Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst
anderer Meinung sind als Sie;
sich ernsthaft auf das Aushandeln von Lösungen einlassen können und Ihnen dies immer besser gelingt;
» Kompromiss « zunehmend für ein positiv besetztes Wort halten;
in einem Zustand entspannter Aufmerksamkeit locker bleiben können;
die Dinge auf eine andere Weise betrachten als zuvor und sich darüber freuen.
HELD NR. 2: EIN NEUGEBORENES
DIE INTEGRATIONSWELTMEISTER
Unser nächster Held ist weder eine Berühmtheit noch ein Genie, ja nicht einmal mit herausragenden Begabungen gesegnet: ein Neugeborenes. Babys sind die Verkörperung von Gesundheit und Wohlbefinden. Jede Zelle ihres Körpers sprüht regelrecht vor Lebendigkeit. Sie sehen die Welt als einen Ort nicht enden wollender Entdeckungen. Jeder Tag, wenn nicht gar jeder Augenblick, kommt für sie einer neuen Welt gleich. Ihr Zustand starken Wohlbefindens beruht nicht darauf, dass sie gut gelaunt geboren werden. Vielmehr befindet sich ihr Gehirn fortwährend im Umbruch, prägt sich mit jeder weitergehenden Entfaltung der Welt neu aus.
Das Heute ist eine neue Welt für Sie, egal ob Sie ein Baby sind oder nicht– sofern sie sich über Ihre gestrige Erfahrung hinausgehend entfaltet.
Babys haben nicht » dichtgemacht « , sich nicht abgekapselt und sie stecken auch nicht in alten, längst überflüssig gewordenen Konditionierungen fest. Was immer das Kleinkindgehirn gestern in sich aufgenommen hat, bleibt an Ort und Stelle. Und zugleich tun sich neue Horizonte auf: gehen, sprechen, zu anderen in Beziehung treten, fühlen lernen. Beim Gedanken an die Unschuld der Kindheit erfasst uns, wenn wir erwachsen werden, Wehmut. Wir verspüren einen Verlust. Doch was von dem, worüber Babys in Hülle und Fülle verfügen, ist uns denn eigentlich abhandengekommen?
Der Schlüssel dazu heißt Integration.
Wie kein anderes Lebewesen nimmt der Mensch alle möglichen Informationen in sich auf und integriert sie. Wir fügen sie, mit anderen Worten, zu einem Gesamtbild zusammen. Just in diesem Augenblick sichten Sie Milliarden einzelner Ausgangsinformationen, um aus ihnen eine in sich stimmige Welt zu formen. Der amerikanische Psychiater Daniel Siegel schlägt vor, im Sinn eines Fachbegriffs das von ihm in diesem Kontext als Akronym eingeführte englische Wort für » sichten « oder » durchsieben « zu verwenden– sift. Es steht für:
s– Empfindung ( s ensation)
i– visuelle Vorstellung ( i mage)
f– Gefühl ( f eeling)
t– Gedanke ( t hought)
Nichts ist für uns real, was wir nicht über einen dieser Kanäle aufnehmen: Entweder spüren Sie es als Empfindung (zum Beispiel Schmerz oder Lust), stellen es sich visuell vor, fühlen es emotional oder denken darüber nach.
Dieser von Daniel Siegel mit dem Wort sift bezeichnete Prozess läuft unablässig ab. Dennoch gibt er uns große Rätsel auf. Stellen Sie sich möglichst anschaulich einen Sonnenaufgang vor. Den erblicken Sie nun vor Ihrem inneren Auge. Anders als es beim Anblick eines realen Sonnenaufgangs der Fall wäre, trifft nicht ein einziges Lichtquant, kein Photon auf Ihre Netzhaut. Und im Bereich Ihrer Sehrinde (dem visuellen Kortex) ist es zappenduster– dort herrscht die gleiche von keinem Lichtstrahl durchdrungene Finsternis wie im übrigen Gehirn. Elektrische Spannungen in der Größenordnung von Mikrovolt, die Ionen entlang Ihrer Neuronen hin und her pumpen, lassen nichtsdestoweniger wie von Zauberhand ein Bild voll strahlenden Lichts entstehen, ganz zu schweigen von der Schönheit dieses Anblicks und einem wahren Feuerwerk von Assoziationen zu jedem Sonnenaufgang, den Sie je gesehen haben. (Wie das Gehirn mit physischen Mitteln eine Korrelation zwischen diesem Bild und Ihrer Vorstellung herstellt, ist eines der ganz großen Rätsel in der Beziehung zwischen Geist und Gehirn.)
Die integrative Verbindung einzelner Ausgangsinformationen zu– die Wirklichkeit repräsentierenden– Vorstellungen oder Abbildern reicht bis auf die zelluläre Ebene hinab. Denn alles, was das Gehirn tut, wird überallhin in den Körper kommuniziert. Wenn Sie sich niedergeschlagen fühlen, wenn Sie einen glänzenden Einfall haben oder wenn Sie glauben, Ihnen drohe Gefahr, stellen sich Ihre Zellen darauf ein. Technisch betrachtet ist hier eine Rückkopplungsschleife am Werk, die Geist, Körper und die Außenwelt in einen Gesamtprozess einbindet. Ankommende Informationen stimulieren das Nervensystem. Eine Reaktion kommt zustande. Der Bericht über diese Reaktion wird an jede Zelle gesendet.
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