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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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war aber, als Phylakos zögernd noch stand bei mir, sich bereits anschickte wieder hinauszutreten, zurückzugehen, da brach draußen ein Blitz herab nahe der Stadtmauer.
    Dessen Licht aber goß hell zwischen uns hin, die wir standen am Eingang. Und fuhr hell ein ins Innere der Höhle.
    Phylakos aber hatte abgewandt rückwärts den Blick, als der Blitz niederfuhr. Und sah das Licht schießen an die Gesichter derer, die standen und hinter uns Lampen entzündeten, wie ich befohlen.
    Da fiel mir auf, wie Phylakos nochmals in Sorge geriet, kurz vor dem Gehen. Denn Phylakos trat hinaus in den Regen und nochmals wandte her sein Gesicht und blieb eine Weile stehen wie in Gedanken.
    Da rief ich hinaus: ›Trage nicht Sorge um mich!‹
    Ahnungslos sagte ich’s. Und auch Phylakos wußte lange nicht, was er gesehen.
    Dymas aber, meinte ich, sah ihm nach. Denn ich sah Dymas deuten in die Richtung, die Phylakos nahm.
    Und ich sah hin, sah aber Phylakos nicht mehr. Der war hinabwärts im Rücken der Richtstätte schon verschwunden.
    Noch immer aber deutete Dymas hin und rief Gemas herbei, der abgesetzt hatte die Lampen.
    Da sah ich, daß Dymas nicht hinter den Golgotha deutete, wo Phylakos verschwunden war, sondern zum Pfad auf der anderen Seite des Richtfelsens, der sich windend zog die Schädelstätte empor.
    Denn von dort her stiegen welche, Kriegsknechte und Soldaten auf die eingehauenen Stufen.
    Und sie trieben in ihrer Mitte einen Gebückten. Der trug einen Kreuzigungsbalken hinauf.
    Nicht aber schnell genug ihnen.
    Denn als hätten sie es ihm zuzuschreiben, daß sie hinausmußten unters Gewitter, schlugen sie ihn Schritt für Schritt, schneller zu erklimmen die Stufen.
    Denn sie wollten es hinter sich bringen.
    Es waren aber sieben, die ich zählte. Und zwei von diesen eilten nun dem achten, der sie führte, voraus, und wandten sich, oben angekommen, dem Verurteilten zu, der den Balken trug.
    Ich sah aber sonst niemanden. Sah keine Menschen am Fuß der Richtstätte. Und keinen einzigen stehn gegenüber, längs der Stadtmauer, die reichte hin bis zum Gennattor.
    Da stand niemand.
    Ja, so weit ich durch den Regen noch hinsehen konnte, stand niemand.
    Da dachte ich: Es muß ein Fremder sein, den sie kreuzigen. Denn da stand niemand, ihm aus der Ferne hinüberzusehen in die Augen.
    Denn sie kreuzigten stets zur Stadtmauer hin, daß es sehen konnte, wer wollte, und damit der Gekreuzigte sah, so lange er noch konnte, wer stehengeblieben war oder weiterging und wer für ihn stand, ihm hinübersah in die Augen.
    Das aber, was er sah, war das letzte. Und er nahm mit vielleicht einen, der stand für ihn. Denn wer ihm herüberkam in die Augen, bevor sie sich schlossen, der ließ ihn nicht allein.
    Aber hier stand keiner für ihn, den sie hinaufgetrieben hatten, wohin ich auch sah.
    Da dachte ich, daß vielleicht Schaulustige stünden im Gennattor, von dort herauszublicken zum Hügel.
    Das Tor selbst aber war kaum mehr sichtbar. Und war von dichtgedrängten Regenbahnen verhängt, die trieben im Wind.
    Da wandte ich mich ab und trat einen Schritt zurück, hinter den Eingang des Grabs, nicht anzusehen das Folgende.
    Gemas aber, von Dymas herbeigerufen, drängte an mir vorbei und hindurch zwischen Dymas und Joseph, bis auf die Stufen zum Eingang hinaus, und sah’s.
    Da blieb Gemas still und trat rückwärts zwischen Dymas und Joseph unter den Eingang zurück.
    Und den Zurückweichenden höre ich sagen, was Dymas schon weiß, Joseph aber noch nicht:
    ›Seht doch, sie kreuzigen einen.‹
    Da beschrieb Gemas, wie er gewohnt war, dem Joseph, der neben ihm stand, was er sah:
    ›Jetzt halten sie oben.
    Sie lösen die Fesseln dem Mann.
    Der ist noch jung. Vater, was schätzt du?‹
    Dymas aber antwortete nicht, sah nur hin. Und Gemas, auch er wandte die Augen nicht seitlich zum Vater, sondern sein Blick war an den Felsen geheftet.
    Da fuhr Gemas fort:
    ›Keine zwanzig ist der, sage ich, keine …
    Was macht der da?
    Warum schlagen sie ihn?
    Wohl weil er ihnen nicht stillsteht.
    Steh still doch!
    Der Balken muß weg, den er trägt.
    Da, sie wollen ihn hinknien machen.
    Steh still doch!
    Da, jetzt kniet er.
    Jetzt kommen die Seile ab.
    Linker Arm frei, rechter kommt los.
    Der fällt schlaff ihm zur Seite.
    Jetzt heben sie – zwei sind’s – den Balken vom Nacken.
    Der Mann fällt.
    Vornüber. Ist flach auf den Stein gefallen.
    Wo er doch nichts mehr zu tragen hatte!
    Grad, als hätte der Balken ihn und nicht er den Balken getragen.
    Aber

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