Sunshine Ranch 04 - Myriams letzte Chance
stellte ihr ein Bein, sodass sie stolperte. Im Stürzen hielt sie sich allerdings an Myriam fest und brachte sie ebenfalls zu Fall.
Merle landete auf dem Schotterweg, Myriam fiel auf sie.
„O verdammt!“, schrie Merle. „Du blöde …“ Weiter kam sie nicht. Sie rang nach Atem und begann gleichzeitig zu husten und zu niesen.
„Das ist …. chchch! Tschitschi … einfach … tschitschi … verdammt … chchchch!“
„Was?“, fragte Tori verständnislos. „Ich verstehe kein Wort.“
„O Mann …. tschitschi … ich bin …“ Merle schnappte röchelnd nach Luft. Ob sie eine Überdosis Drogen genommen hatte? Was, wenn sie hier mitten in der Nacht kollabierte? Kein Krankenwagen der Welt käme durch die engen Wege der Schrebergartenanlage.
„Beruhige dich, Merle“, sagte Myriam. Sie streckte ihre Hand aus, aber jetzt geriet Merle vollends außer sich.
„Geh weg! Geh doch … chchch … weg!“, kreischte Merle.
„Was ist los mit dir?“, fragte Tori. „Rastest du immer so aus, wenn dich einer anfasst? Dein armer Freund.“
„Red nicht so einen Müll!“, keuchte Merle. Sie taumelte ein paar Schritte zurück und lehnte sich an einen Maschendrahtzaun am Wegrand. „Das ist meine Allergie, das ist alles.“
„Deine Allergie?“, fragte Viktor. „Worauf reagierst du denn?“
Merle nieste. „Auf Pferdehaare. Ich hasse diese verdammten Biester.“
„Ach“, meinte Tori. „Hast du Charlie deshalb entführt? Weil es dir immer so schlecht geht, wenn du mit einem Pferd in Berührung kommst?“
„Bitte was?“, fragte Merle verständnislos. „Wen soll ich entführt haben?“
„Denk doch mal nach, Tori!“, meinte Viktor. „Merle kann Charlie nicht geklaut haben. Wahrscheinlich erstickt sie auf der Stelle, wenn sie einen Pferdestall betritt.“
„Wovon redet ihr eigentlich?“, fragte Merle, die sich inzwischen einigermaßen erholt hatte.
„Vielleicht war sie es nicht selbst, sondern einer ihrer dusseligen Emofreunde“, überlegte Tori.
„Was?“, schrie Merle. „Was soll ich getan haben, kannst du das bitte schön mal erklären?“
„Sonntagnacht wurde ein Pferd gestohlen“, sagte Viktor. „Aus dem Stall der Sunshine Ranch.“
„Und wie kommt ihr darauf, dass ich oder meine Freunde was damit zu tun haben?“
„Na ja. Ihr wart Freitag in der Nähe“, sagte Tori bedeutungsvoll.
„Und? Ihr doch auch. Ich hab euren Gaul ganz bestimmt nicht geklaut. Ich hasse Pferde. Und mein Freund kann’s auch nicht gewesen sein. Der hat sogar ein sehr gutes Alibi.“
„Hat er das?“, fragte Tori spöttisch. „Und welches?“
„Der saß auf der Polizeiwache fest. Dominik ist Sonntagabend mit seinem Motorrad in eine Alkoholkontrolle geraten. Leider war er ziemlich breit. Die Bullen haben ihn einkassiert. Er hat die Nacht in einer Zelle verbracht. Könnt ihr gerne überprüfen, wenn ihr mir nicht glaubt.“
„Und was ist mit dem Typ, mit dem du dich gestern Nacht getroffen hast?“, wollte Myriam wissen. „Am S-Bahnhof West? Ich hab euch nämlich beobachtet.“
„Falls du es vergessen hast – der Kerl hat dir das Päckchen gegeben, das wir gerade in der Regenrinne gefunden haben“, erinnerte Tori sie.
„Das war Harry“, sagte Merle.
„Und was hat er dir gegeben?“, fragte Viktor. „Drogen? Geld? Oder was?“
Merle schnaubte verächtlich. „Ihr seid wirklich zu bescheuert. Mann, wir sind Emos, keine Kriminellen. Wir trinken vielleicht manchmal ein Bier, aber mit Drogen haben wir nichts zu tun.“
„Komm, du hast selbst in der Schule erzählt, dass du dir immer Pillen einwirfst, um gut drauf zu sein.“
„So was erzähl ich nur, um Spießer wie euch zu schockieren“, meinte Merle kalt. „In dem Päckchen sind keine Drogen.“
„Sondern?“
Anstatt zu antworten, riss Merle das Packpapier auf. Dann hielt sie einen Gegenstand hoch.
Tori leuchtete mit der Taschenlampe darauf. „Eine Kette mit einem Totenkopfanhänger.“
„Hä?“, fragte Viktor. „Was soll das denn?“
„Die ist für Dominik“, sagte Merle. „Wir haben zusammengelegt und Heiko hat sie gestern besorgt. Ich wollte sie ihm morgen vorbeibringen.“
„Ach wie süß“, meinte Tori. „Gibt es einen besonderen Anlass für das zauberhafte Präsent? Hat dein Schatz Geburtstag?“
„Er muss seinen Führerschein für ein Jahr abgeben!“, zischte Merle. „Wir wollen ihn eben wieder aufbauen. Sonst noch Fragen? Ich hab langsam keinen Bock mehr, mich von euch löchern zu lassen.“
„Eine Frage hätte
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