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Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst

Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst

Titel: Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nymphenburger Verlag
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verquickt. Die Kampf-oder-Flucht-Reaktion bei Reptilien setzt ein Gehirn mit fest vorgegebenen Vernetzungen für die entsprechenden Reaktionen voraus. Und wir haben uns im Rahmen der Menschheitsentwicklung dieser Vernetzungen weder entledigt noch sie verkümmern lassen (etwa in der Weise, wie die Schwanzwirbel der frühen Säugetiere bei uns Menschen in Form des Steißbeins am Ende der Wirbelsäule rudimentär erhalten geblieben sind).
    Vielmehr hat das menschliche Gehirn den alten Schichten neue Schichten hinzugefügt. (Im Fall der Großhirnrinde, der äußersten beziehungsweise obersten Schicht des Gehirns, ähneln die Schichten buchstäblich der Rinde eines Baumes.) Durch diese Art der Schichtenbildung kann das zuvor bereits Vorhandene weiter integriert und muss nicht beseitigt werden. Während die bisher gesammelten schmerzlichen und unbehaglichen Erinnerungen der Angst als Triebkraft dienen, werden die bisherigen Erinnerungen an Freude und Vergnügen zur Triebkraft für das Begehren. Die Evolution schiebt und zieht uns gleichzeitig. Unmöglich zu sagen, wo das Verlangen nach Freude aufhört und das Vermeiden von Schmerz und Leid einsetzt. Shakespeare mag sich seiner Lust geschämt haben, jedenfalls hat er aber nicht darum gebeten, sie möge von ihm genommen werden. Die auf Angst und Verlangen basierenden Emotionen arbeiten Hand in Hand. Zum Beispiel geht die Angst davor, von der gesellschaftlichen Gruppe, der man angehört, abgelehnt zu werden, praktisch nahtlos über in das Verlangen nach Macht und Sex. Beides trägt zum Erhalt des Individuums und zugleich zur Arterhaltung bei.
    Nach unserem Empfinden haben Emotionen die gleiche Dringlichkeit wie die instinktiven Regungen, dennoch entwickelt sich hier etwas Neues. Sigmund Freud hat die instinktiven Triebe als Es bezeichnet, weil sie ihm zu primitiv waren, um sie im eigentlichen Sinn zu benennen. Im Unterschied dazu tragen Emotionen Bezeichnungen wie Neid, Eifersucht oder Stolz. Wenn ein Dichter erklärt, seine Liebe gleiche einer roten Rose, [11] zeigt das, wie faszinierend es für uns ist, die Emotionen zu benennen und eine ganze Welt um sie herum aufzubauen. Emotionen beinhalten also einen Schritt in Richtung Gewahrsein.
    Dem Konflikt zwischen Instinkten und Emotionen können wir entnehmen, dass der Mensch sich – unter großem Schmerz und großer Verwirrung – weiterentwickelt hat. Seien Sie achtsam mit Ihrer Angst und Ihrem Verlangen, denn genau wie beim Stammhirn ist hier nirgends eine Steuerungsfunktion integriert. Das komplizierte limbische System ist das Zentrum unserer Emotionen, aber auch für Dinge zuständig, die auf eine noch weitgehend ungeklärte Art und Weise miteinander zusammenhängen, wie das Langzeitgedächtnis und der Geruchssinn. Den Duft eines Parfums oder den Geruch von Schokoplätzchen wahrzunehmen reicht aus, um in uns eine wahre Flut von Erinnerungen an längst vergangene Dinge wieder zutage treten zu lassen (bei Marcel Proust geschah es, als er eine Madeleine in seinen Tee tauchte), weil das limbische System Geruch, Erinnerung und Emotion zusammenführt. Es hat sich als zweites Element des Gehirns entwickelt, nach dem Stammhirn zwar, doch immer noch zu einem frühen Zeitpunkt. Sämtliche Vierbeiner, einschließlich der stammesgeschichtlich ältesten Amphibien, verfügen offenbar über ein entwickeltes limbisches System. Dessen ungeachtet ist die Emotion, anders als der Geruch, möglicherweise eine jüngere Entwicklung innerhalb des limbischen Systems. Oder vielleicht konnten Emotionen erst von dem Moment an existieren, als die Sprache sie mit Bezeichnungen versehen hat.
    Unsere Neigung, auf unser » unteres Gehirn«, das Stammhirn herabzublicken, weil es primitiv sei, ist fehl am Platz. Es kann Ärger mit einer Sicherheit » riechen « oder » wittern « , die höhere Gehirnareale vor Neid erblassen lassen. Das Stammhirn kennt keine Zweifel oder Hintergedanken. Was es weiß, das kann es sich nicht ausreden. Niemand spricht zwar dem Sexualtrieb Klugheit zu. Aber unsere vom Instinkt geleiteten Emotionen sind definitiv klug. Sie stehen für die Art von Gewahrsein, die uns dazu verhilft, glücklich zu sein.
    Vor vielen Jahren, das englische Wort für » Fachidiot « [12] kannte man damals noch nicht, wollten immer mehr Universitäten talentierte junge Männer für sich gewinnen, die ganz versessen darauf waren, Computerprogramme zu entwickeln. Die Jungs schlugen sich also die Nächte damit um die Ohren, diese Programme zu schreiben,

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