgte statt dessen im Abstand dem Phylakos, der sich soeben von mir getrennt.
Und blieb dem Diener auf der Spur noch im Gedränge der Gassen jenseits des Markts.
Ans Ende der Straße, bis vor die Stufen bei der Weinpresse ging er dem Phylakos nach und hielt.
Denn auch Phylakos hatte gehalten.
Und er sah Phylakos sprechen mit einem Sklaven, der ihn wohl kannte, der war Phylakos entgegengestiegen.
Da stieg Phylakos selbst die Stufen hinab und an jenem vorbei.
Und Gemas sah’s. Und eilig ging hinterher, ihn nicht zu verlieren.
Und folgte ihm bis an den Ort, wo stand das Haus meines Herrn. Und sah hineingehen durchs Tor Phylakos, meines Herrn Diener.
Da wußte Gemas nicht, wessen Haus es war, und blieb stehen in der Nähe.
Und als eine Alte vorüberging, fragte er sie nach dem Haus, wem es gehöre und wer dort wohne, und deutete zum Eingang des Hauses. Da hört er:
›Weißt du es nicht? Des Ratsherrn Haus ist es.‹
›Des Ratsherrn …?‹ wiederholte Gemas.
›Ja doch, der Ratsherr selbst wohnt dort‹, meinte die Alte.
›Aber seinen Namen weißt du mir nicht?‹ sprach Gemas zu ihr.
›Joseph, dem Ratsherrn gehört’s, sag ich doch‹, gab die Alte zur Antwort.
›Von welchem Joseph sprichst du? Ist es – ‹
Da unterbrach ihn die Alte:
›Vom Sohn Elis, dem Ratsherrn, dem Joseph aus Arimathäa.‹
Und sie zog neugierig Gemas zur Seite:
›Sag mir, wo kommst du her? Trägst du ihm Botschaft von seiner untreuen Frau?‹
Da kehrte Gemas zurück zu Joseph, noch bevor ich den Markt verließ, und meldete ihm, das Grab werde ausgehauen im Auftrag des Joseph von Arimathäa, eines reichen Ratsherrn. Der sei erkrankt und seit Wochen habe ihn keiner mehr außer Hauses gesehen.
Gemas aber wußte noch mehr. Vom Unglück des Reichen und vom vermeintlichen Tod seiner Frau, der Esther, von den Boten, die hin- und hergingen zwischen beiden seit Monaten. Denn das Gesinde im Haus hatte dieses und jenes ausgeschwatzt, so daß es andere draußen herumtrugen.
Was Gemas aber berichtete, ließ Joseph, Dymas und Gemas nicht fürchten. Sondern sie dachten: Es ist ein ehrbarer Herr, der sein Grabmahl läßt bauen und sorgt für den Tag. Denn er weiß den Tod nah.«
Kapitel 102. Unerhörtes
Da unterbrachen die Zuhörer Neith.
Und Monoimos fragte zuerst, und Balthazar wiederholte’s erstaunt:
»Du sprichst uns – hören wir’s recht? – von Joseph dem Arimathäer? Von jenem Joseph, der abnahm vom Kreuz Jesu Leichnam? In dessen Grab gelegt wurde Jesus?«
Da antwortete Neith: »Von meinem Herrn.«
Und Balthazar: »Joseph von Arimathäa?«
Neith sprach: »Demselben.«
Da war Balthazar sprachlos.
Und Monoimos wollte sich nochmals versichern: »Und sprichst uns also von diesem Grab … – «
Neith sprach: »… nach dem ihr doch sucht. Das zu finden ihr kamt und euch gewagt habt in die belagerte Stadt.«
Und Balthazar, noch kann er’s nicht glauben: »Nein, wirklich, von eben dem Felsengrab sprächst du uns, das also … das also ausschachtete Joseph? Joseph, der Nazoräer? Joseph, der Vater des Herrn …?«
Neith sprach: »Von demselben.«
Und Monoimos: »Nicht aber Joseph von Arimathäa wurde gelegt in das Grab, das grub Joseph. Sondern Jesus, der Christus. Sprichst du davon?«
Neith aber antwortete:
»Und nicht wurde Joseph von Arimathäa gelegt in das Tuch, das ich ihm weben wollte.
Das wißt ihr. Und wißt es heute.
Wir aber wußten nichts davon damals.
Sondern nur glaubten zu wissen, für wen bestimmt sei das Grab und für wen bestimmt sei das Tuch.
Und nur glaubten zu wissen, wer einst würde gelegt in das Grab und wer einst gehüllt in das Tuch.
Denn jeder von uns war seinen eigenen Weg gegangen. War hergeführt, bis ans
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