Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst
kann jede der oben aufgeführten Reaktionen hervorrufen, ebenso ein verhängnisvolles Vorkommnis in der Familie wie etwa ein Todesfall. Legen hingegen Erwachsene derartige Reaktionen an den Tag, ist dies ein Zeichen dafür, dass bei ihnen die Vergangenheit die Gegenwart untergräbt.
Die Gewohnheit, deprimiert zu sein: Sobald Sie deprimiert reagieren, wird diese Reaktion bei nächster Gelegenheit, wenn Sie erneut mit einem aus der Außenwelt kommenden Stress konfrontiert werden, dementsprechend verstärkt. Hat Ihr erster Freund beziehungsweise Ihre erste Freundin Ihnen den Laufpass gegeben? Dann ist die Befürchtung, Ihr zweiter Freund oder Ihre zweite Freundin werde es ebenso machen, nur natürlich. Manche Menschen wissen mit solch einer Angst umzugehen. Bei anderen nimmt sie unverhältnismäßig großen Raum ein. Anstatt das Wagnis einzugehen, sich einen zweiten Freund zu suchen, der liebevoller und loyaler ist, wenden sie ihre Angst und Schuldgefühle nach innen. So legen sie– innerlich bedingt– weiter deprimierte Reaktionen an den Tag, die nach einer Weile zur Gewohnheit werden.
Die Vergangenheit revidieren
Wird die Depression einem Menschen erst zur Gewohnheit– unter Umständen geschieht das viele Jahre, bevor die betreffende Person erkennt, wie betrübt und hoffnungslos sie ist–, braucht es keinen äußeren Auslöser mehr. Deprimierte Menschen sind darüber deprimiert, dass sie deprimiert sind. Über alles legt sich ein grauer Schleier. Optimismus bleibt auf der Strecke. An diesem verheerenden Zustand lässt sich ablesen, dass das Gehirn inzwischen fest vorgegebene Bahnen ausgeformt hat. Zu den dafür mitverantwortlichen Faktoren zählen möglicherweise– oder wahrscheinlich– genetische Einflüsse und biochemische Botenstoffe (Neurotransmitter). Das gesamte System, das bei diesem Menschen für die Herstellung der persönlichen Realität zuständig ist, hat daran Anteil.
Die verinnerlichte deprimierte Reaktion ist vergleichbar mit glühend heißen Kohlen: Wird das Feuer auch nur durch die leiseste Bewegung geschürt, steht augenblicklich alles wieder lichterloh in Flammen. So bleibt der oder dem davon Betroffenen bereits bei einem eher harmlosen Vorfall, einer Reifenpanne zum Beispiel oder einem geplatzten Scheck, kein Spielraum mehr für die eigene Entscheidung: » Wird mir diese Angelegenheit Kopfzerbrechen bereiten oder nicht? « Die depressive Reaktion ist schon fest vorprogrammiert. Selbst gute Neuigkeiten können deprimierte Menschen betrüblich finden. Sie rechnen jederzeit mit der nächsten Hiobsbotschaft, denn sie sitzen in der Falle– in der Falle der Gewohnheit namens Depression.
Die Unausgeglichenheit des Gehirns lässt sich offenbar auf eine bestimmte Art von Geistesaktivität zurückführen. Computertomografie-Aufnahmen verweisen auf einen solchen Zusammenhang. Denn dort zeigt sich, dass dieselben Hirnareale, die aufgrund des positiven Antidepressiva-Effekts aktiv sind, dies auch dann sind, wenn die betreffende Person eine Therapie beginnt und so die Depression erfolgreich zur Sprache bringen kann. Sprechen ist eine Form von Verhalten.
Wenn Verhalten einen aus der Depression herausbefördern kann, ist es nur vernünftig, davon auszugehen, dass Verhalten einen auch in die Depression hineinführen kann. (Jene Art von Depression, die physische– oder, wie die Mediziner sagen, organische– Ursachen hat, lassen wir im Moment beiseite. Sie kann bei zahlreichen Erkrankungen und bei Altersdemenz eintreten, aber auch bei schlechter Ernährung und bei starker Belastung durch Umweltgifte. Hat man die krank machende physische Ursache beseitigt, verschwindet normalerweise auch die Depression ganz von allein.) Da solch eine Erklärung Sinn zu machen scheint, bleiben zwei entscheidende Fragen: Wie können wir vermeiden, in die depressive Reaktion zu verfallen? Und wie können wir die Depression, wenn sie denn einsetzt, rückgängig machen? Als Ausgangspunkt für eine Klärung dieser Fragen– wie können wir einer Depression vorbeugen und wie eine Besserung herbeiführen– können uns die drei bereits angesprochenen Kategorien dienen.
Äußere Ereignisse: Aussagen wie: » Hast du gestern die Abendnachrichten gesehen? Der Zustand der Welt deprimiert mich! « Oder: » Nach dem 11. September war ich lange Zeit deprimiert. « Äußere Geschehnisse können uns deprimieren, gewiss. Tatsächlich fallen sie unter den depressionsauslösenden Faktoren jedoch am wenigsten ins Gewicht. Den Job zu
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