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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die Farbe der Vermissten, hier wusste man, dass es stimmte.
    »Mieses kleines Flüttchen.«
    Er hat Sommersprossen, dachte Dykstra. Und er bekommt leicht einen Sonnenbrand. Dann sieht er aus, als wäre er dauernd wütend, und für gewöhnlich ist er das auch.Wenn er gut bei Kasse ist, trinkt er Kahlúa, aber meistens trinkt er B…
    »Lee, nicht.« Wieder die Stimme der Frau. Jetzt heulte sie hemmungslos und flehte ihn an, und Dykstra dachte: Tun Sie das nicht, Lady.Wissen Sie nicht, dass das alles nur noch schlimmer macht? Wissen Sie nicht, dass er den Rotz sieht, der Ihnen aus der Nase läuft, und dass ihn das nur noch wütender macht? »Bitte, schlag mich nicht, es tut mir …«
    Klatsch!
    Wieder gefolgt von einem dumpfen Geräusch und einem spitzen Schmerzensschrei, fast wie das Jaulen eines Hundes. Mr. PT Cruiser hatte ihr wieder eine gesemmelt, so fest, dass ihr Kopf gegen die geflieste Wand geknallt war. Wie lautete doch der alte Witz? Warum kommt es in den Vereinigten Staaten jährlich zu dreihunderttausend Fällen von Gewalt in der Ehe? Weil die verfluchten Weiber … einfach nicht … hören wollen!
    »Mieses Flüttchen.« Lee sagte es so tonlos, als würde er aus der Bibel zitieren, direkt aus dem zweiten Buch Saufus, und was an dieser Stimme wirklich schaurig war – Dykstra spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten -, war ihre völlige Gefühllosigkeit. Zorn wäre besser gewesen. Und vor allem weniger gefährlich für die Frau. Zorn war wie leicht entzündbares Gas – ein Funke, und er brannte lichterloh, erlosch aber sofort wieder. Aber dieser Kerl spielte mit vollem Einsatz. Er würde sie nicht noch einmal schlagen, um sich dann zu entschuldigen und dabei vielleicht sogar zu heulen. Gut möglich, dass er das früher hin und wieder getan hat, aber nicht heute Nacht. Heute Nacht würde er aufs Ganze gehen. Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, um dieses Weib ist es nicht schade.
    Was soll ich jetzt tun? Was für eine Rolle spiele ich bei alledem? Wenn überhaupt …
    Ganz bestimmt würde er nicht in der Herrentoilette verschwinden und in aller Gemütsruhe pinkeln, wie er es ursprünglich vorgehabt und ersehnt hatte. Seine Eier waren auf die Größe von Zwetschgenkernen zusammengeschrumpelt, und der Druck, der auf seiner Blase lastete, hatte sich auf Rücken und Beine ausgebreitet. Das Herz hämmerte ihm in der Brust, und wenn der Typ das nächste Mal zuschlug, würde es wohl zu rasen anfangen wie bei einem Hundertmeterlauf. Es würde eine Stunde vergehen, bis er wieder pinkeln konnte, ganz gleich, wie dringend er musste, und dann auch nur stoßweise, in kleinen, unbefriedigenden Spritzern. Himmel, wenn diese Stunde nur schon vorbei wäre! Wenn er diesen Ort nur schon sechzig oder siebzig Meilen hinter sich gelassen hätte!
    Was soll ich tun, wenn er sie noch einmal schlägt?
    Dabei fiel ihm eine andere Frage ein: Was würde er tun, wenn die Frau die Beine in die Hand nahm und Mr. PT Cruiser ihr hinterherrannte? Die Damentoilette hatte nur einen Ausgang, und John Dykstra stand direkt davor – in den Cowboystiefeln, die Rick Hardin in Jacksonville angehabt hatte, wo sich alle zwei Wochen eine Gruppe von Krimiautoren traf – größtenteils vollschlanke Frauen in pastellfarbenen Hosenanzügen -, um über Schreibtechniken, Agenten und Verträge zu diskutieren und über Kollegen zu tratschen.
    »Lee-Lee, bitte tu mir nicht mehr weh, ja? Bitte tu mir nicht weh. Denk doch an das Baby!«
    Lee-Lee. Jesus, Maria und Josef.
    Ach, und auch das noch: Das Baby! Denk doch an das Baby! Bei welchem beschissenen Hausfrauensender war er denn hier gelandet?
    Dykstra hatte das Gefühl, sein rasendes Herz sei ihm ein paar Zentimeter nach unten gerutscht und er stünde schon mindestens zwanzig Minuten lang in dieser kleinen Betonnische zwischen der Herren- und der Damentoilette.Als er auf die Armbanduhr schaute, stellte er allerdings fest, dass seit dem ersten Schlag noch nicht einmal vierzig Sekunden vergangen waren. Was ihn nicht weiter verwunderte. Jede Wahrnehmung von Zeit war subjektiv, und wenn man plötzlich unter Druck stand, rasten die Gedanken mit geradezu unheimlichem Tempo. Über dieses Phänomen hatte er des Öfteren geschrieben. Wie wahrscheinlich die meisten Autoren von sogenannten Spannungsromanen. Es war fast schon das gottverdammte Hauptthema. Vielleicht sollte er, wenn er das nächste Mal bei den Florida Thieves mit einem Vortrag an der Reihe war, darüber sprechen und von diesem Vorfall

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