Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst
Entstehung der Großhirnrinde geführt hat.
Abb. 3: Das limbische System
Unter dem zerebralen Kortex (der Großhirnrinde) steckt das limbische System (dunkler eingefärbt). Es beherbergt unsere Emotionen, mit Essen und Sex einhergehende Lustgefühle und das Kurzzeitgedächtnis. Hier gibt es außerdem zwei voneinander abgesetzte Bereiche, den Thalamus und den Hypothalamus, ferner die Amygdala und den Hippocampus, die das Kurzzeitgedächtnis steuern.
Abhängig von der emotionalen Reaktion, die durch eine Erfahrung hervorgerufen wird, entscheidet die Amygdala darüber, welche Erinnerungen gespeichert werden. Der Hippocampus ist für Kurzzeiterinnerungen zuständig. Für eine langfristige Speicherung leitet er diese an die entsprechenden Teile der Großhirnrinde weiter. Der Bereich des Hippocampus ist von der Alzheimer-Krankheit besonders betroffen. Das limbische System steht in enger Verbindung mit dem Riechkolben, der die Geruchseindrücke verarbeitet. Darum kann es sein, dass ein bestimmter Geruch bei uns so intensive Erinnerungen hervorruft.
Damit werden wir uns in einem eigenen Kapitel befassen. Schauen wir uns zunächst einmal weiter die älteren, für instinktive Reaktionen und für Emotionen zuständigen Teile des Gehirns an. Angesichts der Komplexität, mit der sie auf die Welt reagieren, verdienen sie wirklich Respekt. In einer Situation, in der Sie feststellen würden, dass ein Tiger hinter Ihnen her ist, kämen augenblicklich die instinktiven Hirnfunktionen zum Zug, um spezifische neurochemische Substanzen freizusetzen, die Ihre Chancen, solch eine Verfolgungsjagd zu überleben, optimieren würden.
Diesen neurochemischen Cocktail, der vorwiegend aus Adrenalin besteht, in vollendeter Weise auszutüfteln hat Jahrmillionen in Anspruch genommen. Adrenalin setzt im Gehirn eine Abfolge von chemischen Prozessen in Gang. An bestimmten Synapsen löst es eine elektrochemische Aktivität aus, die für Sie gleichbedeutend ist mit der unmissverständlichen Aufforderung, schleunigst das Weite zu suchen. Zugleich optimiert sie die Herzfrequenz und die Atmung so, dass Sie zu einer körperlichen Höchstleistung befähigt werden. Außerdem wird sie Ihnen auch ein Höchstmaß an Konzentration ermöglichen, damit Sie die Verfolgungsjagd irgendwie durchstehen und den Tiger überlisten können. Sogar zu einem Lustgefühl wird sie Ihnen verhelfen, während Empfindungen von Hunger und Durst, die Sie unter Umständen vorher verspürt haben– ebenso wie gegebenenfalls auch der Drang, einem anderen dringenden Bedürfnis nachzugehen–, in den Hintergrund treten.
Potenzielle Ablenkungen dieser Art verschwinden augenblicklich von der Bildfläche, damit sich Ihre physische und geistige Aktivität voll und ganz darauf ausrichten kann, dem Tiger zu entkommen und die Verfolgungsjagd zu überleben. Wenn Ihnen zum Beispiel in der Zeit, als Sie noch zur Schule gingen, jemand das Essensgeld abzuknöpfen versucht hat, haben Sie sich, ohne nachzudenken, dagegen zur Wehr gesetzt. Oder wenn der Raufbold viel größer war als Sie, dann haben Sie, ebenfalls ohne darüber nachzudenken, stattdessen Fersengeld gegeben.
Die Evolution hat, um unser Überleben zu gewährleisten, die Kooperation der beiden Bündnispartner in Gestalt des Stammhirns und des limbischen Systems zunehmend verfeinert. Wer die Allianz der beiden übermäßig stark in Anspruch nimmt, für den kann sie allerdings zum schlimmsten Feind werden. Denn beide Funktionen des Gehirns, die vom Instinkt gesteuerten wie auch die emotionalen, sind » reaktiv « . Ohne den Geist mit einzuschalten, versetzen sie uns in einen Erregungszustand. Jeder starke äußere Reiz – der Knall einer Schusswaffe, das plötzliche Bremsmanöver des vor Ihnen fahrenden Autos, der Blick eines schönen Mädchens oder eines flirtenden Mannes – löst automatisch eine Reaktion aus, die das Bündnis von Instinkt und Emotion aktiviert.
Rudy kommt in dem Zusammenhang eine Kindheitserfahrung mit Schulhofraufereien in den Sinn. (Diese kleine Geschichte schlägt zugleich einen interessanten Bogen zum nächsten Themenkomplex, mit dem wir uns befassen werden, den höheren Gehirnfunktionen.) Als Grundschüler war er
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