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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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gestolpert? Weinte es? Ich weiß es nicht mehr.
    Denn jetzt ging es los, als spräng uns von überall her Gefahr in den Nacken. So daß wir zuschlugen, sie überall gut erkannten, die sich in den Löchern verkrochen, vergeblich in ihrem Hinterhalt enden mußten. Denn unsere Lanzen stachen in die Häuser hinein, in die Zisternen hinab und quer in die Kornspeicher, und drangen tiefhin noch hinab in die Brunnen. Denn selbst unters Wasser hatten sich welche versteckt, am starren Zugseil sich haltend, das sie verriet.
    Unsere Entschlossenheit aber erschreckte sie so, daß kein Pfeil, kein einziger Pfeil, keine Lanze, kein geschleuderter Stein traf die Meinen.
    Wir hielten, das Geschrei zum Schweigen zu bringen, Flamme an jede Hütte, die wir verriegelt fanden, Flamme an jedes Haus. Warteten, bis sie öffneten, rauchblind herausrannten in unsere Schwerter.
    Und ein paar sah ich von Meinen, die hatten einige Leute zusammengetrieben am Rande der Felder.
    Und der Kerl – ich kannte ihn gut, ein guter Soldat – machte Anstalten, als seien’s Gefangene und als habe er Gefangene gemacht. Und weigerte sich, als ich ihn hieß: „Zuschlagen, schlag zu!“
    Der weigerte sich, einzuhauen auf diese, behauptete: „Die tragen nicht Waffen.“ Es seien nur alte Männer, Kinder und Frauen, Säuglinge auch darunter.
    Da nahm ich ihm ab sein Schwert. Und vor allen andern hab ich’s gezeigt ihm. Wie ein Römer Befehle ausführt, wenn’s zu schützen gilt die Legion. Und erhielt sogleich Hilfe von einigen, die mir zustechen halfen. Und wortlos, durch Taten und Tun, befeuert warn wir. Denn wortlos durchstachen wir Leiber und Kehlen, abschlugen Hände und Zungen und Haupthaar in zwei. Und so bei allen zweiundzwanzig. Denn der Kerl, der gefangennehmen wollte und dem ich abnahm das Schwert, hatte zweiundzwanzig Rebellenhelfer zusammengetrieben.
    Und ich ließ nachzählen ihn, als sie schließlich lagen zu Boden am Feldrand.
    Und auch von anderen erhielt ich jeweils die Zahl der von ihnen Niedergemachten.
    Und es war noch am Feldrand, beim Zählen der zweiundzwanzig, wir standen noch dort, da kommt einer auf mich zu, fragt:
    „Virdanus, du weinst?“
    Und – siehst du – ich hatte es nicht bemerkt. Denn weinend hatte ich niedergemacht, die da fielen. Und wußte plötzlich: es war das Kind. War das Kind gewesen, das ich am Eingang des Dorfes getötet. Das war’s gewesen.
    Denn danach, schon im Eingang, ergriff mich der Dämon. Und ich sah ihn in anderen ebenso, einschreitend mit uns ins Dorf, wie er mir und den Unseren den Rücken stärkte, doppelnd die Wucht lanzenschleudernder Arme, fachend den Hunger unseres Schwerts und der Fackeln, die uns führten die Hände.
    Denn alles wurde geschlagen, Tier und Mensch. Und wir alle taten es gleich, ließen nichts und niemanden stehen in den Dörfern.
    Bis sie aufstanden wieder. Alle mir aufstanden, die ich gefällt. Allen voran das Kind.
    Als ich das Kind sah, ich weiß nicht mehr wann, drüben im Dorf, wo ich mich niedergelassen hatte, ein ausgedienter Soldat – denn dort hatt ich Verwandtschaft, hatte einst eine Frau, hatte Kinder –, als ich das Kind sah … – wie lang ist es her? Nur drei Tage scheint’s her, daß ich schwertschlug das Kind, daß ich’s überschritt noch im Hiebe. Nur drei Tage scheint’s her. Denn da: im eigenen Dorf stand es vor mir. Und brachte sie alle mit sich, brachte zu mir, Nacht für Nacht, mehr und mehr der Durchstoßenen.
    Bis die, mit denen ich lebte im Dorf, mich nicht länger duldeten. Mich hinaustrieben, hierher, den Grabhöhlen zu.
    Denn sie ertrugen es nicht, daß ich schrie immer wieder, und ausführte seinen Befehl. Denn das Kind bringt die Schwertdurchstoßenen heute noch zu mir, geleitet zu mir die Pfeildurchbohrten, führt an der Hand her die Lanzendurchrannten, versammelt sie um mich Nacht für Nacht. Auch am Tag, wenn ich glaube, ich könnte entkommen dem Kind im Schlaf, da gelangt’s zu mir mit welchen und zeigt sie im Augenblick mir, da mein Schwert in sie fuhr. Und dann ruft das Kind mir:
    „Nimm auf!“
    Und ich nehme auf, was vor mir liegt. Ich gehorche. Dann ruft es:
    ›Schlag zu!‹
    Ruft immer wieder:
    „Schlag zu!“
    Und ich schlag zu und gehorche.‹
    Da gab Joseph dem Mann, den sie nannten Virdanus, zu essen. Nicht weil der hungrig gewesen wäre, sondern weil Joseph sah dessen Hand, wie sie gehorchen, wie sie aufnehmen wollte das nächste, den Stein, der da lag.
    Und Joseph, ratlos entsetzt und doch mitleidend mit ihm, sprach zu

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