Sunshine Ranch 04 - Myriams letzte Chance
gehört. „Nee, kann ich mir nicht vorstellen. Ihre Eltern haben ein Gestüt, da steht auch Candy, ihr Pferd.“
„Aber vor ein paar Monaten ist sie doch noch auf Kingsize geritten.“
„Das stimmt. Aber nur, weil ich sie dazu überredet habe. Ich wollte, dass wir mehr gemeinsam unternehmen. Dann hat die Ranch jedoch dichtgemacht und sie hat Candy wieder zurück zu ihren Eltern gebracht.“
Das passte ja perfekt! Die Ranch von Ellas Eltern war das ideale Versteck für ein entführtes Pferd. Myriams Gedanken ratterten. Bestimmt hatte Ella Charlie dorthin gebracht. Ihren Eltern hatte sie irgendeine Lügengeschichte erzählt, warum sie Charlie für einige Zeit aufnehmen musste. Eine Freundin, die im Urlaub war oder sich das Bein gebrochen hatte.
„Worüber denkst du nach?“, erkundigte sich Tom.
„Über nichts Bestimmtes“, wich sie verlegen aus. „Wie lange seid ihr eigentlich schon zusammen?“, fragte sie dann.
Tom schwieg.
Ob er ihre Frage nicht gehört hatte?
„Tom?“
„Wir sind gar nicht mehr zusammen“, sagte er verdrossen.
Myriam fiel vor Überraschung fast vom Pferd.
„Wie bitte? Ihr habt euch getrennt?“ Ihr war plötzlich eiskalt. Also doch. Tom hatte Ella verlassen. Weil er mit April zusammen sein wollte.
„Na ja.“ Er kaute auf seiner Unterlippe, ohne Myriam dabei anzusehen. „Lass uns von etwas anderem reden, okay?“
„Klar.“ Obwohl es nichts gab, was sie auch nur annähernd so interessiert hätte wie Toms Liebesleben.
„Noch mal zu dieser Geschichte mit Charlie“, sagte Tom. „Was habt ihr denn bisher rausgekriegt?“
„Nicht viel.“ Sie erzählte ihm von Merle und dem Päckchen, das sie im Schrebergarten gefunden hatten.
„Das ist ja ein richtiger Krimi“, meinte Tom beeindruckt.
„Aber weitergebracht hat uns das auch nicht“, sagte Myriam. „Außer dass wir jetzt wissen, dass Merle echt arm dran ist. Stell dir das mal vor: Dein eigener Vater beklaut dich, um Geld für seine Sucht zu haben. Schrecklich!“
„Das ist wirklich der Hammer“, stimmte Tom ihr zu. „Kein Wunder, dass Merle so abgedreht ist.“
„Hoffentlich fängt sie vor lauter Frust nicht selbst an zu saufen.“ Myriam dachte an das Bier, das Merle Montagnacht auf der Parkbank getrunken hatte, und schauderte. „Mein Vater nervt mich auch manchmal mit seinem Ehrgeiz, aber das ist kein Vergleich zu dem, was Merle mitmacht.“
„Dein Vater nervt dich mit seinem Ehrgeiz?“, fragte Tom verwundert. „Ist er etwa noch ehrgeiziger als du?“
Ich bin doch gar nicht so ehrgeizig, wollte Myriam gerade erwidern, aber im letzten Moment schluckte sie die Antwort hinunter. Tom kannte sie nur von ihrer Zeit auf der Kingsize Ranch, als sie wie eine Verbissene für dieses bescheuerte Turnier trainiert hatte.
„Was ist?“, fragte Tom, als sie nichts sagte. „Hab ich dich beleidigt oder was?“
„Nee. Es ist nur … ich hab mich verändert in letzter Zeit. Auch wenn es vielleicht nicht so offensichtlich ist.“
Jetzt war es Tom, der schwieg. Vielleicht fand er ihre Antwort bescheuert. Vielleicht überlegte er krampfhaft, wie er am schnellsten wieder zur Ranch zurückkommen konnte, um April zu treffen. Myriam wollte gerade vorschlagen, dass sie umdrehen sollten, als er nachdenklich den Kopf schüttelte.
„Ich find das alles total irre.“
„Was?“
„Dass ich jetzt mit dir durch den Wald reite. Und vor ein paar Wochen fand ich dich so …“
„… blöd?“, schlug Myriam vor.
„Nee, Quatsch! Also, ich fand dich schon irgendwie verrückt, aber auch cool. Ich hab dir oft beim Training zugesehen, hast du das nicht bemerkt?“
„Du hast mir zugesehen? Echt?“ Nein, davon hatte sie nicht das Mindeste mitbekommen. Sie war vollkommen auf das Turnier fixiert gewesen.
„Ich fand es gut, dass du dich von niemandem hast beirren lassen. Du hast einfach dein Ding durchgezogen.“
„Das war ja das Schlimme. Ich war besessen damals. Hab nicht mehr nach links und rechts gesehen und nur noch trainiert. Verrückt, wirklich. Aber das ist jetzt vorbei. Ich hab mir geschworen, nie wieder ein Turnier zu reiten.“
„Siehst du? Du machst es schon wieder!“
„Was?“
„Du triffst eine Entscheidung und dann ziehst du die Sache durch. Egal, was die anderen dazu sagen. Das gefällt mir.“ Er grinste. „Ella war damals eifersüchtig auf dich, weißt du das?“
„Auf mich?“, fragte Myriam entgeistert. „Das ist doch Blödsinn!“
Eine Sekunde lang freute sie sich darüber, dass sie Ella
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