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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Herkimer haltmachen würde, nicht einmal, um ein Souvenir zu kaufen; er würde gleich weiterfahren, in die kanadische Wildnis hinein. Die Straße war dort zu Ende, aber das war kein Problem. Er hatte sich schon ein Buch mit dem Titel Parzellierungspläne Ostkanadas gekauft. Mit einem feinen blauen Buntstift – und mit vielen Kringeln – malte er einfach seine eigene Straße in dieses Buch. Mehr Kringel bedeuteten mehr Meilen.
    Wenn er wollte, konnte er den ganzen Weg bis zum Polarkreis weiterfahren.
    Eines Abends, nachdem der Wecker geklingelt und ihn aus seiner Trance gerissen hatte, trat er vor die Projektion, legte den Kopf schräg und betrachtete sie eine ganze Weile eingehend. Für jeden anderen wäre kaum etwas zu erkennen gewesen; aus der Nähe klappte der Trick mit der erzwungenen Perspektive nicht mehr, und für das ungeschulte Auge bestand die Waldlandschaft nur noch aus bunten Klecksen – dem Hellbraun der Straße, dem etwas dunkleren Braun der Blätter, dem blau-grau gestreiften Grün der Tannen, dem hellen Weißgelb der Sonne, die weit im Westen unterging, der Tür, die in den Heizkeller führte, gefährlich nahe. Sifkitz sah das Bild jedoch noch in aller Deutlichkeit. Inzwischen hatte es sich seinem Gedächtnis fest eingeprägt – fest und unveränderlich. Es sei denn, er trat in die Pedale, aber auch dann war er sich einer gewissen Gleichförmigkeit bewusst.Was gut war. Diese grundlegende Gleichförmigkeit war ein Prüfstein, mit dessen Hilfe er sich vergewissern konnte, dass all dies doch nur ein ausgeklügeltes Gedankenspiel war – ein Gedankenspiel, das sein Unterbewusstsein mit Bildern versorgte, bei dem er aber jederzeit den Stecker ziehen konnte.
    Er hatte einen Farbkasten mit nach unten genommen, um hin und wieder etwas auszubessern, und jetzt malte er, ohne nachzudenken, ein paar braune Kleckse auf die Straße; vorher hatte er das Braun mit Schwarz gemischt, damit es dunkler war als die trockenen Blätter, die auf der Straße lagen. Er trat einen Schritt zurück, betrachtete sein Werk und nickte. Es war nur eine kleine Änderung, aber auf ihre Art war sie perfekt.
    Als er am nächsten Tag auf seinem Dreigang-Bonanzarad durch den Wald radelte (bis nach Herkimer waren es keine sechzig Meilen mehr und bis zur kanadischen Grenze nur noch achtzig), kam er um eine Kurve, und mitten auf der Straße stand ein ziemlich großer Hirsch und sah ihn aus dunklen Samtaugen an. Die weiße Fahne seines Schweifes zuckte durch die Luft, er ließ einen Kothaufen fallen, und schon war er im Wald verschwunden. Sifkitz sah nur den Schweif noch einmal schlagen und dann nichts mehr. Er machte einen großen Bogen um den Haufen – das Zeug bekäme er nie wieder aus dem Reifenprofil heraus – und fuhr weiter.
    An jenem Abend schaltete er den Wecker aus und näherte sich dem Bild an der Wand. Mit einem Taschentuch, das er aus der Gesäßtasche seiner Jeans zog, wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Die Hände in die Hüften gestemmt, betrachtete er die Projektion mit kritischem Blick. Dann übermalte er den Kothaufen und ersetzte ihn durch ein paar Bierdosen.Wer die dort wohl hingeworfen hatte? Bestimmt ein Jäger aus der New Yorker Provinz, der auf Fasanen oder Truthahn aus war. Der Pinsel bewegte sich selbstsicher und schnell – schließlich verdiente Sifkitz mit dergleichen seit zwanzig Jahren sein Geld.
    »Die hast du übersehen, Berkowitz«, sagte er an jenem Abend. Statt des üblichen Gemüsesafts trank er ein Bier. »Ich werde sie morgen aufheben, aber dass mir das nicht wieder vorkommt.«
    Als er am nächsten Tag in den Keller ging, musste er die Bierdosen jedoch nicht übermalen – sie waren bereits weg. Einen Moment lang versetzte ihm die Angst einen Stich in den Bauch wie durch einen stumpfen Stock. War er unter die Schlafwandler gegangen? War er mitten in der Nacht hier herunterspaziert, um sich Terpentin und Pinsel zu schnappen? Aber dann machte er sich weiter keine Gedanken mehr darüber. Er stieg auf den Hometrainer, und alsbald radelte er auf seinem getreuen Bonanza einher, schnupperte die saubere Waldluft und spürte voller Behagen, wie ihm der Wind die Haare aus der Stirn blies. Und doch, war das nicht der Tag, an dem alles anders wurde? Der Tag, an dem er spürte, dass er auf der Straße nach Herkimer vielleicht nicht allein war? Eine Sache stand außer Zweifel: An dem Tag, nachdem die Bierdosen verschwunden waren, hatte er diesen wirklich schlimmen Traum, und an dem Tag malte er auch das

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